Bei allen Gemeinsamkeiten dies-und jenseits der offenen Grenzen bestehen doch weiterhin bedeutende kulturelle Unterschiede. Abgesehen von den Sprachen, sehen die Häuser ganz anders aus, die Bäckereien sind genauso komplett verschieden wie die Mentalität der Leute.
Kulinarisch trennen Deutschland und Frankreich nach wie vor Welten. In Deutschland gibt es gemütliche Gaststuben und Wirtshäuser mit solider Küche, die selten schlecht sind aber abseits teurerer Restaurants auch selten wahre Glanzlichter setzen. Ein Flammkuchen, der hier wirklich überall erhältlich ist und ursprünglich aus dem Elsass kommt, ist dabei stets eine gute Wahl. Man findet in den Winzerorten auch sogenannte „Straußwirtschaften“, die nicht dafür stehen, Straußenfleisch Spezialitäten anzubieten wie so manch einer unserer Radgruppe angenommen hatte ;-), sondern schlichtweg das Pendant zu unseren Heurigen bzw Buschenschenken darstellen, der Strauß symbolisiert, dass „ausg’steckt“ ist. Essensmäßig gibt es hier herzhafte Winzerjausen, die qualitativ nicht mit unseren Heurigentellern mithalten können. Auch ist der Moselwein Geschmacksache, vorwiegend wird Riesling angebaut, oft werden süßlich-liebliche Tropfen angeboten, dann wieder viel zu herbe – ich wurde hier was Wein betrifft nicht sehr glücklich. Wenn man so wie wir zuerst in Frankreich war und dann über die Grenze kommt, so schmeckt der deutsche Käse wirklich langweilig, Ostfrankreich erfreut mit herzhaften Sorten wie Munster oder Reblochon und einer feinen Variation würziger Ziegenkäse, die deutschen Scheibenkäse ziemlich blass aussehen lassen. Nach Eclaire, diversen Tartes, Macarons und frischen Pains au chocolat in französischen Patisserien finde ich dann auch deutsche Bäckereien mit Streuselkuchen nicht gar so spannend. Nun ja, was auf deutscher Seite definitiv besser ist, ist das Frühstück, ähnlich wie bei uns gibt es hier mehr Sortenvielfalt beim Brot, und es fällt im Durchschnitt auch einfach umfangreicher aus. Wenngleich unser einziges französisches Frühstück trotzdem sehr fein war, mit Baguette und Croissants frisch vom Bäcker, mit gutem Käse und Joghurt.
Luxemburg ist eine witzige Mischung aus beidem. Kulinarisch definitiv näher beim Französischen, ist das kleine Land dreisprachig. Es hat auch die 3 Amtssprachen Letzebuergisch (eine seltsame Mischung irgendwo zwischen Althochdeutsch und Niederländisch), Französisch und Deutsch. Aufschriften sind selten in allen 3 Sprachen verfasst sondern meist nur in einer der 3, nach welchem Muster sie eingesetzt werden, hat sich mir nicht ganz erschlossen, Dinge sind mal so mal so angeschrieben. Luxemburgs Bürger sind somit allein schon sprachtechnisch von Anfang an dazu verdammt, kosmopolitisch zu sein, ein Riesenvorteil wie ich finde.
Alle 3 Länder verwenden den Euro. Was Kreditkarten betrifft, so sind Deutschland und Frankreich aber weiterhin wie Tag und Nacht. Während in Frankreich selbst auf den meisten Marktständen und in kleinsten Cafés und Bäckereien fast überall nur mit Plastik bezahlt wird, ist Deutschland diesbezüglich nach wie vor, trotz leichter Besserungstendenzen, auf Steinzeitniveau. Denn abseits großer Hotels oder teurer Restaurants und Geschäfte muss man nach wie vor fast immer bar bezahlen, man kann sich nie darauf verlassen, ob die Karte akzeptiert wird oder nicht. Ein Unikum im entwickelten Europa. Deshalb ist es ratsam, immer mindestens 50 Euro Bargeld bei sich zu haben, wenn man in Deutschland unterwegs ist, denn es könnte jederzeit sein, dass selbst für eine größere Ausgabe keine Karte akzeptiert wird. Luxemburg lehnt sich auf dem Gebiet eindeutig mehr an den französischen Standard an als an den deutschen.
Was das Wetter betrifft, hatten wir Glück im Unglück. Die Vorhersagen waren abgesehen vom Anreisetag desaströs gewesen, wir kamen aber zum Großteil mit ein paar kurzen Regengüssen davon und konnten uns währenddessen unterstellen bzw saßen gerade beim Essen, ansonsten radelten wir bei wechselnd bewölktem Himmel mit sonnigen Auflockerungen bei eher herbstlich anmutenden Temperaturen um die 20 Grad friedlich dahin.
Nun zum Moselradweg. Von Metz bis Koblenz sind es rund 310 Kilometer, wovon sich nur die ersten gut 60 auf französischer Seite befinden. Während Metz sehr sehenswert ist, ist der französische Teil der Strecke zum Großteil recht langweilig. Die Mosel (in Frankreich la Moselle) führt hier durch recht abgewirtschaftete Industriegegenden, der Radweg entlang von Kanälen, Kohlehalden und teilweise stillgelegten Hochöfen sowie eines Atomkraftwerks. Auch strahlen die Dörfer hier mehr Morbidität als Charme aus – die Glanzzeit dieser Gegend ist augenscheinlich vorüber. Erst in den letzten 10 Kilometern vor der Grenze beginnt sich das Landschaftsbild langsam zu wandeln, und Weinreben lösen die Kohlegruben ab. Nachdem man die Grenze passiert hat, bildet die Mosel für eine Weile den Grenzfluss zwischen Deutschland und Luxemburg, man kann wahlweise an beiden Ufern fahren und auf zahlreichen Brücken die Seite wechseln. Empfehlenswerter ist die deutsche Seite, in Luxemburg ist der Radweg meist nur Straßen begleitend. Knapp vor Trier biegt die Mosel dann endgültig nach Deutschland und windet sich in unzähligen Kurven und Schlingen durch romantisches Weinbergland, gesäumt von zahlreichen hübschen Fachwerkdörfern. Ich finde ja, dass Deutschland für ein Land seiner Größe nicht unbedingt strotzt vor landschaftlichen Highlights sondern in weiten Teilen von einer eher eintönigen Wald-Hügel-Wiesen-Szenerie geprägt wird. Das Moseltal ist aber bestimmt eine der schönsten Gegenden unseres Nachbarlandes und auf jeden Fall einen Besuch wert!
Nun noch eine Übersicht über unsere Etappen mit ihren Höhepunkten und ein paar Restaurant-und Unterkunftsempfehlungen.
Der Anreisetag
Erfolgte mit dem Nightjet der ÖBB direkt von Wien in rund 10 Stunden nach Koblenz. Immer Ausschau halten nach Sparschiene Angeboten, die gibt es für die gesamte Strecke ab 39 EUR pro Person! Fahrräder sind auf den Zügen reservierungspflichtig (internationale Fahrradkarte um 12 EUR). Ab Koblenz verkehrt stündlich ein Zug nach Luxemburg (Fahrzeit rund zweieinhalb Stunden). Dies sind Regionalzüge der luxemburgischen Bahn, auf denen die Fahrradmitnahme möglich ist, allerdings ist dafür erneut eine internationale Fahrradkarte um 10 EUR zu lösen. Es empfiehlt sich, werktags nach 9 Uhr zu fahren, da kann man für die deutsche Strecke das günstige Rheinland-Pfalz-Ticket lösen, am Wochenende ist dies ganztags möglich. Zu den Uhrzeiten ist die Fahrradmitnahme in den Regionalzügen sowohl in Deutschland als auch in Frankreich gratis, das Ticket muss leider ausschließlich für die kurze Strecke in Luxemburg gelöst werden. Etwas kompliziert und unübersichtlich, am besten die Tickets am Schalter kaufen! Von Luxemburg nach Metz verkehrt jede halbe Stunde ein Zug, Fahrzeit eine knappe Stunde.
Luxemburg: die gleichnamige Hauptstadt des kleinen Großherzogtums ist bekannt für Banken und hohen Lebensstandard, hat aber auch mehr zu bieten. Luxemburg liegt nett, die Oberstadt ist umgeben von einer gewaltigen Festungsanlage, die von zahlreichen Viadukten überspannt wird. Während wir die Altstadt als ganz okay einstuften, gefiel uns die Unterstadt (Ville Basse, Grund) ausgezeichnet, hier am Fuße der großen Stadtmauer wirkt die Atmosphäre fast dörflich, bei dem warmen Wetter an diesem Tag laden kleine Plätze bei einem kühlen Bier zum Verweilen ein.
Metz: die Hauptstadt Lothringens war eine Industriestadt, das Zentrum hat sich aber gemausert und ist äußerst sehenswert. Hübsche Häuser, die gewaltig große gotische Kathedrale St. Etienne mit sehr schönen bunten Fenstern von Marc Chagall, ein Appetit anregender Markt mit einer Käseauswahl zum Niederknien und hübsche und lebhafte Plätze wie vor allem die Place St. Jacques mit zahlreichen Cafés machen die Stadt sehr angenehm und sympathisch.
Lokaltipp für Metz: La Robe des Champs
Herzhafte Küche aus Lothringen mit Gratins, Flammkuchen in allen möglichen Variationen und Geschmacksrichtungen, dazu wunderbarer Käse, guter Rotwein und weitere Klassiker wie Mousse au chocolat oder Crème Brulée. Man sitzt nett mitten auf der Place St. Jacques und genießt das Leben. Menü mit Hauptgericht, Salat, Dessert und einem Glas Wein um 18 EUR mehr als fair! Ein paar Eindrücke auf Tripadvisor.
https://www.tripadvisor.at/Restaurant_Review-g187164-d1322534-Reviews-La_Robe_des_champs-Metz_Moselle_Grand_Est.html
1. Etappe: Metz – Perl (D) – 63 km
Wie schon erwähnt, ist der französische Abschnitt nicht besonders spannend, triste Dörfer, die schon bessere Zeiten gesehen haben, Kanäle, Hochöfen, Kohlegruben. Ab Thionville bis zur Grenze wird die Landschaft netter. An der französisch-deutschen Grenze steht ein sympathischer offener Bücherschrank sowie eine 9 Meter hohe Nachbildung des Eiffelturms. Unmittelbar dahinter liegt der deutsche Ort Perl. Der Ort im Saarland selbst bietet keine besonderen Höhepunkte.
Unterkunftstipp für Perl: Haus und Hof
Wunderschön modern eingerichtete Ferienwohnung, mit Allem, was das Herz begehrt. Auch sehr gutes Frühstück. Das Haus hat auch ein Restaurant dabei, das allerdings leider an dem Abend, an dem wir dort waren, geschlossen hatte.
https://hausundhof-sehndorf.de/de/start-responsive/
2. Etappe: Perl – Trier – 52 km
Von Perl überschritten wir die Mosel ins luxemburgische Schengen, wo man ein Europadenkmal besichtigen kann, ansonsten ist der Ort zwar bekannt geworden aber dennoch ein kleiner Winzerort geblieben. Weiters besuchten wir das ganz nette Remich, ebenfalls auf luxemburgischer Seite. Durch hübsche Gegend dann auf deutscher Seite weiter bis Trier.
Trier: sehr nette Altstadt, schöner Dom, römisches Stadttor aus dem 2. Jahrhundert (Porta Nigra).
Lokaltipp für Trier: Domstein
Super nett zum Sitzen, wahlweise draußen am Hauptmarkt oder mit Blick auf den Dom. Alte römische Rezepte als Besonderheit, Verkostungsangebote von Moselweinen. Gute Küche und sehr freundlich.
http://domstein.de/
3. Etappe: Trier – Bernkastel-Kues (63 km)
Man radelt gemütlich entlang etlicher Moselschlingen durch ruhige kleine Winzerorte.
Bernkastel-Kues: ein Ort der sich aus den beiden genannten Ortsteilen zusammensetzt und sich links und rechts der Mosel ausbreitet. Während Kues links des Flusses mehr der „normale“ Wohnteil des Ortes ist, ist Bernkastel wohl das Touristenklischee eines Muster-Fachwerksdorfes an der Mosel. Fast wie eine Kulisse wirkt der malerische Ort, es empfiehlt sich eine Wanderung hinauf zur Burg, um einen schönen Ausblick auf das Moseltal zu genießen. Am Abend wirkt der Ort wie ausgestorben. Kitschig-schön!
4. Etappe: Bernkastel-Kues – Beilstein (67 km)
Weiter durchs Moselidyll. Ein besonders nettes Dorf unterwegs ist Ediger, das man erst auf den zweiten Blick jenseits der Moselpromenade entdeckt.
Besonders nett für Kaffee und Kuchen ist das Weincafé Springiersbacher Hof – super netter Garten in dem mittelalterlichen Ort, unbedingt die „Feuerwehrtorte“ (Nüsse, Ribiselmarmelade, Schlagobers, Zimt) probieren – saftig, gut und mal was Anderes!
http://ediger-mosel.de/einkehren-geniessen/weincafe-restaurant/
Beilstein: ein weiteres Beispiel eines perfekten Mosel Ortes. Die Häuser kleben um die gepflasterten mittelalterlichen Gassen aneinander und bilden eine traumhafte Kulisse, um den Abend in einem der zahlreichen Restaurants an der Moselpromenade zu genießen!
5. Etappe (Abreise): Beilstein – Koblenz (62km)
Hier mussten wir Wetter bedingt leider passen, Dauerregen hätte einen entspannten Radtag unmöglich gemacht. Der Radweg führt hier aber fast immer entlang der Straße und wäre ohnehin nicht besonders interessant gewesen. Stattdessen machten wir eine einstündige Schiffsfahrt auf der Mosel bis Cochem (etwas touristisch, aber die Reichsburg ist sehenswert!) Und nahmen von Cochem nach Koblenz wieder den Regionalzug. Sehenswert in Koblenz, jener Stadt, in der die Mosel inden Rhein mündet, ist das sogenannte „Deutsche Eck“, sprich genau der Mündungspunkt. Dieser ist von den schön gestalteten Promenaden an Rhein und Mosel flankiert. Die Altstadt von Koblenz ist ganz nett aber auch nicht herausragend.
Ein Lokaltipp noch in Koblenz, wo wir unseren letzten Abend verbrachten: La Guarida
Spanisches Tapas Restaurant. Gute Essensqualität mitten in der Altstadt, schmackhafte spanische Tapas, dazu guter Hauswein (Rioja), für mich eine Erlösung nach dem Moselwein!
http://guaridakoblenz.de/
Es folgte dann in der Nacht wieder die Rückfahrt nach Wien, die wir mit weit über 2 Stunden Verspätung beendeten (12 Stunden im Zug!) und die schon etwas anstrengend verlief.
Wie immer waren es nette Tage mit meinen Freunden Peter, Harry und Martin, die wir inzwischen eine eingefleischte Radtruppe darstellen. Auch wenn wir unterschiedliche Charaktäre sind, Martin vor Allem bei Tiersichtungen zu strahlen beginnt, während Peter bis über beide Ohren grinst, wenn er sich an der 10. Süßspeise des Tages erfreut und sich genussvoll ein Cookie oder Eis einverleibt, Harry Alles, selbst dichteste Regenfälle, in sonnigem Positivismus ertränkt und mir immer noch kalt ist, während die 3 anderen schon schwitzen, so ergänzen wir uns doch perfekt und fügen uns alle Jahre wieder zu einem harmonischen Team zusammen, das wieder ein Stück der Welt mit dem Rad für sich entdeckt. Es kann nichts Schöneres geben! Wo immer es nächstes Jahr hingehen wird, ich freue mich jetzt schon wieder!