Kurz ein Blick zurück….auf Seiten wie www.urlaubspiraten.at gibt es regelmäßige Hinweise zu Reiseschnäppchen, auch auf die recht seltenen so genannten „Error Fares“. Das sind Fehler in den Buchungssystemen von Airlines, die plötzlich auftreten und Flüge zu absurd billigen Preisen auf den Markt werfen. Da heißt es dann schnell sein, denn meist sind diese Fehler innerhalb von spätestens einer Stunde behoben und der Sensationspreis wieder weg. So geschah es im Juni dieses Jahres. Eine Error Fare nach Mittelamerika tauchte auf, um wohlfeile 140 EUR geht es dabei von Amsterdam nach Panama und wieder retour mit einem ganz normal gebuchten Ticket. Natürlich, die Anreise von Amsterdam nach Panama sollte dabei mit Aero Mexico via Mexico City erfolgen, mit recht langer Wartezeit ebendort. Aber ich dachte mir, um den Preis kann man nicht viel falsch machen, sollte ich dann doch nicht fliegen können, wäre es auch nicht so schlimm. Dass die ganze Reise dabei Ende November bis Anfang Dezember für eine Woche stattfinden sollte, kam mir auch entgegen, da ich mich um diese kalte und dunkle Zeit erfahrungsgemäß schon dringend nach Licht und Wärme sehne. Also, gesagt, getan, nicht lange gefackelt, gebucht, Bestätigungscode bekommen…..
Nun, da ich also mein Ticket in der Tasche hatte, war ich dann doch nicht mehr so entspannt und ruhig, um mir zu denken, schauen wir mal, was kommt, nein, ich hatte in meiner mir eigenen Reiseeuphorie Blut geleckt – und schon war der Reiseführer über Panama im Haus. Und natürlich wollte ich dort jetzt auch unbedingt hin, als mein eigentliches Highlight hatte ich mir dabei eine dreitägige Tour auf die karibischen San Blas Inseln ausgemalt. Diese werden von der indigenen Volksgruppe der Kuna Yala als halbautonomes Gebiet selbst verwaltet. Die Kuna Yala wehren sich hier gegen die Errichtung von Luxusressorts und Partylocations, stattdessen gibt es auf den kleinen Inseln Strom aus dem Generator, keinen Handyempfang und kein Internet. Es gibt kleine aber gepflegte Holzhütten, die in Stelzen über dem Meer stehen, mit einem sauberen Bett, Hängematten, Sandstrände, frischen Fisch zu essen, man kann kleine Ausflüge zu diversen Inseln machen und die Lebensweise der Kuna Yala kennenlernen. Mit anderem Wort, ein wenig „Digital Detox“ betreiben, sprich, sich nicht dauernd auf das nächste WLAN oder das nächste WhatsApp stürzen sondern sich wieder mal auf seine Sinne konzentrieren, auf das Hier und Jetzt, dem Rauschen der Wellen und der Palmblätter aus der Hängematte zuhören und dabei die leuchtenden Farben des karibischen Meeres auf sich wirken lassen, ohne abgelenkt zu sein und in Echtzeit darüber berichten zu müssen. Das musste ich unbedingt machen, ich fand auch schnell einen Reiseveranstalter mit guten Kritiken. Die Touren auf die Inseln sind verhältnismäßig teuer, und individuell lassen sich die San Blas Inseln nicht bereisen, da man hier wie schon erwähnt keinen Massentourismus duldet und die Einnahmen aus den Tourpaketen (für 2 Tage/Nächte Anreise ab/nach Panama City, Unterkunft mit 3 Mahlzeiten pro Tag und allen Ausflügen für 650 USD kein Schnäppchen!) zu 100% den Kuna Yala zugute kommen. Ich hätte um 13 Uhr in Panama Stadt ankommen sollen und am nächsten Tag um 4 Uhr Früh abgeholt werden, mit einem kleinen Propeller Flugzeug in die Comarca de San Blas fliegen und dann 2 ganze Tage auf den Inseln verbringen sollen. Anschließend hätte ich noch 2 Tage in Panama City drangehängt, unter anderem, um auch den berühmten Panama Kanal einmal zu sehen. Was hatte ich mich auf diesen Trip gefreut! Aber letztlich kam Alles ganz anders……
Dass die Anreise eine riesige Strapaze werden würde, war mir ohnehin klar gewesen. Zunächst ließ sich Alles gut an, ich flog Standby nach Amsterdam, bestieg dort überpünktlich den Aero Mexico Flug nach Mexico City, wo ich dann nach 11 Stunden um 2 Uhr Früh Ortszeit ankam. Eine Stunde früher als geplant. Um 9 Uhr wäre mein Weiterflug nach Panama gegangen. Der Service von Aero Mexico ist unaufregend, weder schlecht noch gut, der Sitzabstand in der Economy Class in den neuen 787 Dreamlinern aber mehr als in Ordnung! Umsteigen in Mexico City ist schon etwas mühsam, verläuft ähnlich wie in den USA, man muss, auch wenn man nur auf der Durchreise ist, nach Mexiko einreisen, sein Gepäck abholen, es durch den Zoll bringen und danach wieder aufgeben und anschließend nochmal die Sicherheitskontrolle passieren. Natürlich geht es dabei nicht ähnlich penibel und nervig zu wie in den USA – und im Endeffekt verkürzte sich durch die Prozeduren die Wartezeit um eine gute Stunde. Ich setzte mich zum Frühstück hin, es war schrecklich kalt auf dem Airport, trotz Nachttemperaturen von nur 10 Grad draußen blies die Klimaanlage eiskalt herab, nicht sehr angenehm, wenn man übernachtig ist. Dazu funktionierte das Airport WIFI kaum, aber gut, so konnte ich wenigstens schon mit dem Digital Detox beginnen. Und bald würde es ja eh weiter gehen. Dann aber blieben die Bildschirme, die bis dahin alle Flüge mit „A Tiempo“, also pünktlich, angezeigt hatten, plötzlich leer. Es gab keine Gate Nummern. Und irgendwann kam dann die Durchsage, dass die Piloten von Aero Mexico in einen spontanen und unangekündigten Streik getreten waren. Laut Medienberichten hatte die Airline einen Kollegen wegen „unterdurchschnittlicher Performance“ gekündigt, und aus Solidarität erschienen dann fast alle Piloten nicht zu ihrem Dienst. Welche Seite jetzt im Recht ist, kann ich nicht beurteilen, es liegt mir auch fern, dies zu tun. Tatsache war – manche Flüge wurden gestrichen, andere verspätet. Tröpferlweise tauchten dann doch Crews für einzelne Flüge auf, die nach und nach verspätet einstiegen und auch abflogen. Bei meinem Flug nach Panama ging es gut 3 Stunden hin und her, ehe zu Mittag dann die Durchsage kam, dass auch dieser Flug leider nicht stattfindet.
Total übernächtigt und auch frierend schluckte ich erstmal…um mich dann in einer endlosen Schlange anzustellen. Alle Schalter von Aero Mexico waren besetzt, und die Mitarbeiterinnen hatten natürlich hunderte Einzelfälle zu bearbeiten, umzubuchen und für jeden die beste Lösung zu finden. Das geht in dem Fall natürlich nicht schnell und pro zu bearbeitendem Fall dauert es schon mal 5-10 Minuten, bis man etwas halbwegs Zufriedenstellendes für den jeweiligen Kunden gefunden hat. Ich stand dann also 5 Stunden lang in der Schlange, bis ich endlich dran war. Diese Schlange war ganz anders, als sie wohl bei uns gewesen wäre. Lateinamerikaner bleiben in solchen Situationen ruhig, höflich und respektvoll. So war es dann auch irgendwie typisch, dass die einzigen, die aggressiv wurden und die Mitarbeiter beflegelten, Deutsche und Amerikaner waren. Österreicher gab es hier sonst keine, man kann aber davon ausgehen, dass sie sich in der Mehrheit wohl ähnlich verhalten hätten. Ich war auch schon mehr als gereizt in Anbetracht der Umstände, aber die Mitarbeiterinnen von Aero Mexico, die am wenigsten dafür konnten, waren geduldig, super nett und freundlich, und als ich nach 5 Stunden endlich an der Reihe war, konnte ich merken, als ich der Dame meine Situation schilderte, dass sie ehrliches Mitleid empfand und mich nicht wie den 100. Einzelfall, der ich im Endeffekt ja war, abschasselte. Mir wurde wieder bewusst, warum ich die Menschen in Lateinamerika so gerne mag, ein kleiner Trost. Ich ließ mir auch ihren Namen geben, um eine Belobigung über sie an ihren Arbeitgeber für ihr tolles Engagement zu schreiben. Tja, was ich aber schon geahnt hatte, wurde Gewissheit…..es gab natürlich keinen Flug mehr nach Panama an diesem Tag. Womit ich nicht nur für die gebuchte Unterkunft dort zahlen musste sondern auch mein gesamtes Paket für die San Blas Inseln verfiel. Die Transporte dorthin gehen nur am frühen Morgen, und meiner war damit weg. Mein karibischer tropischer Traum löste sich in dem Moment in seine Einzelteile auf.
Nachdem ich dann schilderte, dass unter den Umständen die Weiterreise nach Panama für mich keinen Sinn mehr machen würde, ich aber gleichzeitig nur Shorts, T-Shirts und Flip Flops für die tropische Hitze dabei hatte und für mich als Alternative das kühle Klima Mexiko Citys somit auch nicht in Frage kam, beschlossen wir, dass sie mich für den folgenden Tag zurück nach Amsterdam bucht. Eigentlich hätte sie mich sogar noch am gleichen Abend zurück schicken wollen, ich meinte aber, ich bräuchte dringend eine Dusche, ein Bett und ein warmes Essen nach 35 Stunden unterwegs. So bekam ich also hier ein Airport Hotel inklusive Mealvouchers, aß noch etwas Abend und schlief mit Unterbrechungen an die 16 Stunden…..so ausgelaugt war ich noch nie! So ließ ich es auch gut sein, mich tagsüber noch in die Stadt zu begeben, ich finde zwar Mexico City toll, aber ich war zu kaputt für Menschenmassen, vor Allem angesichts der Tatsache, um Mitternacht den nächsten Langstreckenflug anzutreten. Und mein Hotelzimmer musste ich um 15 Uhr räumen und wieder 8 Stunden warten bis zum Abflug.
Als letztes kleines Schmankerl vergaß ich dann meinen Hut, den ich letztes Jahr neu in Mexiko gekauft hatte, im Hotelzimmer, sodass er also wieder in seinem Ursprungsland zu Grabe getragen werden konnte. Passt irgendwie zu der ganzen Misere, konnte mich aber auch nicht mehr allzu sehr aufregen.
Zumindest der abermals lange Heimflug klappte dann ohne weitere Komplikationen, ich hatte sogar eine recht nette Sitznachbarin, eine junge Tschechin, die so wie zumindest jede zweite Tschechin Jana hieß. Eine begeisterte Reisende, mit der ich viel zu reden hatte, und so vergingen die gut 10 Stunden bis Amsterdam wenigstens halbwegs kurzweilig. Auch das Umsteigen und die letzte Hürde nach Wien nahm ich dann souverän, sodass der Höllenritt zwischen eisgekühlten Flughäfen, zwei Atlantiküberquerungen, endlosen Warteschlangen und in Summe 6 Sicherheitskontrollen nach gut 72 Stunden sein Ende fand.
Ich werde in jedem Fall versuchen, die Kosten für die entgangenen Touren von Aero Mexico erstattet zu bekommen, wie aussichtsreich das Unterfangen ist, kann ich mir in etwa vorstellen, nämlich vermutlich gar nicht. Auch die Reisestornoversicherung könnte ich unter Umständen noch hinzuziehen, um nicht auf Allem sitzen zu bleiben.
Wie auch immer, nach diesem durch und durch misslungenen Trip werde ich die 5 verbleibenden freien Tage in Wien dazu benutzen, mich zu erholen, der eiskalten Außentemperaturen zu trotzen und auf der Couch im warmen Wohnzimmer herumzuknotzen, mir gute Sachen zu kochen und mal gar nichts zu tun. Und eine Lehre habe ich aus diesem Trip, von dem das einzige Foto, das ich euch bieten kann, die Menschenschlange am Airport von Mexico City ist, auch gezogen…..bei nur einer freien Woche nehme ich in Zukunft trotz noch so günstigem Ticket von solchen Aktionen Abstand. Langstrecke für eine Woche – ja, aber nur wenn es einen Direktflug an die Destination gibt wie seinerzeit nach Japan oder bald auf die Seychellen. Keine mühsamen Umsteigeverbindungen mehr für 5 Tage Aufenthalt an der Zieldestination. Die Haare sind in den 3 Tagen nicht nur noch weißer sondern ich auch wieder ein Stück weit weiser geworden, darauf zu achten, nicht in meiner Reise Euphorie jede Sinnhaftigkeit über Bord zu werfen. 3 volle Tage und Nächte unterwegs zu sein, um dabei stundenlang auf Airports zu sitzen und eine Nacht in einem Flughafenhotel in Mexico City zu verbringen, ist reinster Wahnsinn! Falls ich so etwas jemals wieder buchen sollte, erinnert mich bitte dran, klopft mir auf die Finger und haltet mich davon ab! Der Bericht über eine etwas andere Reise ist somit zu Ende….ich weiß, ein paar von euch können sich eine kleine Portion Schadenfreude angesichts meines Lehrgeldes nicht verkneifen – und dafür bin ich euch absolut nicht böse sondern ihr habt vollkommen Recht! Euer geläutertet Reise Nerd!