Andererseits ist die Radtour eine andere Art des Urlaubs. Weniger ein Reisen als das Zusammensein mit meinen Freunden, weniger steht die Kultur im Vordergrund als die Umgebung und Natur, weniger geht es um die Begegnung mit dem Fremden als um sportliche Betätigung und die Freiheit des Radfahrens. So gesehen – dafür auch sehr gerne Österreich.
Wie immer fand sich unsere vierköpfige Radgruppe zusammen – ich, der Organisator mit dem Orientierungssinn, der die Touren zusammenstellt, Vorschläge für Etappen ausarbeitet und den Transport auslotet – natürlich unter reger Einbeziehung meines unverzichtbaren Smartphones. Peter, unser Experte für Eiscafé und alles Süße, der stets den Takt vorgibt, was die kulinarischen Intervalle und Pausen betrifft. Martin, unser Technikgenie und wandelndes Lexikon insbesondere für Botanik und Zoologie. Harry, unser Mann für das „Feintuning“, der meiner Organisation durch blitzschnelle situative Erfassung der jeweiligen Gegebenheiten vor Ort die Krone aufsetzt, und der dank seiner Eloquenz und seines Verhandlungsgeschicks immer dafür sorgt, dass wir nicht nur immer bei Schönwetter sondern auch stets höchst effizient unterwegs sind. Diese vier Köpfe hatten heuer beschlossen, einen Special Guest in ihrer Mitte willkommen zu heißen, Anita begleitete uns diesmal und nahm als ausgleichende weibliche Hand die Rolle der Mediatorin zwischen unseren durchaus ausgeprägten Spleens und Eigenheiten ein. So sorgte sie letztendlich quasi als Öl im Getriebe für vollständige Harmonie und dafür, dass wir in unserer Gesamtheit 5 perfekte Tage hatten. Eine besondere Freude, hatten wir doch gleich von Beginn an beschlossen, nachdem wir sowieso die Zimmer teilten, dass wir uns in unserer eigenen Blase befänden und die Corona Regeln daher für diese Zeit unter uns nicht gelten. Ein schöner Zustand in diesem mühsamen Jahr, wieder ein wenig Unbeschwertheit mit Freunden walten zu lassen – es ging hier ganz und gar nur um uns, unsere Tour, unseren Genuss, unsere sportliche Betätigung, unsere Zeit miteinander. Vielleicht auch ein Zeichen, die Nachrichten nicht immer bis ins letzte Detail zu verfolgen sondern sich ein wenig mehr wieder auf das Leben zu konzentrieren. In diesen 5 Tagen ist das ganz hervorragend gelungen – und so möge es auch gerne bleiben.
Wie es 2020 noch für mich weitergeht, ob ich noch Touren machen werde können oder nicht – ich wage diesbezüglich keine Prognose und lasse es auf mich zukommen. Österreicher sind dieser Tage nicht mehr in vielen Ländern Europas – und schon gar nicht der Welt – besonders willkommen, von daher warte ich mal ab und werde im Auge haben, was sich spontan noch machen lässt und was nicht. Sobald sich etwas tut – ihr Blog Leser wisst sowieso immer mehr ;-)
Nun aber stelle ich euch unsere Radroute in all ihren Einzelheiten vor….wir befuhren heuer den nördlichen Teil des Alpe Adria Radweges, der in Salzburg beginnt und dann durch Kärnten bis nach Grado an die Adria führt. Teilweise überschneidet sich der Radweg mit anderen überregionalen Radrouten, sodass man sich nicht auf eine einheitliche Beschilderung verlassen kann – nur hin und wieder ist das Alpe Adria Symbol zu sehen. Von Salzburg bis nach Taxenbach ist die Streckenführung jene des Tauernradweges, danach befindet man sich auf dem Radweg Gasteinertal, auf Kärntner Seite befährt man von Overvellach bis Möllbrücke den Glockner Radweg und von Möllbrücke bis Villach den Drau Radweg. Zur vollständigen Verwirrung werden dann auch Teilabschnitte auf dem Euro Velo 7 bzw auch dem Euro Velo 8 zurückgelegt. Abhilfe schafft wie immer der Bike Line, der auch in unklaren Situationen stets den richtigen Weg weist.
https://www.esterbauer.com/db_detail.php?buecher_code=CAAR
Was man wissen sollte und sich gut überlegen, wenn man sich für Salzburg – Villach (oder umgekehrt) entscheidet – man muss dabei zwischen Salzburg und Kärnten die Shuttle Züge der Tauernschleuse nehmen, die zwischen Böckstein auf Salzburger und Mallnitz-Obervellach auf Kärntner Seite stündlich verkehren. Die Schleuse erspart einem zwar die darüber liegenden 3000er, was aber nicht heißt, dass das Erreichen der Schleuse ein Honiglecken ist. Auch zu dieser geht es steil bergauf – auf Salzburger Seite noch wesentlich mehr als auf der kärntnerischen. Das gab auch den Ausschlag, dass wir uns für die Variante von Süden nach Norden entschieden haben und nicht andersrum. Dennoch erfordert auch der Aufstieg von Obervellach hinauf nach Mallnitz einiges an Kondition, wir schoben dabei unsere Räder mit Gepäck über viele Kilometer steile Serpentinen bergauf und waren am Ende des Tages fix und fertig. Traut man sich die Auffahrt nicht zu, empfehle ich dringend, die Hohen Tauern mit dem Railjet zu durchfahren, dabei muss man allerdings von Süden kommend bereits in Spittal an der Drau einsteigen und bis Bad Gastein fahren, will man sich in die Gegenrichtung den Anstieg ersparen, sollte man spätestens in Schwarzach in den Zug bis Mallnitz-Obervellach steigen. Will man Fahrräder im Railjet mitnehmen, ist eine vorherige Reservierung verpflichtend. Für die Tauernschleuse alleine kann man die Tickets theoretisch sowohl an den Automaten als auch über die ÖBB App buchen, für die Fahrräder klappte das in unserem Fall allerdings auf keinem der beiden Wege – hier mussten wir die Tickets am Schranken der Autoschleuse lösen. Ob es ein einmaliger Systemfehler war oder Dauerzustand, ist schwer zu sagen, nähere Infos zur Tauernschleuse unter folgendem Link:
https://www.oebb.at/de/regionale-angebote/kaernten/autoschleuse-tauernbahn
Die Etappen hatten wir wie folgt gestaltet.
Tag 1: Anreise mit dem Zug von Wien nach Villach, danach Villach bis Spittal an der Drau (ca. 40 Kilometer)
Die Strecke von Villach bis Spittal verläuft fast durchgehend am Ufer der Drau (überschneidend mit dem Drau Radweg, Beschilderung „R1“), teils auf asphaltierten, teils auf Schotterwegen, meist Ufer begleitend. Die Fahrt ist hier fast durchgehend flach und ermöglicht ein entspanntes Radeln und Genießen der Landschaft.
Unser Quartier bezogen wir oberhalb Spittals, im Landgasthof Simeter. Dieser liegt besonders charmant, im Wald auf einer Alm, es gibt Kühe, Hühner und sonstiges Landidyll, der Gastgarten ist wunderschön und die Küche ausnehmend gut. Das Servicepersonal ist sehr freundlich, höchst professionell und die Qualität der Speisen sowohl was Abendessen als auch Frühstücksbuffet betrifft exzellent. Die Zimmer sind groß und sehr sauber – daher eine unbedingte Empfehlung. Kleiner Wermutstropfen für Radfahrer: den Landgasthof erreicht man ab Spittal in einer über 2 Kilometer langen, abschnittsweise ziemlich steilen und daher Schweiß treibenden, Auffahrt.
http://simeter.at/
Tag 2: Spittal an der Drau nach Bad Gastein via Tauernschleuse (ca 50 Kilometer)
Zunächst radelt man noch ein Stück weiter durch das Drautal, ehe man in Möllbrücke dann dem Glockner Radweg („R8“) durch das Mölltal bis Obervellach folgt. Die Landschaft wird im Mölltal zunehmend alpiner und rauer. In Obervellach zweigt der Alpe Adria Radweg dann ab und führt auf 8 Kilometern in steilen Serpentinen hinauf zur Tauernschleuse nach Mallnitz. Die Streckenführung folgt dabei der Hauptstraße. Als Alternative bietet sich an, nach rund einem Kilometer die Hauptstraße zu verlassen und der Beschilderung nach Kaponig zu folgen. Eine wenig befahrene Straße führt hier durch den Wald und bietet schöne Ausblicke, man ist durch sehr steile Serpentinen schwer gefordert, wir stiegen ab, auch das war sehr herausfordernd. Hat man den steilen Anstieg geschafft, folgt man einer früheren Bahntrasse gemächlich weiter ansteigend bis nach Mallnitz. Diese Alternative zur Hauptstraße ist dringend zu empfehlen. Wir kamen fix und fertig bei der Tauernschleuse an, die Fahrt bis Böckstein auf Salzburger Seite dauert gerade mal 11 Minuten. Von Böckstein an geht es dann hinab nach Bad Gastein.
Unser Quartier war der Lindenhof – ein altes Haus im typischen Gasteiner Stil, etwas retro aber speziell das frisch renovierte Stiegenhaus mit seinen Holztreppen war durchaus charmant. Die Zimmer waren sauber und das Preis Leistungsverhältnis sehr gut. Der Lindenhof befindet sich nur wenige Schritte vom Bahnhof Bad Gastein entfernt im oberen Stadtteil.
https://lindenhof-gastein.at/
Für das Abendessen kann man gleich nebenan den Fischerwirt ans Herz legen. Die Küche ist weniger rustikal als es der Name des Lokals vermuten lässt, eher findet man hier verfeinerte und raffiniert zusammengestellte und präsentierte Gerichte auf der Karte, die sich im etwas höherpreisigen Segment befinden aber aufgrund der Qualität das Geld wert sind.
https://fischerwirt.business.site/
Tag 3: Bad Gastein bis Imlau-Pfarrwerfen (ca 60 Kilometer)
Durch Bad Gastein geht es steil bergab. Man kommt am Wasserfall vorbei und kann das morbide Flair des ehemaligen k&k Kurortes auf sich wirken lassen – viele verfallene Gebäude aus dieser Epoche zeugen vom verblichenen Glanz besserer Zeiten. Ab da radelt man fast nur stetig bergab durch das Gasteiner Tal. Die Beschilderung in Bad Gastein und Bad Hofgastein ist sehr lückenhaft, hier muss man sich öfter mal seinen Weg selbst suchen. Abseits der Kurorte findet man im Gasteiner Tal hübsche bäuerliche Orte mit Blumen geschmückten Häusern vor alpiner Kulisse, auch Dorfgastein ist Teil dieser Idylle. Ab Dorfgastein ist die Beschilderung dann lückenlos, man verlässt das Gasteiner Tal zwar auf eigenem Radweg, der sich aber in der selben Röhre wie der 2 Kilometer lange Autotunnel befindet. Ein etwas unangenehmes Gefühl von Lärm und Abgasen auf dem Rad. Nun biegt man bei Taxenbach ins Salzachtal ab und findet ab hier bis Salzburg eine gute Beschilderung mit den Bezeichnungen „Tauernradweg“ und dem Symbol des Eurovelo 7 vor. Man passiert idyllische Landstriche mit noch ein paar wenigen Steigungen dafür schönen Blicken auf den Hochkönig und kommt dann steil hinunter ins eher wenig charmante Schwarzach. Ab hier geht es meist der Salzach entlang via St. Johann im Pongau und Bischofshofen weiter bis Pfarrwerfen. Unterwegs kann man zum Beispiel die Liechtensteinklamm besuchen, was wir aufgrund von Zeitmangel und Maskenpflicht aber ausgelassen haben.
Übernachtet und gegessen haben wir im schönen Landgasthaus Reitsamerhof. Sehr nette Zimmer, toller Garten zum Sitzen, feine schnörkellose Hausmannskost auf der Speisekarte, auch das Frühstücksbuffet von guter Qualität. Freundliche Besitzer, die sehr um unser Wohlergehen bemüht waren.
https://www.reitsamerhof.at/
Tag 4: Von Pfarrwerfen via Golling nach Anif bei Salzburg (Fahrradstrecke ab Golling bis Anif gute 20 Kilometer)
Heute hatten wir den einzigen nicht ganz so schönen Tag erwischt – beim Frühstück schüttete es in Strömen. Wir entschlossen uns daher für einen Besuch in der Eisriesenwelt bei Werfen.
Ab dem Bahnhof Werfen (bzw einem nahegelegenen Busparkplatz direkt an der Zufahrtsstraße) verkehrt ein Shuttle Bus. Für diesen sind hin und retour 7,50 € zu berappen, die direkt in bar beim Fahrer zu zahlen sind. Mit dem PKW kann man auch einen der Parkplätze beim Besucherzentrum ansteuern, die sich allerdings rasch füllen. Dazu fährt man ab Werfen in einer steilen Serpentinenstraße bergauf. Mit dem Rad ist die Auffahrt nur für wirklich geübte Bergfexe zu empfehlen, die Strecke ist sehr stark ansteigend. Am Besucherzentrum erhält man sein Ticket um 29 €, es empfiehlt sich allerdings dringend, dieses online vorher zu reservieren (28€), da der Andrang selbst im Corona Jahr außerhalb der Schulferien groß war und man in normalen Jahren im Sommer sonst wohl vor verschlossenen Türen steht. Mit dem Ticket wandert man 15 Minuten moderat bergauf zur Seilbahn, ab deren Bergstation noch einmal rund 20 Minuten Aufstieg zum Höhleneingang zu bewältigen sind. Die Höhle kann nur im Rahmen einer Führung besichtigt werden (ist ebenso wie die Seilbahn im Ticketpreis inbegriffen), es folgte eine Gruppe nach der anderen. Innerhalb der Höhle mit ihren Eisformationen herrschen Temperaturen auch im Sommer um die 0 Grad, und es sind 700 Stufen bergauf und ebenso viele bergab zu bewältigen. In der Höhle darf nicht fotografiert werden. Sowohl die Höhle als auch das Bergpanorama ringsum sind beeindruckend, der Besuch lohnt sich trotz der vielen Menschen auf jeden Fall. Stärken kann man sich auf der Hütte neben der Bergstation, wo auf einer Panorama Terrasse solide Salzburger Hausmannskost wie Kaspressknödelsuppe oder ausgezeichnet flaumiger Kaiserschmarren serviert werden.
Infos zur Eisriesenwelt hier:
https://www.eisriesenwelt.at/
Wir nahmen dann am Nachmittag den Zug von Pfarrwerfen bis Golling, da der Radweg in dem Abschnitt größtenteils auf der Straße verläuft. Ab Golling bis Anif fährt man in lieblichem Ambiente durch kleine Bauerndörfer.
In Anif bezogen wir Quartier im Boutiquehotel Essigmanngut, das ganz neu und sehr modern, dabei aber sehr gemütlich ist. Gute Ausstattung, gutes Frühstück mit zahlreichen kreativen Variationen die weit über das 08/15 Angebot hinausgehen (dazu nicht passend der Obstsalat aus der Dose). Die Lage des Hotels mehr oder weniger im Nichts direkt an der Autobahnabfahrt Salzburg Süd ist zwar seltsam aber das scheint der Popularität keinen Abbruch zu tun und die Bewertungen sprechen für sich selbst.
https://boutiquehotel-anif.at/de
Nicht weniger strange das Lokal zum Abendessen – dieses liegt am Sportplatz von Anif und sieht auch aus wie eine Kantine, behängt mit zahlreichen Fußballer Bildern und geziert von diversen Pokalen. Allerdings ist diese Kantine ein ausgezeichneter Italiener, der auch von ebensolchen geführt wird, die Qualität der Pizzen und Desserts sowie der Zutaten war hochwertig, sodass man dieses Lokal, das man in 12 Gehminuten ab dem Essigmangut erreicht, sehr empfehlen kann.
http://da-francesco.at/
Tag 5: Anif nach Salzburg und mit dem Zug nach Wien (noch rund 11 Kilometer Radweg)
Wir besuchten auf dem Weg nach Salzburg hinein noch das Schloss Hellbrunn im Süden der Stadt. Dort befinden sich der Zoo, Wasserspiele, ein schöner Schlosspark und, ganz wichtig, der Sound of Music Pavillon. Das Schloss beeindruckte mich weniger, die Wasserspiele in ein paar Grotten sind ganz nett, der sehr gepflegte Schlosspark mit den herbstlich blühenden Dahlien ziemlich schön. In Summe finde ich 13,50€ für den Eintritt allerdings etwas zu viel für das, was man zu sehen bekommt.
https://www.hellbrunn.at/
In Salzburg saßen wir vor unserer Heimfahrt noch an der Salzach in einem netten Lokal. Das Café am Kai kombiniert Ambiente von einst mit jenem von jetzt, es ist ein modernes Lokal mit gemütlichen gepolsterten Sitzgelegenheiten, einer ausführlichen Frühstückskarte und recht guten Snacks wie Wraps oder Flammkuchen sowie einer reich bestückten Torten-und Kuchenvitrine. Wer Salzburger Nockerln oder Käsespätzle sucht, ist hier fehl am Platz, wer sehen will, dass Salzburg nicht nur Sound of Music und Touristenmassen bedeutet sondern auch modern kann, kann hier entspannte Stunden verbringen.
https://www.cafeamkai.eu/