Paris und London - diese beiden Städte werden gern miteinander verglichen. Sie sind ähnlich groß, haben beide in ihrem Großraum um die 8 Millionen Einwohner. Sie liegen geografisch nah beinander und sind die jeweils unbestrittenen Zentren ihres Landes, sind beide riesig und auch stressig sowie sehr teuer. Beide sind zudem als Hauptstädte früherer Kolonialmächte sehr kosmopolitisch und das Bevölkerungsgemisch äußerst bunt und heterogen. Das U-Bahnnetz ist in beiden Städten enorm groß und gleichzeitig sehr alt und wenig behinderten- oder kinderfreundlich.
Und doch finde ich, dass die beiden Metropolen überhaupt nicht vergleichbar, sondern sogar sehr unterschiedlich sind. Paris oder London - wer welche der beiden lieber mag, ist so eine Art Glaubensfrage oder einfach Geschmacksache. Für mich fällt die Antwort sehr eindeutig aus - ich bin ganz klar der Paris-Typ. Hier die Stadt der Genüsse und des guten Essens, dort die Stadt der Banker und der Fastfoodketten. Hier ein geschlossen schönes Stadtbild an der Seine, dort ein wie ich finde eher unharmonisches an der Themse. Hier das leicht chaotische dafür unbeschwertere Savoir-vivre, dort das eher kühl daherkommende britisch-isolationistische Eigenbrötler-Temperament. Hier der Euro als Symbol des vereinten Europas, dort das Pfund als unnötige eigene Währung zur angeblichen Stärkung irgendeiner nationalen Identität (ich schaffte es übrigens locker, 3 Tage lang gut durch London zu kommen, ohne ein einziges Pfund abzuheben, selbst Kleinstbeträge kann man überall schnell und unkompliziert mit kontaktloser Karte bezahlen!). Und nicht zuletzt - hier die Stadt, mit der mich viele Kindheitserinnerungen verbinden, in der mein Großvater zufrieden lebte und in der mein Onkel und meine Tante immer noch glücklich sind, im mulitkulturellen Belleville. Und dort jene Stadt, in der meine Schwester mäßig zufrieden lebt, weit außerhalb, bei nicht entsprechender Lebensqualität.
Ja, ich gebe es zu, es war jetzt ein wenig Schwarz-Weiß-Malerei, die ich hier betrieben habe. Denn ich finde auch an Paris nicht alles toll, so ist es noch wesentlich schmutziger und abseits seiner Glanzseiten wesentlich heruntergekommener als London, es gibt in der Metro so gut wie nirgends Lifte und die Preise sind teils abartig. Und andererseits finde ich London bei Weitem nicht so übel wie es hier vielleicht geklungen hat, im Gegenteil, diesmal hatte ich sogar auch seit Längerem mal wieder Zeit, die Stadt ein wenig zu genießen, und das bei ungewöhnlich hohen Sommertemperaturen.
In Paris war ich in dem Fall leider viel zu kurz, immerhin konnte ich aber mit meinem Onkel den schönen Stadtpark Buttes-Chaumont gleich bei ihm ums Eck entdecken, der einen prächtigen Blick auf Montmartre bietet. Und französisches Essen zelebrieren.
Spannend war die Reise zwischen den beiden Städten, erstmals durchquerte ich den Ärmelkanal durch den Eurotunnel. Gemeinsam mit meinem Onkel, meiner Tante und meinem Cousin, der aus Kolumbien zu seinem alljährlichen sommerlichen Europabesuch im Lande ist, unternahm ich diese Reise. Der Eurostar verkehrt mehrmals täglich und ist die bei Weitem schnellste und attraktivste Verbindung zwischen den beiden Metropolen. In Paris bedient er den Gare du Nord, in London ist St. Pacras der Start-bzw Endpunkt. Die reine Fahrzeit beträgt knapp zweieinhalb Stunden, von denen man etwa 20 Minuten unter dem Meer verbringt. Die Prozeduren sind wie auf einem Flughafen, man scannt sein Ticket ein, passiert dann die Grenzkontrolle der französischen und unmittelbar danach am Pariser Gare du Nord auch jene der britischen Behörden (ich gehe davon aus, dass die Prozedur in St. Pacras in umgekehrter Abfolge genauso stattfindet), und abschließend durchläuft man die Sicherheitskontrolle, bevor man den Zug besteigen kann. Beim Aussteigen in London gibt es dann keine Einreisekontrollen mehr. So muss man etwa eine halbe Stunde vor Abfahrt am Bahnhof sein, da die Züge meistens voll ausgebucht sind. Trotz der Zugangskontrollen ist der Eurostar, speziell wenn man die beiden Flughäfen Charles de Gaulle bzw Heathrow als Vergleich heranzieht, die effizienteste und komfortabelste Lösung, von Zentrum zu Zentrum zu gelangen. Ticketpreise beginnen bei 49 EUR one way, dazu muss man allerdings frühzeitig buchen, werden die Kapazitäten knapp, klettern die Preise entsprechend nach oben. Nähere Infos zum Eurostar auf der Website.
http://www.eurostar.com/
In London hatte ich diesmal wie erwähnt Kaiserwetter, um die 27 Grad und strahlenden Sonnenschein. Es war schön, die ganze Familie versammelt zu haben, wir genossen schöne 'Abende im Garten bei unseren Cousinen Erica und Marlene, und alle erfreuten sich an meinen lebhaften Nichten und Neffen. Einen Tag streifte ich auch mal allein durch die Stadt, genoss die Sonne im Regents Park und Hyde Park, traf auch abseits der Familie meinen Reisekumpanen aus Bali, Marcus, wieder, und so gab mir auch London nach längerer Zeit mal wieder ein positives Gefühl, das ich in den letzten Jahren ein wenig vermisst hatte.
Schöne Tage gingen also zu Ende, mit einem überbuchten Heimflug, auf dem mich meine Kollegen, sobald wir den britischen Luftraum verlassen hatten, dankenswerter Weise im Cockpit mitgenommen haben. Auch wenn ich wie gesagt eher der Paris- als der London-Typ bin, man muss ja nicht immer Paris ODER London gegeneinander antreten lassen, sondern kann sehr gut auch Paris UND London kombinieren und im Endeffekt beides gut finden...ich war immer schon dafür, das Einende dem Trennenden voran zu stellen. In diesem Sinne - besucht einfach Paris UND London! ;-)))