Ganz besonders war heuer der Auftakt - denn mit Westafrika stand eine mir unbekannte und auch allgemein sehr wenig bereiste Region in meinem Fokus. Sao Tomé, Ghana, Togo, Benin - nicht gerade die typischen Destinationen des Mainstream Travelers. Während ich Sao Tomé individuell entdeckt habe, tat ich selbiges auf dem afrikanischen Festland in Gesellschaft - einer etwas anstrengenden, von Fotografierwut getriebenen, Deutsch sprachigen Gruppe. Trotz der recht mühsamen Begleitung hat mich diese Reise nachhaltig beeindruckt, eine lebendige, bunte und sehr fremde Kultur, geprägt von farbenfrohen Gewändern, wunderschönen Gesichtern und Geisterglauben, tritt in Westafrika in Kombination mit großer Armut und nicht immer einfachen Lebensumständen auf, wo es oft am Nötigsten fehlt. Eine tragische Geschichte von Kolonialismus und brutaler Versklavung spannt den Bogen bis in die Jetztzeit, wo sich die Ausbeutung durch westliche Konzerne, die sämtliche Rohstoffe aus den Ländern schaffen ohne irgendeine Wertschöpfung für die lokale Bevölkerung zu hinterlassen, fortsetzt. Wer sich ernsthaft um eine Erklärung bemüht, warum jedes Jahr tausende Menschen den lebensgefährlichen Weg nach Libyen antreten und dann voller Hoffnung in See untauglichen Booten versuchen, den Weg über das Mittelmeer zu überstehen, der sieht mal hier nach und bezeichnet diese Menschen nicht pauschal als Kriminelle. Westafrika war lehrreich und Augen öffnend, dass Probleme in Europa keine Probleme sind, und diese Reise hilft, Vieles wieder in die richtige Perspektive zu bringen. Der Kontinent lässt einen gleichermaßen fasziniert und verstört zurück, mit einer gehörigen Portion Demut und der Bestätigung, dass kriminell ausschließlich jene sind, die Menschen im Mittelmeer ertrinken lassen wollen.
Nach Westafrika war meine nachfolgende Tour durch Marokko fast wie ein Kindergeburtstag mit Wohlfühlcharakter - in Wohlstand und Prosperität durch ein kulturell reiches und landschaftlich extrem abwechslungsreiches Land voller Farben. Und noch dazu in der Gesellschaft von Leuten, mit denen ich mehr als nur eine Wellenlänge hatte, es entstand fast so etwas wie Freundschaft mit Gleichgesinnten, unsere Whats App Gruppe ist bis heute noch sehr aktiv, und es gab auch schon etliche Wiedersehen unter den Gruppenmitgliedern, unter Anderem traf ich Guillaume im Herbst in Kanada.
Auch nach der großen Tour war ich nicht untätig. Ich bereiste im Frühling das schöne und urige Albanien, ein innerhalb Europas noch recht unentdecktes Juwel, und ich kehrte auch in das bezaubernde Irland zurück, wegen meines jährlichen Treffens mit meinen Freunden aus Holland und Italien. Mit meiner üblichen Freundesrunde Peter, Harry und Martin erradelte ich dann im Sommer eine Woche lang die pittoreske schwedische Westküste, im August verschlug es mich mit Ré nach Montenegro, und im Herbst verließ ich Europa dann auch noch 2 Mal für je eine Woche. Ende September und Anfang Oktober erfreute ich mich an den Farben des Indian Summer in der kanadischen Provinz Québec, und Ende November und Anfang Dezember flüchtete ich vor dem Licht-und Wärmemangel auf die französische Karibikinsel Guadeloupe, die mich mit ihren intensiven Farben und ihrer überquellenden Vegetation bezauberte. Dienstlich reiste ich an altbekannte Destinationen wie Oslo, Venedig oder Krakau, wobei mich mein treuer alter Freund Michael dabei so oft wie noch nie begleitete. Auch andere Städte, in denen ich schon länger nicht mehr gewesen war, durfte ich durch meinen Job neu für mich entdecken, das gute alte Amsterdam, das an seinen stimmungsvollen Grachten nichts von seinem Zauber verloren hat, oder das früher von mir wenig geschätzte Budapest, das sich dem orbanischen Diktat widersetzt, einen grün-liberalen Bürgermeister gewählt hat und sich heute erstaunlich weltoffen und international präsentiert. Es könnte immer noch mehr sein, aber ich denke, ich kann zufrieden sein mit dem, was ich 2019 von der Welt entdecken durfte.
Was tat sich sonst noch? Gesundheitlich hat sich mein Magen endlich wieder eingekriegt, dafür war die Gräserpollen Allergie schlimm wie nie zuvor und bescherte mir nach unserer Rückkehr aus Schweden im Sommer eine heftige Nebenhöhlenentzündung. Mit dieser kämpfte ich viele Monate mit mehr oder weniger großem Erfolg und verschiedenen Maßnahmen wie Akupunkturmassagen, erst die karibische salzig-warme Meeresluft leitete eine entscheidende Wende zum Besseren ein, die aber durch die trockene Luft geheizter Räume leider auch nicht nachhaltig ist. 100 Prozent Arbeitszeit wird mir, der ich auch nicht jünger werde, in Kombination mit meiner umfangreichen Reisetätigkeit langsam schon zu intensiv, das Fliegen ist körperlich durchaus fordernd. Ein wenig kürzer zu treten und mehr Ruhephasen einzulegen, danach verspüre ich langsam ein dringendes Bedürfnis. Besonders, dass diese Ruhephasen, speziell in der kalten und düsteren Jahreszeit, nach Möglichkeit lieber unter dem Zirpen von Grillen, dem Zwitschern von Vögeln, dem Rauschen von Wellen und dem Wehen von Palmblättern im warmen Wind stattfinden sollten, wurde mir auf meiner Reise nach Guadeloupe ganz stark bewusst, meine Seele und mein Gemüt, aber auch mein Körper, brauchen mit jedem Jahr mehr an Licht und Wärme, um sich in Harmonie und Einklang zu befinden. Wie ich das umsetzen werde, weiß ich noch nicht genau, weniger reisen will ich auf keinen Fall, eher vielleicht etwas langsamer und an schönen Orten länger verweilen wäre mein Ziel. Und zu diesem Zweck meine Arbeitszeit ein wenig zu reduzieren, um mir mehr Zeiträume für mich selbst zu schaffen, ist ein Projekt, das ich für die kommenden Jahre definitiv anstrebe.
Im Sommer freute ich mich, den 50er meiner lieben alten (natürlich nur im Sinne von langjährigen ;-)) Freundin Martina im Rahmen einer schönen Feier zu begehen.
Die größte Herausforderung 2019 für mich persönlich war aber eine ganz andere. Kleine Kinder und ich - das ist so ein eigenes Kapitel. Meine quietschlebendige Nichte Lara und mein nicht minder umtriebiger Neffe Noah - die beiden erfreuen auch auf die räumliche Distanz zur Brexit Insel das Herz ihres Onkels. Als sie aber im Frühling in Wien zu Besuch waren und ich zum Babysitten eingeteilt war, da meine Schwester und mein Schwager eine Geburtstagsfeier besuchten, hatte ich schon vorab etwas Panik. Lara konnte man ja schon halbwegs erklären, dass sie beim Onkel bleiben wird, aber Noah verstand noch nicht, was rund um ihn passierte und wo seine Eltern nun hingegangen sind. Ich bin mir nicht sicher, wer mehr verzweifelt war - Noah mit seinem fragenden Blick oder doch sein alter Onkel, der in seiner Hilflosigkeit seinem am Ende bitterlich weinenden kleinen Neffen um nichts nachstand. Ich kann Vieles gut, organisiere meine zahllosen Reisen mit links und navigiere auf fremden Kontinenten mehrsprachig und mit Leichtigkeit durch die Gegend, aber im Umgang und der Kommunikation mit kleinen Kindern stelle ich mich an wie der erste Mensch. Deshalb werde ich meiner lieben alten Freundin Anita auch nie vergessen, dass sie an diesem für mich denkwürdigen Abend an meiner Seite stand, Noah (und auch mich) beruhigte und ihn zum Einschlafen brachte. Dieses Erlebnis war jedenfalls eines der einprägsamsten des ganzen Jahres und zeigte mir auch meine eigenen Grenzen auf, wenn es darum geht, meine Komfortzone zu verlassen und mich auf für mich unsicheres Terrain zu begeben. Dieses Terrain stellen für mich nicht, wie für die meisten Menschen, eine fremde Umgebung oder andere Kulturen dar, nein, es sind Kleinkinder, die für mich Ratlosigkeit und ein Buch mit sieben Siegeln bedeuten.
Weihnachten werde ich kurz aber doch bei ebendiesen meinen kleinen Rabauken in London verbringen, und ein dienstlicher Aufenthalt in Paris wird mir auch noch ein Zusammentreffen mit dem französischen Teil meiner Familie in diesem Jahr ermöglichen.
2020 wird wie immer mit einer großen Reise beginnen, Jänner und Februar sind Monate, die in Mitteleuropa mehr als entbehrlich sind und in denen es auf anderen Erdteilen wesentlich schöner ist. Neues werde ich erforschen - mit einer Reise in das geheimnisvolle Myanmar, ich werde erstmals einen Heißluftballon besteigen und mich über die Pagodenlandschaft Bagans erheben, und ich werde endlich Queensland kennenlernen, einen Teil des von mir viel bereisten Australien, den ich bisher immer ausgelassen hatte. Ich freue mich auf die Exotik Asiens und die Leichtigkeit Australiens, auf Sonne, auf nette Menschen, auf das Meer und gutes Essen. Und natürlich auf Alles, was 2020 auch danach für mich bereithalten wird. Ibiza wird es vermutlich auch diesmal nicht sein - zumindest steht es nicht an vorderster Stelle meiner Reiseplanungen - es ist aber schön, dass uns diese Insel vom Joch einer rechtsradikalen Regierung befreit hat, deren Müll nun Stück für Stück vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben und entsorgt wird ;-)
Wer Lust hat, reist mit mir nochmal in vielen Bildern durch ein buntes und abwechslungsreiches 2019, bevor es heißt.....
Prosit 2020! Frohes neues Jahr - Happy New Year - Bonne Année - Buon Anno - Prospero Ano!