Der Weg hierher war dann doch steiniger als gedacht. An sich waren auf dem Flug recht viele Plätze frei gewesen, allerdings war das ursprünglich vorgesehene Flugzeug kaputt geworden, es wurde auf ein kleineres abgetauscht – und plötzlich war der Flug überbucht. Netterweise durfte ich aber spontan bei der neuen Crew auf dem Jumpseat mitfliegen, und so war ich nach gut einer Stunde mit Verspätung in Tirana. Nahm dort gleich meinen Mietwagen entgegen, einen Golf Turbodiesel, das beste – und gleichzeitig billigste – Mietauto, das ich je hatte. Und es ging auf direktem Wege nach Süden, an die albanische Riviera, wie der schönste, der griechischen Insel Korfu gegenüber liegende, Küstenabschnitt bezeichnet wird. Manche Straßenabschnitte sind schon sehr gut ausgebaut, andere hingegen noch richtige Nadelöhre, sodass ich doch gute 4 Stunden bis an mein erstes Etappenziel, den kleinen Ort Qeparo, benötigte und es schon dunkel war, als ich ankam.
Nach einer ausgezeichneten Nacht begann ich den heutigen Tag mit einem hervorragenden Frühstück auf der Terrasse am Meer. Es war heute heiter bis wolkig, auch nicht allzu warm aber das Licht wunderschön, und Regen fiel auch keiner. Und so konnte ich meinen Roadtrip zunächst entlang der Küste, zu den antiken Ausgrabungen von Butrint, dann ins Landesinnere zu einem tiefgrünen See, der sich eigenartiger Weise „Blue Hole“ nannte bis zu meinem Etappenziel, der alten osmanischen Stadt Gjirokaster, richtig genießen. Das Land ist tatsächlich traumhaft schön, sowohl die Küste als auch die Berge, die alten steinernen Orte voller Ausstrahlung und das durch die immer wieder vorhandene Wolkendecke mit durchbrechenden Sonnenstrahlen diffuse Licht phantastisch. Die Leute sind, auch wenn insbesondere ältere kaum Englisch sprechen, äußerst hilfsbereit und freundlich und die Unterkünfte bisher nicht nur günstig, sondern auch voller Charakter…..
Morgen setze ich meine Fahrt dann in die zweite alte osmanische Stadt Berat fort, und übermorgen bin ich dann auch schon wieder auf dem Weg nach Hause. Es tut gut, wieder auf Reisen zu sein, und ein Land zu entdecken, das für viele immer noch ein weißer Fleck auf der Landkarte ist, ist immer wieder etwas, das mich herausfordert und fasziniert. Wirklich herausfordernd ist eine Reise nach Albanien aber auch nicht, es gibt hier nichts, das man vermissen müsste, das Land ist nicht mehr so bettelarm wie es einmal war, die Infrastruktur ist auf einem guten Standard und es gibt weder Versorgungsengpässe noch Stromausfälle. Tourismus ist kein ganz unbekanntes Segment mehr, die Massen haben Albanien bisher aber auch noch nicht überrannt, die Mengen an Besuchern sind überschaubar. Das ist angenehm aber nicht verständlich – an Schönheit kann es das kleine Land locker mit seinen viel besuchten Nachbarn Italien, Griechenland oder Kroatien aufnehmen, und das Preis-Leistungs-Verhältnis ist zudem wesentlich besser. Nachdem Albanien ein Auswanderungsland ist, kommen vermutlich viele gar nicht auf die Idee, dass es auch Attraktionen bereithalten könnte sondern setzen es oftmals gleich mit einem Ort, von dem alle weg wollen aber niemand hin. Ein schwerer Irrtum, denn wirklich wissen tun die wenigsten etwas über den Balkanstaat. Selbst ein paar meiner Kolleginnen beim Hinflug fragten mich ganz verwundert, was ich denn bitte in Albanien machen würde…..dabei sollten gerade wir Flugbegleiter diejenigen sein, die sich mit dem kulturellen Hintergrund unserer Passagiere auseinandersetzen, die die Welt mit Neugier und frei von Vorurteilen entdecken und unseren Beruf als Chance wahrnehmen, über den Tellerrand hinauszublicken. Hear the other side, see the other side. Zumindest ich tue mein bestes, unseren gesamten Planeten als meine Heimat zu betrachten und so viel von ihm zu sehen und zu erleben wie ich kann. Dafür habe ich diesen Beruf ergriffen und damit will ich noch lange nicht aufhören.
Langer Rede kurzer Sinn – wie mein weiterer Roadtrip durch Albanien verlaufen ist, erfahrt ihr in Bälde, wenn ich zurückgekehrt bin. Fürs erste erfreut euch an traumhaften Bildern – aufgenommen erstmals mit meiner neuen Handy Cam, mit der ich für den Moment einmal äußerst zufrieden bin! Bis bald und „mirupafschim“ (auf Wiedersehen) aus Albanien!