Pichilemu, Chile, 18.00 Uhr
Neblig, 18 Grad
Tja, der Titel verrät es irgendwie schon, ich bin heute wohl bereits am exotischsten Punkt meiner gesamten Reise angelangt, bin in eine Kultur eingetaucht, die so anders ist, dass sie einfach wohl nicht mehr zu toppen sein wird in ihrer Fremdartigkeit. Die Bräuche und Riten unterscheiden sich von den mir bekannten ganz erheblich, auch die einheitliche Tracht, die alle tragen, ist für mich von einem anderen Stern. Wenn ihr jetzt überrascht seid und gedacht hättet, dass Chile so exotisch ja eigentlich nicht sein kann, dann gebe ich euch Recht. Die Wahrheit aber ist – ich bin in einer Surfer Enklave gelandet!!! In Pichilemu, das ich nach 4 Stunden Fahrt ab Valpo heute erreicht habe. Das impliziert auch schon – mein Auto ist tatsächlich angesprungen, drei Mal sogar heute ;-)
Nun bin ich hier, in einem Surfer Hostel. Folgende Wesenszüge der Insassen und auch der Besucher des angrenzenden Strandes kann man in etwa ausmachen. Zunächst, mindestens 100% der Menschen hier sind weiß. Davon wiederum 80% männlich, alle in etwa Harrys optischem Beuteschema (zumindest als er noch ein solches hatte ;-)) entsprechend. Charakteristisch sind weiters zum überwiegenden Teil lange Haare und weite Shorts, manchmal überlagert von Neoprenanzügen. Ganz wichtig ist der „Vibe“, der sich auch abseits des Surfbrettes in alle Lebenslagen zu ziehen hat. Sprich, auf jeden Fall wippender Oberkörper und schlapfend-lässiger Gang sind obligatorisch. Keinesfalls darf in irgendeiner Sekunde nicht cool drein geschaut werden, wobei zu viel sprechen sollte man ebenso nicht, im Hintergrund läuft aber sowieso stets Musik aus der Beach Boys Kategorie, sodass das gar nicht notwendig ist. Hm, mich hier zu integrieren wird wohl schwierig, für manche Dinge auf dieser Erde bin ich einfach zu uncool. Den schlapfenden Gang in den Flip Flops krieg ich vielleicht noch hin, ob er dabei aber lässig genug aussieht, sei dahingestellt. Die langen Haare schaffe ich heute nicht mehr, da muss ich wohl noch länger dran arbeiten. Den coolen Blick, naja, ich werde es versuchen, dabei authentisch zu wirken. Und die Tracht entspricht bei aller kulturellen Aufgeschlossenheit nicht unbedingt direkt meinem Kleidungsstil, ich werde mein Bestes geben und die weiten Shorts mit dem balinesischen Sarong zu kompensieren versuchen. Jedenfalls nehme ich am gemeinsamen Abendessen hier im Hostel teil und werde mich bemühen, akzeptiert zu werden ;-)
Nun gut, Spaß beiseite…..ich bin wirklich gespannt, ob ich mit den Leuten hier irgendein gemeinsames Gesprächsthema abseits von Wind und Wellen finde. Pichilemu ist angeblich einer der besten Surfspots Südamerikas. Die Rahmenbedingungen für mich als Nichtsurfer finde ich nicht besonders attraktiv. Der Strand hat schwarzen Sand, wirklich schön ist er nicht, und zudem ist der Nebel heute hartnäckig gewesen und hat sich den ganzen Tag kein einziges Mal gelichtet, entsprechend kühl ist es geblieben. Vielleicht muss man wegen Surfen an die chilenische Pazifikküste fahren, wegen Strand und Baden aber bestimmt nicht, nachdem es sowieso nie warm und nur selten sonnig wird. Die Landschaft, durch die ich heute gefahren bin, war auch eher eintönig, Farmland in erster Linie, braun und trocken, zwischendurch ein paar Eukalyptuswälder. Chile ist bestimmt landschaftlich traumhaft, die Perlen liegen dabei aber wohl im kalten Süden bzw in den Anden.
Ich bin aber nicht schlechter Dinge, da ich nur einen Nachmittag und Abend hier bin, sehe ich das Ganze von der heiteren und amüsanten Seite. Zudem hatte ich sehr gute Fish&Chips zu Mittag, und das Hostel selbst ist wirklich gemütlich und nett, mein Zimmer ist hübsch, wie ihr an den Fotos sehen könnt, und auch die Aufenthaltsbereiche haben mit Hängematten und Ruhezonen Flair bzw eben „Vibe“. Wenn man nicht den Wellen zugeneigt ist, gibt es eigentlich keinen Grund, nach Pichilemu zu kommen, solltet ihr euch aber zur surfenden Spezies zählen, so kann ich euch das Hostel wirklich ans Herz legen.
http://www.sirenainsolentehostel.cl/
Morgen ziehe ich nach dem Frühstück dann auch weiter, durch das bekannteste Weinbaugebiet Chiles, das Valle de Colchagua kehre ich nach Santiago zurück, werde mein Auto zurückgeben und danach mein Airbnb Quartier beziehen, um das Wochenende in der Hauptstadt zu verbringen. Wie Alles gelaufen ist, wie meine Unterkunft so ist, kann ich euch morgen Abend hoffentlich wieder aus Santiago berichten, wie immer unter der Bedingung, dass das WLAN auch funktioniert ;-) Und jetzt werde ich mal einzutauchen versuchen ins „Surfer’s Paradise“……