Da mir ja stets ein gewisser Sarkasmus zu eigen ist, bin ich mit dem Vokabel "post-pandemisch" sehr vorsichtig. Die letzten Meter fühlten sich über den Sommer oft an wie ein Langstreckenlauf, an dem man auf der Stelle trat. Und trotzdem ist das Gefühl jetzt irgendwie da - es könnte langsam zu Ende gehen. Die steigenden Infektionszahlen betreffen fast nur noch Ungeimpfte, und irgendwie scheinen sie niemanden mehr so richtig zu beunruhigen - in manchen Ländern wurde aufgrund hoher Durchimpfungsrate bereits geöffnet, und so ganz zugemacht wie im letzten Jahr wird wohl auch hierzulande nicht mehr werden.
Ein Land mit hoher Durchimpfungsrate ist auch Jordanien. Und genau dorthin führte mich - überraschend aus dem Bereitschaftsdienst - meine erste kleine Tour außerhalb Europas. Nach 16 Monaten, in denen ich unseren Kontinent nicht mehr verlassen hatte, hatte es fast einen Hauch von Abenteuer, wieder durch einen arabischen Soukh zu spazieren, den Geruch von Gewürzen und orientalischen Kräutern wahrzunehmen und die fremde Geräuschkulisse - in einer Symphonie aus Marktgefeilsche, Muezzin Gesängen und Auto Gehupe - zu erleben. Anders ist das Leben - und genau das habe ich auch vermisst.
Es war alles ein Zufall. 4 Tage sollte mein Standby Block dauern - und mit einem Schlag gingen diese 4 Tage in einer Amman Rotation mit 3 Nächten Aufenthalt auf. Traurig war ich darüber nicht. In Jordanien war ich schon gewesen, und so ließ ich auch die Tagestour nach Petra aus, die der Rest der Crew an Tag 1 unternahm. Amman hatte ich damals aber nicht gesehen und mich ganz dem Süden des Landes gewidmet. So also spazierte ich den ganzen Tag durch Jordaniens Hauptstadt. Sie hat wenige klassische Sehenswürdigkeiten - eine Zitadelle wo Zeugnisse verschiedener Epochen zu bewundern sind, eine römisches Amphitheater - und ansonsten ein paar Moscheen, die sich im endlosen Häusermeer, das sich über zahlreiche Hügel erstreckt, verlieren. Amman ist bestimmt keine schöne Stadt im klassischen Sinn. Aber irgendwie eine sympathische. Wie schon im Zuge meiner Jordanien Reise vor 3 Jahren schätzte ich auch diesmal die ausnehmend höfliche und freundliche - und für arabische Verhältnisse sehr zurückhaltende - Art der Menschen. Nie wird man belästigt, weder wenn man durch den Bazar spaziert, sich in Ruhe die vielen Wandmalereien ansieht, noch wenn man sich in netten Cafés auf einen wunderbaren frischen Minz-Zitronen-Saft hinsetzt. Amman ist auch nicht klinisch sauber - das Müllproblem ist evident. Aber die Athmosphäre ist trotzdem angenehm, nach einem sehr langen Tag war ich sehr viel marschiert - ausschließlich auf und ab, denn es gibt in Amman so gut wie keine ebene Fläche. Die Temperaturen waren für mich perfekt - blitzblauer Himmel, tagsüber um die 30, nachts kühlt es aufgrund der Lage auf 800 Metern Seehöhe doch auf rund 15 ab und wird frisch. Dazu ist die Luft staubtrocken. Müde war ich dennoch, als ich den Tag beendete - und ihn mit einem wunderbaren Essen in einem herrlichen Garten Restaurant krönte. Die Küche Jordaniens war wieder ein Traum, die Frische, die Geschmackskombinationen, einfach herrlich - und das grüne Zeug auf den Gerichten ist hier praktisch immer Petersilie oder Minze, sodass auch für mich keine Gefahr besteht, dass das kulinarische Erlebnis im koriandrischen Desaster endet :-). So hatte ich den perfekten Tag erlebt - Wetter, Essen, die fremde Umgebung. Ich wusste sofort, was ich vermisst hatte - das Unbekannte, das Aufregende. Ich war in der Fremde, und doch fühlte ich mich sofort wieder daheim - auf meinem schönen Planeten.
Am zweiten Tag unternahm ich dann mit meinen Kolleginnen und Kollegen eine Tagestour an das Tote Meer. Mit einem Salzgehalt von 33% ist es wirklich tot - und der tiefste Punkt der Erde mit zirka 400 Metern UNTER dem Meeresspiegel. Ich war schon auf der israelischen Seite dieses Salzsees, der ja kein Meer ist, gewesen, die jordanische ist aber mit mehreren Resorts wesentlich mehr erschlossen. Im Gegensatz zu Amman ist es hier entsprechend heiß, tagsüber waren es schon an die 37 Grad, ein heißer Wüstenwind umwehte uns, und auch die Wassertemperaturen sind nicht einmal für mich mehr erfrischend - aber hier geht es ja primär um das gesunde Salz auf der Haut und das legendäre auf dem Wasser-Sitz-Foto. Im Schatten im warmen Wind war es dazu trotzdem angenehm, wir aßen auch hier gut, und auf dem Weg hatten wir vom Mount Nebo wie einst Moses auf das "Gelobte Land" geblickt, das eine staubtrockene Steinwüste ist.
Eindrücklich waren diese beiden Tage und 3 Nächte gewesen. Ich hoffe, das war der Anfang - nicht vom Ende sondern von meinem Comeback als Globetrotter. Irgendwie habe ich das Gefühl, es war ein Startschuss, vor Allem, weil ich spontan auch 3 Wochen Urlaub in den November vorgezogen habe, die Größeres schon absehbar machen könnten. Auch wenn ich am Toten Meer war, am Meer war ich immer noch nicht 2021. Das muss isch ändern. Ich glaube, es liegt Schönes vor mir. Bauchgefühl - und mein Bauch ist ja bekanntlich nicht so klein ;-) Das post-pandemische Leben - möge es wirklich vor der Türe stehen. Ich bin bereit!!
Zu Amman nur ein paar Kurzinfos und Tipps....
- Fortbewegen kann man sich in der 2 Millionen Stadt per Taxi oder auch Uber - beides ist sehr günstig. Es gibt keine U-Bahn, und mit dem Bus-Netz muss man sich inklusive der arabischen Schriftzeichen erst zurechtfinden. Wer Höhenmeter nicht scheut, kann auch viel zu Fuß erledigen, das Zentrum ist kompakt, und man schlendert von Hügel zu Hügel.
- Die meisten Dinge sind auch auf Englisch angeschrieben, sodass man nicht verloren ist, wenn man die arabische Schrift nicht lesen kann. Auch sprechen viele Leute zumindest ein wenig Englisch, die gerne weiterhelfen.Amman ist nicht sehr stark touristisch geprägt, dafür erlebt man eine freundlich authentische jordanische Stadt.
- Frauen sind in Amman wesentlich präsenter als ich es vom Rest des Landes in Erinnerung gehabt hatte. Wie immer, ist die gesellschaftliche Entwicklung in Großstädten etwas weiter fortgeschritten, speziell in den besseren Stadtteilen sieht man viele jüngere Frauen ohne Kopftücher, die ganz normal am Leben teilnehmen wie es bei uns auch üblich ist. Auch arbeiten viele Frauen in den Geschäfen, Hotels, Banken, sind gut gebildet und man kann sich auch ganz offen und normal mit ihnen unterhalten. Jordanien wirkt entspannt - sicher ein Land, das den Spagat zwischen traditionellem muslimischem Leben und der Welt des 21. Jahrhunderts besser meistert als so mancher Nachbarstaat. Bei aller Toleranz, sollte man als Tourist trotzdem ein wenig Respekt zeigen und sich dezent kleiden, man muss sich nicht tief verhüllen, aber Knie und Schultern sollten - bei beiden Geschlechtern und allen irgendwo dazwischen - bedeckt sein. Dreiviertelhosen sind kein Problem.
- Jordanien ist kein Billig Reiseland. Aber die meisten Dinge sind immer noch preiswerter als bei uns, speziell wenn man sie in kleinen Geschäften und auf Märkten kauft. Ein Mix aus ein wenig Bargeld für Kleinigkeiten und Kreditkarten für größere Ausgaben oder Restaurants empfiehlt sich. Der Jordanische Dinar steht zum Euro knapp 1:1.
- Die Corona-Situation in Jordanien ist gut. Die Durchimpfungsrate ist hoch, entsprechend wurden sehr viele der ursprünglich recht strengen Regeln gelockert. Maske muss in Geschäften und Hotels weiter getragen werden, je westlicher und höherpreisig das Ambiente, umso mehr wird die Regel befolgt. 3G Nachweise für Eintritte sind aber unbekannt. Lokale und Unterkünfte sind wieder ohne Einschränkungen geöffnet, wie bei uns stehen überall Flaschen mit Gel für die Handdesinfektion bereit. Für die Einreise nach Jordanien ist aktuell immer noch ein negativer PCR Test erforderlich (max. 72 Stunden), bei der Ankunft am Flughafen erfolgt zusätzlich noch ein Antigen Schnelltest, der für vollständig Geimpfte entfällt. Die normalen Visabestimmungen für Jordanien (on arrival oder via Jordan Pass) sind weiterhin gültig. Wie immer - tagesaktuell informieren! Jordanien steht in Österreich übrigens seit Mitte September auf der Liste der sicheren Staaten, sodass ein einfacher 3G Nachweis ohne weitere Registrierung für die Rückkehr genügt.
- Ein paar Lokaltipps...
Yafa Café - richtig gemütliches kleines Café mit frischen Säften auf dem Weg zum angesagten Jebel Al Weibdeh. Unbedingt einen kurzen Stopp einlegen.
https://www.facebook.com/YafaForHerbalDrinks/
Rumi Café - ebenso am Jebel Al Weibdeh, sehr trendy, immer gut besucht. Meine Rezeptionistin empfahl es mir - sie meinte, bevor sie zu arbeiten begonnen hätte, wäre sie "jeden Tag dort gewesen". So scheinen es viele Ammanerinnen und Ammaner zu handhaben - angenehm, hier etwas zu trinken unter Einheimischen und das Leben ein wenig zu beobachten.
https://twitter.com/rumicafejo
Majdoline Restaurant - ein libanesisches Restaurant mit herrlichem Garten und wunderbarer Küche in der Nähe des "dritten Circles". Hier kann man sich durch die Karte schlemmen - bei für uns immer noch moderaten Preisen. Wenn man als Gruppe hier essen möchte - ohne Reservierung eher chancenlos.
https://www.facebook.com/majdolinerestaurant/
- Zum Übernachten: wir waren hier im Grand Hyatt untergebracht, einem sehr schönen Hotel mit tollem Frühstücksbuffet und angenehmer Terrassenbar in der Nähe des 3rd Circles. Wäre privat aber wohl über meinem Budget - und man kann auch in Amman bestimmt fündig werden in kleinen Guesthouses oder via Airbnb. Ich würde als Standort den Jebel Al Weibdeh oder die Rainbow Street empfehlen - hier gibt es viele nette Cafés und Restaurants, die sich anbieten. Klassisches Nachtleben gibt es kaum, teure Clubs in den internationalen Hotels oder ansonsten Shisha Bars. Wer mit gutem Essen und netten Cafés zufrieden ist so wie ich wird bestimmt fündig.