Medellin, Kolumbien, 21.30 Uhr
Heiter, 20 Grad
Mein letzter Tag in Kolumbien! Gestern waren wir am Abend noch etwas weg, es lief ähnlich ab wie am ersten Tag, auch wenn die Location eine andere war. Und ich muss endgültig feststellen: die kolumbianische Art, auszugehen, gefällt mir nicht wirklich.
In Europa haben wir in beinahe allen Ländern so etwas, das ich Trinkkultur nenne. Ich treffe mich mit Freunden, gehe in ein Restaurant, eine Bar, ein Café, ein Pub oder als österreichische Besonderheit zum Heurigen (oder in Italien dann eben in die Osteria, in Frankreich ins Bistrot, in Spanien in die Tapas Bar, in Griechenland in die Taverna etc ). Vorwiegend, um mich mit den Leuten zu unterhalten, im Hintergrund läuft je nach Lokalität eine – hoffentlich angenehme – Musik, und so nebenbei trinkt man eine Flasche Wein oder ein gepflegtes Bier, vielleicht auch mal einen Cocktail. Oder auch zwei. Und wenn es einmal zu viel wird, ist es auch kein Drama, jedenfalls findet das Trinken nebenbei statt, schmeckt gut (und wenn nicht wird das Getränk gewechselt) und ist eine soziale Aktivität. Das fällt für mich unter den Begriff „Trinkkultur“. Hier hingegen gibt es – zumindest unter den normalen Kolumbianern – keine Trinkkultur, sondern nur „Trinken“, genauer gesagt „Saufen“. Sprich, man trifft sich eben, wie schon einmal erwähnt, auf der Straße, steht Stunden lang herum, trifft dabei immer wieder Leute – und betrinkt sich, und zwar möglichst schnell und möglichst billig, am besten mit einer Flasche Rum oder Aguardiente (lokaler Anisschnaps). Sprich, das Trinken steht im Vorder-und nicht im Hintergrund, der Zweck des Ausgehens ist in erster Linie das Trinken und erst in zweiter das Treffen von Freunden und nicht umgekehrt, wie das bei uns im Idealfall stattfindet, wenn man nicht gerade eine pubertäre Teeniephase oder Dauer Midlife Crisis durchlebt. Ja, es gibt auch in den kolumbianischen Städten wie hier in Medellin Zonen mit netten Bars und Restaurants, diese sind allerdings eher der Oberschicht vorbehalten, weil für die normalen Leute zu teuer. Das ist mir in Pereira weniger aufgefallen, da ich im Endeffekt dort mit den Leuten aus dem Hostel, sprich Nicht-Kolumbianern, unterwegs war und dort dann die für mich netten Bars (mit Preisen wie bei uns) genossen habe. Erst hier habe ich diesen Unterschied bemerkt bzw ist er mir hier erst richtig bewusst geworden. Ich verstehe gut, dass Mathias sich in diesem Oberschicht Ambiente nicht wohl fühlt, man will ja nicht zur Elite zählen sondern zu den ganz normalen Menschen. Ihm gefällt das auch, wie es hier abläuft, mir weniger, da bin ich scheinbar doch zu sehr Europäer, und bei uns ist das von mir oben beschriebene Fortgehen ja nicht eines der Elite sondern das, was die Mehrheit praktiziert. So gesehen bin ich gespannt auf Buenos Aires, man sagt, die europäischste Stadt Südamerikas, mit einer umfangreichen Kaffeehaus- sowie Ess-und Trinkkultur.
Heute waren wir dann noch bei Paola. Sie wohnt im Vorort La Estrella, das gehört zwar irgendwie zu Medellin, ist aber trotzdem schon mehr ein Dorf, ein recht normales, und mir war es daher auch gleich wieder sympathisch, mehr als die Stadt selbst. Sie wohnt in einer sehr schönen, gepflegten Anlage, die genauso in den USA oder Australien liegen könnte. Bin mit Mathias noch zu einem Wasserfall gewandert, das war sehr nett, er hat sogar eine kleine Dusche genommen, für mich war das natürlich mit Abstand zu kalt. Paola hat für uns dann noch Ajiaco, ein kolumbianisches Eintopfgericht, gekocht, mal wieder für mich gab es die Koriander freie Extrawurst, denn der grüne Feind hätte eigentlich auch da hinein müssen. Dass man dieses Kraut auch fast nirgends auf diesem Planeten los wird ;-) So war es aber sehr fein…….
Nun naht also der Abschied von Kolumbien. Generell kann ich sagen: ein tolles Reiseland! Und, so komisch das klingen mag, nachdem das Land durch die einseitige mediale Berichterstattung immer noch so ein negatives Image hat: es ist ein ideales Land für Südamerika Einsteiger, ein paar zumindest einfache Spanischkenntnisse vorausgesetzt. Die Infrastruktur funktioniert sehr gut, Binnenflüge, Busverbindungen sind gut organisiert, Internet fast flächendeckend vorhanden, in den Städten kann man sogar das Wasser aus der Leitung trinken, man hat Supermärkte mit Allem, was man braucht, Bankomaten, weitgehende Akzeptanz von Kreditkarten, und wenn man sich nicht gerade in zwielichtige Stadtteile begibt oder sich besonders dumm verhält, ist es für lateinamerikanische Verhältnisse auch relativ gefahrlos zu bereisen (außer am Abend in Bogotás Altstadt habe ich mich nirgends unsicher gefühlt). Es gibt auch nette Cafés und Restaurants, die für uns Europäer problemlos leistbar sind, wenn wir mal genug vom bodenständigen Lokalkolorit haben. Kurzum, es gibt nichts, worauf man verzichten muss, und der Standard ist im Vergleich vor Allem zu Afrika um Vieles höher.
Die Landschaft ist abwechslungsreich und wunderschön, ebenso wie die kolonialen Dörfer, die Menschen sind freundlich, bis auf Cartagena unaufdringlich und es gab Niemanden, der versucht hat, mir Wucherpreise zu verrechnen oder mich übers Ohr zu hauen, es wurden immer die Preise verlangt, die im LP als Richtpreise angegeben wurden – also ein wirklich angenehmer Kontrast zu Asien zum Beispiel, wo man dauernd herum feilschen muss. Dass die Frauen auch noch wunderschön sind, zumindest in größerer Dichte als ich es sonst bisher irgendwo gesehen hätte, ist ja jetzt auch kein Geheimnis mehr ;-) Die Großstädte haben mir persönlich nicht so viel gegeben, insbesondere Bogotá, aber auch Medellin nicht wirklich. Cartagena ist als Stadt für mich das einzige Must-See, wenn auch touristisch. Also jederzeit gerne wieder nach Kolumbien, leben könnte ich hier allerdings dann glaube ich doch nicht. Die Lebensweise ist, wenn auch weniger fremd als in Asien oder Afrika, doch zu verschieden der unsrigen.
Jetzt aber auf nach Argentinien, ich bin schon gespannt, was mich dort erwartet. Auf jeden Fall mal ganz ungewohnter Weise ein Montag-Freitag 9-16 Uhr Leben, das sind nämlich die täglichen Schulzeiten….. für mich ist diese Regelmäßigkeit ja auch etwas Außergewöhnliches, somit passt das eh gut in den Urlaub ;-) Morgen früh geht es los mit COPA Airlines via Panama……..ich sollte in meiner Gastfamilie WIFI haben, bis dahin hasta pronto!