Dazu kam schon lange der Wunsch, einmal die Strecke von Oslo nach Bergen mit dem Zug zurückzulegen, gilt diese Route doch als eine der schönsten Zugstrecken Europas. Zu Recht, wie ich jetzt weiß. In 7 Stunden kann man die Landschaft Südnorwegens erleben, passiert Wälder, Seen, Orte mit bunten Holzhäusern, dazwischen Fjorde und als Highlight die raue Hochebene der Hardangerviddar mit ihren Gletschern. Und steigt am Ende aus in Bergen, Norwegens zweitgrößter Stadt, am Atlantik gelegen und berühmt für ihre vielen Holzhäuser und letztendlich auch dafür, die regenreichste Stadt Europas zu sein.
Das mit der regenreichsten Stadt bekamen wir zwar noch nicht bei unserer Ankunft direkt zu spüren, denn da war sogar ein wenig die Abendsonne draußen und tauchte die Silhouette der bunten Holzhäuser am Hafen in ein zauberhaftes Licht, aber an unserem zweiten Tag schüttete es dann mal Stunden lang in Strömen. So stark, dass wir trotz Regenschirmen binnen 5 Minuten komplett bis auf die Socken durchnässt waren und einen halben Tag lang bei einer wärmenden Tasse Tee in unser Quartier flüchteten. Die Bergener sehen ihr Klima mit Humor und einer Portion Selbstironie – sie sind im überwiegenden Fall sehr gut drauf und meinen, gute Laune kompensiere dann doch ein wenig das Wetter und helle das Gemüt auf, das durch die Natur nicht gerade begünstigt wird. Eine gute Lebenseinstellung, die man als Besucher wohlwollend wahrnimmt. Auch sonst ist Bergen sehr sympathisch, seine schmalen Gassen und pittoresken Holzhäuserzeilen sorgen für ein sehr stimmungsvolles Ambiente, das man in idyllischen Spaziergängen oder bei frischem Fisch und Meeresfrüchten besonders gut auf sich wirken lassen kann.
An unserem letzten Tag hatten wir sogar noch kurz Glück, als wir am Aussichtspunkt auf dem Floyen standen und sich nochmal ein paar Sonnenstrahlen durch die hartnäckige Wolkendecke durch kämpften. In diesem Licht tat sich eine traumhafte Aussicht auf Bergen und seine vorgelagerten Inseln und Fjorde auf. Auch wenn es natürlich dann bald wieder komplett zuzog, jeder Sonnenstrahl wird hier dankbar inhaliert, und man wird ja bescheiden mit der Zeit.
Generell kann ich festhalten – auch wenn ich mit dem Klima im wahrsten Sinne des Wortes nicht warm werde, gefällt es mir trotzdem sehr gut im hohen Norden. Einen längeren Urlaub würde ich dennoch hier nicht verbringen wollen, denn ich fühle mich im nasstrüben Wetter auf die Dauer einfach nicht wohl und das Grau deprimiert mich schnell, das kann ich drehen und wenden wie ich will. Wenn schon feucht dann wenigstens warm! ;-) Für Kurzurlaube kehre ich ob der grandiosen Natur aber sicher sehr gerne jederzeit nach Skandinavien zurück, das ist der Kompromiss, den ich mit mir selbst geschlossen habe!
Im Folgenden wieder meine Reiseinfos zu Südnorwegen
- Land und Leute
Ganz Norwegen hat rund 5,3 Millionen Einwohner, die sich auf einer Fläche von knapp 324.000 Quadratmetern verteilen (knapp viermal die Fläche Österreichs). Es ist extrem dünn besiedelt, abseits der südnorwegischen Ballungszentren fast menschenleer im polaren hohen Norden. Oslo ist die größte Stadt und Hauptstadt des Landes mit aktuell 730.000 Einwohnern, Bergen ist mit 280.000 die zweitgrößte Stadt. Die Bevölkerungszusammensetzung ist heterogener als man es annehmen würde, in den Städten trifft man nicht nur auf hünenhafte Wikinger sondern regelmäßig auf Einwanderer aus afrikanischen oder orientalischen Ländern, die für ein buntes Erscheinungsbild sorgen. Das Schreckgespenst der nationalistischen Idioten, die in immer mehr Ländern des Westens auf dem Vormarsch sind, die Einwanderung immer nur einseitig von der problematischen und nie von der bereichernden und horizonterweiternden Seite wahrzunehmen im Stande sind. Für mich ist es immer dort spannender, wo es verschiedene Kulturen gibt, sodass ich Menschen anderer Hautfarben auch in Oslo als Pluspunkt wahrnehme.
- Herumkommen und Verkehr
Es gibt mehrere internationale Flughäfen in Norwegen, jener von Oslo (OSL) liegt in Gardermoen gut 40 Kilometer nördlich der Hauptstadt, von Wien aus ist er mit Austrian Airlines 2 Mal täglich direkt zu erreichen. Bergens Flughafen (BGO) liegt rund 15 Kilometer südlich der Stadt, abgesehen von einzelnen Charterverbindungen ist er ab Wien aber nur mit Umsteigen erreichbar. Dadurch, dass aufgrund der Topographie ein schnelles Vorankommen auf Straße und Schiene oft nur schwer möglich ist, spielen Inlandsflüge aufgrund der Distanzen eine wichtige Rolle. OSL und BGO sind beide hochmoderne Flughäfen, großzügig gestaltet und durch ihre offenen Räume Plätze zum Wohlfühlen. Da könnte man sich bei uns mehrere Scheiben abschneiden, was architektonische Gestaltung betrifft!
Das Eisenbahnnetz ist in Norwegen im Süden nicht schlecht ausgebaut, für Hochgeschwindigkeitsstrecken fehlen aber aufgrund des zerklüfteten und zerfurchten Terrains oft die geographischen Voraussetzungen. So ist selbst die gut 470 Kilometer lange Strecke zwischen Oslo und Bergen über weite Strecken nur eingleisig ausgebaut und die Fahrt auf ebendieser mit 7 Stunden nicht gerade kurz. Dafür aber umso kurzweiliger, denn die Landschaft ist spektakulär, und hier ist eindeutig mehr der Weg das Ziel. Für mich vergingen die 7 Stunden sehr schnell.
Autobahnen gibt es nur um Oslo herum, ansonsten herrscht wenig Verkehr, und kurvige Landstraßen sind die Regel. Gemächliches Tempo, nicht zuletzt auch geschuldet der rigorosen Verkehrsstrafen und der limitierenden geographischen Faktoren, ist die Norm. Hohe Citymauten verhindern sowohl in Oslo als auch in Bergen zu viel Autoverkehr in den Innenstädten.
Innerhalb Oslos verkehren U-Bahn (T-Bane), Züge, Straßenbahnen und Busse, in Bergen wird der Verkehr mit Bus und Bim abgewickelt.
- Einreise
Norwegen ist zwar nicht EU Mitglied aber doch Mitglied des Schengenraums, weswegen es bei der Einreise keine Grenzkontrolle gibt. Ein gültiges Reisedokument ist aber mitzuführen.
- Infrastruktur und Strom
Norwegen ist eines der reichsten Länder der Welt, entsprechend ist auch die Infrastruktur auf Top Niveau. Obwohl Norwegen nicht EU Mitglied ist, kann auch hier das Gratis Datenroaming genutzt werden, sodass man jederzeit ohne Zusatzkosten online sein kann. Dazu bieten fast alle Unterkünfte inkludiertes WLAN an. Steckdosen gibt es dieselben wie bei uns. Lebensmitteleinkäufe gestalten sich in den Städten sehr einfach, Supermärkte (REMA2000, Kiwi Minipris und weitere) sowie auch Convenience Stores (Narvesen, 7 Eleven, Deli de Luca) finden sich an jeder Ecke und sind sowohl am Sonntag als auch bis spät am Abend geöffnet.
- Sprache
Amtssprache in Norwegen ist Norwegisch. Da diese nur von den 5,3 Millionen Einwohnern gesprochen wird und zudem Spielfilme nie synchronisiert werden, sind gute Englischkenntnisse hier Standard, denn kein Norweger geht davon aus, dass irgendein Tourist seine Sprache beherrschen würde. Dazu sind die Einwohner sehr reiseaffin und sich dessen bewusst, dass man außerhalb Skandinaviens mit Norwegisch nicht sehr weit kommen wird. Mit diesem Selbstverständnis aufgewachsen, sind Englischkenntnisse selbst bei älteren Leuten und Berufsgruppen, die man bei uns den „bildungsfernen Schichten“ zurechnen würde, weit verbreitet. Somit gibt es keinerlei Verständigungsprobleme.
- Sicherheit
Viel sicherere Reiseländer als Norwegen gibt es wohl kaum auf unserem Planeten.
- Geld und Preise
Norwegen ist nicht nur eines der reichsten Länder der Erde sondern auch eines der teuersten, wenn nicht sogar das teuerste überhaupt. Hauptspeisen in einem Restaurant schlagen mit mindestens 25 -30 EUR zu Buche, ein Bier kostet um die 9 EUR und ein Glas Wein selten unter 12. Auch für ein Take Away Sandwich sollte man an die 10 EUR veranschlagen. Taxis sind fast unleistbar, und ein Ticket für den Flughafen-Expresszug in Oslo kostet an die 40 EUR – einfache Fahrt!
Im Vergleich dazu relativ normalpreisig sind aus unserer Sicht Kleidung, Elektro- und Haushaltsartikel sowie auch Tickets für Bahnfahrten oder Flüge.
Norwegen verwendet die Norwegische Krone (NOK). Das Land ist praktisch flächendeckend bargeldlos zu bereisen, an jedem Eisstand und jeder Wurstbude werden Kreditkarten akzeptiert und auch als bevorzugtes Zahlungsmittel angesehen. Kann es in Österreich oder Deutschland passieren, dass man, dort, wo es überhaupt möglich ist, das große Augenrollen erntet, wenn man einen Kleinbetrag per Karte zahlen will, ist es hier genau umgekehrt – eher löst das Zücken von Scheinen und Münzen Kopfschütteln aus, und oft ist auch im Laden kein Wechselgeld vorhanden, weil kein Mensch im Alltag noch Bargeld verwendet. Langer Rede, kurzer Sinn – verfügt man über eine VISA oder Mastercard (bzw mit Einschränkung auch Maestro Debitcard), kann man sich den Weg zum Bankomaten getrost sparen.
- Unterkunft
Unterkünfte sind nicht sehr billig. Wir haben sowohl in Oslo als auch in Bergen Quartiere via Airbnb bezogen, was nicht nur günstiger ist sondern auch wesentlich mehr Charme hat als irgendwelche internationalen Hotelketten. Und waren in beiden Fällen sehr glücklich.
Unser Quartier in Oslo lag bei Anne Mette im Trendviertel Grunerlokka, toll eingerichtetes Appartment in ansprechender Umgebung und bester Lage.
https://www.airbnb.de/rooms/14008939
In Bergen logierten wir 5 Gehminuten vom Hafen entfernt, in einer idyllischen Gasse in einem eigenen Appartment in einem Holzhaus.
https://www.airbnb.de/rooms/11708999
Beide Unterkünfte hatten Flair, und beide kann ich mit gutem Gewissen wärmstens empfehlen.
- Küche
Norwegens Küche gilt als wenig kreativ und eher bodenständig. Will man abseits von Burger oder Pizza mehr Lokales speisen, muss man dafür tief in die Tasche greifen. Selbst Fisch, Meeresfrüchte oder insbesondere auch Rentierfleisch, die eigentlich vor der Haustüre vorkommen und frisch auf den Teller wandern, reißen ein tiefes Loch ins Urlaubsbudget.
Trotzdem sind Fisch und Meeresfrüchte hier mein absoluter Favorit, auch Brötchen mit Garnelen Appetit anregend. Wir haben eigentlich immer gut gegessen, besonders hier….
Café Sorgenfri in Oslos modernem Stadtteil Akers Brygge – Fisch und Seafood sehr kreativ zubereitet.
https://www.cafesorgenfri.no/
Fish Me im Hafen von Bergen. Eigener Shop am Fischmarkt mit allem, was frisch aus dem Meer kommt, beheizte Terrasse mit Blick auf Bergens Holzhäuserzeile.
http://fishme.no/
Lokalt&Lekkert – ebenfalls direkt in der Halle des Bergener Fischmarktes anzutreffen. Frisches aus dem Meer direkt auf den Teller, serviert von sehr freundlichem Personal.
https://www.facebook.com/lokaltoglekkert.no?utm_source=tripadvisor&utm_medium=referral
Godt Brod – Bio Bäckerei Kette mit ein paar – wenigen - Filialen in allen wichtigen Städten Norwegens. Große Brotvielfalt, stets frische Backwaren, Sandwiches, Müslis und – angeblich – sehr guter Fair Trade Café. In allen Filialen, die wir besucht haben, sehr angenehm zum Sitzen und für uns ideal fürs Frühstück!
https://www.godtbrod.no/
- Klima und Landschaft
Die Landschaft ist in Südnorwegen ein Traum (und wohl auch im hohen Norden, insbesondere von den Lofoten schwärmt jeder!). Berge, Fjorde, karge Hochebenen durchzogen von zahlreichen Seen und Gletschern, Wälder, dazwischen Holzhäuser in schillernden Farben – Natur pur! Viel schöner geht’s kaum!
Das Klima…..muss man mögen. In Oslo ist es etwas trockener als in Bergen, wir hatten in dem Fall auch gutes Wetter und konnten Sonnenschein inklusive Regenbogen auch bei einem Abendessen mit unserer ausgewanderten Schulkollegin Sandra genießen. Ende August herrschten hier Wetterverhältnisse wie bei uns an schönen Oktobertagen – halbwegs mild mit Sonne unter Tag (um die 20 Grad), sehr frisch sobald die Sonne weg ist und einstellige Temperaturen in der Nacht. Bergen hat das atlantische Golfstromklima und ist die regenreichste Stadt Europas. Im August regnet es durchschnittlich an 22 Tagen, in den Herbst- und Wintermonaten gar an die 26! Wir hatten Glück bei der Ankunft, die schönen Häuser am Hafen mit ein paar Sonnenstrahlen zu erwischen, während wir danach einen Tag mit Starkregen überstehen mussten. Der Golfstrom sorgt dafür, dass es im Winter weniger kalt wird als in Oslo, während Temperaturen weit über 20 im Sommer schon sensationell sind. Ich als Shorts-und Flip Flop Mensch würde am Wetter hier wohl bald verzweifeln….
- Sehenswertes
In Oslo
- Akers Brygge – wie man aus alten Hafendocks einen modernen, am Wasser liegenden, Stadtteil zaubert, der spannende Architektur, modernes Design und die vor den Toren liegende Natur in Einklang bringt, ist vorbildhaft. Hier kann man flanieren, die Seele baumeln lassen, Essen, Trinken oder Kultur im Museum moderner Kunst oder die Ausstellungen des Nobel Peace Centers genießen.
- Akershus Festung – die Alte Festung Oslos mit traumhaftem Blick auf die vorgelagerten Inseln, das Hafenbecken und den Holmenkollen. Frei zugänglich.
- Neue Oper – hinter dem Hauptbahnhof. Dort, wo ein komplett neuer Stadtteil aus dem Boden gestampft wird (unter anderem auch eine neue Hauptbibliothek oder das neue Munch Museum), hat die Oper vor einigen Jahren den Anfang gemacht. Einem Eisberg nachempfunden, ist das mit Marmorplatten versehene Dach begehbar und bietet wunderbare Ausblicke. Speziell schön im Licht der untergehenden Sonne! Tolle Architektur – und unter Opernfreunden auch wegen seiner Akustik hoch gelobt!
- Grünerlokka – früher Industrieviertel, heute hip und jung. In die ehemaligen Fabriken wurden Wohnungen in modernstem Design integriert, dazwischen Cafés, Bars, Restaurants, Vintageläden aber auch viele Parks und Grünflächen. Erstreckt sich bis zum Fluss Akerselva, wo man flanieren kann oder in der Markthalle tolle Produkte kaufen.
- Zentrum – ist nicht super spektakulär, aber zumindest mal die Fußgängerzone Karl Johans Gate, den Platz um das Nationaltheater und den Park ums eher nüchterne Königsschloss sollte man sich ansehen.
In Bergen
- Bryggen – das berühmte Viertel aus Holzhäusern, mehrfach abgebrannt und wieder aufgebaut in der Geschichte. Idyllisch und in seiner Art einzigartig – auch UNESCO Weltkulturerbe. Auch nette Souvenirläden finden sich hier zahlreich.
- Fischmarkt – genau im Zentrum Bergens mit frischestem Fang aus dem Meer, der gleich in den Restaurants serviert wird. Sehr sympathisch und fast immer offen!
- Floyen – auf Bergens Hausberg fährt eine Zahnradbahn hinauf. Eine einfache Fahrt kostet dabei 50 NOK, hin und retour fallen für das Ticket 95 NOK an. Man kann den Berg in einer Wanderung durch bemooste Wälder aber auch zu Fuß gut erklimmen. Die Aussicht von oben auf Bergen und die vorgelagerten Fjorde und Inseln ist grandios!
- Fjellsiden – alte Holzhäuser, die fast wie eine Kulisse wirken, am Fuße des Floyen gelegen.
- Nordnes – die städtische Halbinsel mit ihren ruhigen Holzhausgassen wirkt fast dörflich und wie aus der Zeit gefallen.
Dazwischen….die Bergenbahn…..
Diese Zugfahrt sollte man sich nicht entgehen lassen. Von Oslo bis Bergen dauert die Fahrt rund 7 Stunden, die aber zu keinem Zeitpunkt Langeweile aufkommen lassen. Speziell der Abschnitt über die unwirtliche Hochebene der Hardangerviddar ist spektakulär. Die Strecke wird von der staatlichen Eisenbahngesellschaft NSB 4 Mal pro Tag pro Richtung befahren, wovon ein Zug ein Nachtzug ist. Dieser macht aber für den Touristen wohl wirklich keinen Sinn, entsprechend gibt es für diesen auch die günstigsten Tickets. Wir nahmen den Zug, der Oslo zu Mittag verlässt und Bergen gegen 19 Uhr erreicht. Entsprechend beliebt ist diese Route, und so zahlten wir rund 90 EUR für das Ticket, das aber jeden Cent wert war. Die besten Preise (Minipris) bekommt man, wenn man vorab online auf der Website der norwegischen Eisenbahn sein Ticket bucht (bis zu 3 Monate im Voraus möglich und zur Hochsaison auch angeraten, so früh als möglich zu reservieren!)
https://www.nsb.no/en/frontpage