Slowenien ist eine Reise wert, eigentlich auch eine längere. Schade, dass mir oft die Zeit fehlt, tiefer in ein Land einzutauchen. Ljubljana ist toll. Unsere Unterkunft nahe des abgeranzten Bahnhofs war originell, der Zugang und der äußere Zustand des Gebäudes waren ebenso abgefuckt, während innen alles tip top war. Gleich daneben liegt ein der Arena nicht unähnliches Viertel voller Graffiti, wo allerdings nicht viel los war. Im Gegensatz zum Zentrum, wo auch an einem Montag sehr viel Leben war - in unzähligen netten Lokalen an der Promenade der Save, bevölkert von einem angenehmen Mix aus Tourist:innen und Einheimischen, überwiegend jungen, Leuten. In Ljubljana paart sich ein hübsches Stadtbild mit einem lebendigen, nicht zu stark vom Tourismus geprägten, Lebensgefühl zu einem wunderbaren Ensemble, von dem wir sehr angetan waren und in dem wir uns sehr wohl fühlten. Der Vorteil dahingehend ist, dass Ljubljana im Vergleich zu anderen europäischen Hauptstädten nicht ganz so einfach zu erreichen ist, da die Flugverbindungen rudimentär sind und die Bahnverbindungen ebenso und obendrein auch noch ziemlich langsam. Man muss sich also schon etwas mehr "bemühen", hierher zu kommen, als einfach direkt aus dem Flugzeug zu steigen. Belohnt wird man mit dem total netten und symphatischen Ambiente, wo wir zudem noch ausgezeichnet Abend aßen.
Rundum zufrieden bin ich also nun auf der Heimfahrt. Es hätte auch noch länger sein können, aber ja, man muss nehmen, was man kriegt. Und das heißt für morgen Früh eben bereits wieder - ab in die Arbeit.....so ist es eben - wer Geld ausgeben will, muss es in den meisten Fällen eben auch verdienen ;-)
Bei mir steht nun die Hochzeit meiner guten Freunde Harry und Martin an, und für die nähere Zukunft habe ich bis Ende November mal keine weiteren Trips geplant. Manchmal braucht man auch Zeit zum Entschleunigen. Ob es also bis zu meiner einwöchigen Tour in den Oman noch eine Reise gibt, wird sich spontan und eher kurzfristig entscheiden. Ihr werdet es ja erfahren ;-)
Hier nun ein paar Infos für einen Slowenien Trip...
*Land und Leute
Slowenien ist ein selbst für europäische Verhältnisse sehr kleines Land. Mit gut 20.000 Quadratkilometern hat es nicht einmal ein Viertel der Fläche Österreichs, und mit 2 Millionen Einwohner:innen ist es auch bevölkerungsmäßig kein Schwergewicht. Auf dieser kleinen Fläche ist das Land aber erstaunlich abwechslungsreich. Hauptstadt ist Ljubljana, das mit knapp 300.000 Einwohner:innen in etwa so groß ist wie Graz.
Slowenien war Teil des früheren Jugoslawien, ist seit 1991 unabhängig. Seither ist es ein modernes europäisches Land geworden, das Pro Kopf Einkommen liegt kaum noch unter jenem Italiens. Das Land registriert sogar im Gegensatz zu den früheren jugoslawischen Bruderrepubliken einen leichten Bevölkerungszuwachs. Das Land ist EU-Mitglied seit 2004 und auch in der NATO.
Hauptreligion ist formell die römisch-katholische Kirche, insgesamt wird Religion aber nicht besonders stark praktiziert. Die Mehrheit der Bewohner:innen sind Slowen:innen, Minderheiten gibt es aus den ex-jugoslawischen Teilrepubliken sowie kleine Deutsch, Italienisch und Ungarisch sprechende Gruppierungen.
* Herumkommen und Verkehr
Slowenien verfügt nur über einen nennenswerten Flughafen, nämlich jenen von Ljubljana (LJU), der nördlich der Hauptstadt liegt. Von den Verbindungen her gibt es nur wenige Flüge pro Tag, und der Airport ist vom Verkehrsaufkommen her in etwa mit einem größeren österreichischen Bundesländerflughafen vergleichbar. Will man also hinaus in die Welt, muss man wohl eine Umsteigeverbindung über eines der größeren Hubs wählen.
Das Eisenbahnnetz ist nicht klein, aber sehr langsam. Auch auf den Hauptstrecken zuckelt die Bahn gemächlich dahin, von High Speed Trassen ist man hier weit entfernt. Die Bahnhöfe des Landes wurden immerhin schrittweise modernisiert, der Hauptbahnhof von Ljubljana ist allerdings noch ausständig und mutet mit seinen wenigen bis kaum vorhandenen Services noch an wie aus Titos Zeiten. Immerhin liegt er recht zentral, in 10 Gehminuten ist man im Zentrum.
Überland fahren Busse der Firmen Nomago und Arrivo. Am besten kann man das Land aber wohl immer noch mit dem Auto erkunden - die Straßen sind sehr gut ausgebaut, das Autobahnnetz (Maut per Vignette) ist dicht, auch die Nebenstraßen sind in gutem Zustand. Das Verkehrsaufkommen ist allerdings durchaus hoch, was wohl auch zum Teil dem langsamen Bahnnetz zuzuschreiben ist. Trotzdem kommt man gut voran, und Autofahren in Slowenien ist vom Fahrstil her ziemlich stressfrei. Geschwindigkeitsbgrenzungen sind 130 auf der Autobahn, 90 auf der Freilandstraße und 50 innerorts. Es muss auch tagsüber mit Abblendlicht gefahren werden. Tankstellen sind zahlreich und die Benzinpreise mit jenen in Österreich vergleichbar.
Die Bergstraßen des Landes eignen sich perfekt für Ausflüge von Motorradfreaks, das wird auch speziell im Soca-Tal umfangreich in Anspruch genommen.
Fahrradwege sind außerhalb der Städte kaum wahrnehmbar, zum größten Teil wird auf den stark befahrenen Straßen gefahren, was eigentlich keinen Spaß machen kann. Ljubljana hat als Studentenstadt mit relativ vielen jungen Leuten aber ein recht hohes Radverkehrsaufkommen und auch ein ganz gut ausgebautes Radwegenetz.
* Einreise
Slowenien ist EU-und Schengen-Mitglied, somit ist das Alles problemlos, ein gültiges Reisedokument ist dennoch erforderlich. Seit auch Kroatien Schengen beigetreten ist, gehören die Grenzstaus Richtung Süden der Vergangenheit an. Richtung Österreich muss allerdings mit Staus aufgrund von Grenzkontrollen gerechnet werden, nachdem Österreich das Schengener Abkommen gegenüber dem südlichen Nachbarn wegen der rechtspopulistischen Politik der ÖVP dominierten Bundesregierung bereits seit Jahren aussetzt und die Idee eines grenzenlosen Europa damit ad absurdum führt.
* Infrastruktur und Strom
Hier gibt es keine Unterschiede zu uns, auch die Steckdosen sind dieselben. Alles ist bestens entwickelt, es gibt Supermärkte in jedem Ort (Sonntag in kleineren Orten geschlossen). Mobiles Internet ist ebenso wie WLAN jederzeit vorhanden.
* Sprache
Amtssprache in Slowenien ist....Slowenisch, eine südslawische Sprache. Mit Englisch kommt man recht gut durch, speziell bei jüngeren Leuten sind die Englischkenntnisse sehr gut. Bei älteren Personen hat man eventuell die Chance auf ein paar Brocken Deutsch.
* Sicherheit und Gesundheit
Kein Unterschied zu daheim.....normaler Hausverstand reicht.
* Geld und Preise
Slowenien verwendet den Euro. Bankomaten gibt es viele. Man kommt ziemlich gut bargeldlos durch, bei kleineren Cafés, Marktständen oder in der Bar des modernen Bahnhofs von Ljubljana ;-) schadet es allerdings nicht, ein paar Euros eingesteckt zu haben. Insgesamt ähnliche Kreditkartenakzeptanz wie bei uns - meistens ja aber doch nicht lückenlos.
Das Preisniveau ist inzwischen fast auf mitteleuropäischem Niveau angekommen, bei Essen und Trinken im Lokal liegen die Preise nur noch geringfügig unter den unsrigen, für Übernachtungen, Benzin liegen sie auf ähnlichem Niveau. Ausnahme ist definitiv das Fontana in Kanal - hier ist die Welt beim 1 Euro-Espresso und 1 Euro-Glas Hauswein noch in Ordnung :-)
* Unterkunft
Beide unsere Unterkünfte waren sehr okay, mit gutem Preis-Leistungsverhältnis. Kanal ob Soci kann ich als Basis für die Erkundung des Soca-Tals guten Gewissens empfehlen - ein ruhiger, noch wenig vom Tourismus geprägter Ort.
Soca Guesthouse. 3 Zimmer werden hier vermietet, direkt hinter der Kirche neben dem Hauptplatz des Ortes. Die Zimmer sind modern und mit Allem, was man braucht, eingerichtet. Die Abwicklung ist komplett kontaktlos - wir sahen weder beim Check In oder Check Out jemanden von den Gastgeber:innen noch beim Frühstück. Frühstück war okay, etwas basic. Zutrittssystem zu Haus und Zimmern mittels Eintrittscodes ohne Schlüssel.
https://socaguesthouse.com/
Villa Coola. Sehr originelle Unterkunft in Ljubljana in Bahnhofsnähe. Eine kleine Wohnung im Souterrain, die modern eingerichtet und von Ziegelsteinmauern geprägt ist. Abenteuerlich ist der Zugang - man wird aber entsprechend im Vorfeld "gewarnt"....das Haus von außen sieht ebenso wie das Stiegenhaus komplett verfallen aus, und auch die Umgebung ist nicht gerade ein Augenschmaus auf den ersten Blick. Davon darf man sich aber nicht abschrecken lassen, die Lage ist gut und man ist gleich beim Bahnhof und nur einen kurzen Spaziergang vom Zentrum entfernt.
https://www.booking.com/hotel/si/veranda-villa-coola.sl.html
* Küche
Wie das Land, so ist auch die Küche irgendwo zwischen alpin, mediterran und balkanisch angesiedelt. Sehr gut ist Pasta, Fisch und Meeresfrüchte bekommt man auch im Landesinneren in guter Auswahl, Slowenien verfügt über eine breite Palette an frischen Früchten, guten Wein, eigenes Bier (Lasko, Union). Auch die Dessertkultur ist hoch entwickelt und lässt keine Wünsche offen, speziell Gibanica, ein Schichtkuchen aus Mürbteig, Walnüssen, Mohn und Äpfeln, hat es mir angetan. In Ljubljana ist die Auswahl an Restaurants aller Richtungen ebenso riesig wie am Land mit zahlreichen klassischen Gaststätten (Gostilna), und Cafés mit einer umfangreichen Kuchen-und Tortenauswahl findet man ebenso wie Eissalons allerorts. Verhungern tut in Slowenien niemand!
Fontana....unser "Stammwirt" in Kanal. Direkt am Hauptplatz gelegen, ist dieses Lokal der zentrale Treffpunkt, wo der Stammtisch ebenso seinen Platz hat wie Tourist:innen, die lokale Dorfjugend hier zum Aperol ebenso zusammenkommt wie andere zum schnellen Espresso. Ein Glas Hauswein kostet hier geniale 1 EUR ebenso wie der Espresso. Das Lokal ist ein Unikum - vereint Restaurant, traditionell wie modern, Café, Bar und Espressobar von 7-23 Uhr täglich mühelos in einem Platz. Wohlfühlort mit netter Bedienung und zudem guter Küche!
https://fontanakanal.com/de
Gostilna Zvikar....in der Nähe von Bovec gelegen, schafft es das freundliche Personal auch bei hoher Gästefrequenz an einem sommerlichen Sonntag, äußerst effizient und mit Freude zu servieren. Die Küche ist solide, man darf sich keine kulinarischen Extravaganzen erwarten, aber für ein gutes Mittagessen in schönem Ambiente reicht es allemal.
https://zvikar.si/en/home/
Restaurant Sisi....auch wenn es der Name verheißen mag, steht hier keine klassische K&K Küche auf dem Programm, sondern Exquisites vor Allem aus dem Meer in eher italienischem Stil. Das butterweiche Thunfischtartare war ebenso ein Gedicht wie Tagliatelle mit Shrimps und Trüffeln oder Ravioli mit Lachs und Speck. Dazu guter Wein, sehr nette Bedienung und feines Ambiente in der Fußgängerzone von Ljubljanas Altstadt.
https://meni.poskeniraj.si/sisi/
* Klima und Landschaft
Klein aber fein. Slowenien hat auf kleiner Fläche fast Alles. Der Nordwesten, der an Kärnten und Friaul angrenzt, ist hochalpin. Die Mitte und Nordosten sind in Fortsetzung der Südsteiermark fruchtbares, von Obst-und Weinbau geprägtes Hügelland. Der Osten ist Teil der pannonischen Tiefebene, und im Süden wird es mediterran mit einem kurzen Küstenabschnitt an der Adria. Dahinter kann man auch noch das klassisch dalmatinische Karstland bewundern. Viel mehr Abwechslung auf so kleinem Raum geht kaum. Allein das macht Slowenien schon so reizvoll - man könnte hier mindestens auch 2 Wochen für einen ausgedehnten Road Trip einplanen, um alle Facetten des sympathischen Landes zu erleben. Mehr Zeit bräuchte man einfach ;-))
Das Klima ist dementsprechend facettenreich, September ist jedenfalls ein perfekter Reisemonat, wir hatten wunderschön warme Spätsommertage, im Soca Tal kühlte es in der Nacht ordentlich ab, in Ljubljana war es auch am Abend noch wunderbar gemütlich zum Draußensitzen.
* Sehenswertes
Wir haben leider nur einen kleinen Auszug erleben können in den 4 Tagen. Das ist natürlich viel zu wenig, aber doch genug, um einen kleinen Eindruck zu bekommen. Wie erwähnt, man kann sich bestimmt auch 2 Wochen Zeit nehmen ohne dass es langweilig wird.
- Soca-Tal....die Soca ist ein smaragdgrüner Gebirgsfluss, der sich seinen Weg nach Süden im Zuge des Triglav Nationalparks schlängelt. Es gibt hier Höhlen, zahlreiche Wasserfälle, Plätze zum Baden im - eiskalten - Wasser. Man kann auch wunderbar Wandern oder Motorradfahren. Der obere Teil des Tals um Bovec und Kobarid bis Tolmin sind schon sehr stark touristisch geprägt, während es im südlicheren Teil um Kanal noch beschaulicher zugeht.....die Soca ist Vielen wohl eher unter ihrem italienischen Namen Isonzo ein Begriff, fanden hier doch entscheidende und blutige Schlachten im Zuge des Ersten Weltkriegs statt.
Tolmin-Klamm. Nette Klammwanderung von rund einer Stunde auf gut erschlossenen Wegen. Eintritt 8 EUR, zudem Parkgebühr von 3 EUR pro Stunde, zumindest auf Parkplatz 2, der schnell voll wird. Tickets kann man vor Ort oder auch online kaufen.
https://www.soca-valley.com/de/sehenswurdigkeit/tolminer-klammen/
Große Soca Tröge - hier sammelt sich die Soca in türkisblauen Becken - ein wunderbarer Anblick, der auch gratis zugänglich ist. Leider an Sonntagen allerdings etwas überlaufen.
https://www.soca-valley.com/de/abenteuersuche/natur/2020122811445323/grosse-soca-troge/
Kozjak Fall - hier stürzt die Soca in einer Höhle tief im Wald in ein kleines Becken zwischen Felsen, ein sehr pittoresker Anblick. Gut zu erreichen über einen halbstündigen, gut ausgebauten und einfachen Wanderweg durch den Wald. Eintritt 5 EUR.
https://www.soca-valley.com/de/abenteuersuche/natur/2020122809482088/wasserfall-kozjak/
- Skofja Loka (Bischofslack) - kleine Stadt nördlich von Ljubljana mit einer Burg und einer kleinen Altstadt mit Steinbrücke. Ganz nett, kann man machen, muss man nicht.
- Ljubljana
Sloweniens kleine Hauptstadt ist ein lohnendes Ziel für einen Städtetrip. Sie ist in etwa so groß wie Graz, geprägt von viel studentischem Leben, sehr viele junge Menschen bevölkern die Straßen. Durch die relativ wenigen Flugverbindungen und das sehr langsame Eisenbahnnetz liegt die Stadt ein wenig abseits vom Schuss der Haupttouristenströme. Und das macht sie angenehm und autenthisch. Speziell das Leben in der Fußgängerzone und um die Save Promenade herum mit den vielen Cafés, Bars und Restaurants ist eine nette Erfahrung. Die Sehenswürdigkeiten finden sich auf engem Raum - die Drachenbrücke, die Dreibrücke, einige Kirchen, der Markt - Alles liegt fußläufig innerhalb weniger Gehminuten. Oberhalb der Stadt thront die Burg.