Valparaíso, Chile, 20.44 Uhr
Sonnig, 23 Grad
Es ist vollbracht! Ich habe es nach Chile geschafft! Die Anreise war zwar wie erwartet lange und anstrengend, aber doch pünktlich und auch komplikationslos.
Mit KLM flog ich erstmals in meinem Leben. KLM hat irgendwie Alles, was man von Holländern im Klischee so erwartet. Gut organisiert, pünktlich, reibungslos, freundlich und locker aber nicht übertrieben – dazu irgendwie unspektakulär was das Service betrifft. Und das Essen wirklich keine Offenbarung, ich glaube, das schlechteste Flugzeugessen meines Lebens, aber die Esskultur der Niederländer ist auch nicht wirklich für Glanztaten berühmt. Alle Flüge waren komplett voll, jener von Wien nach Amsterdam ebenso wie jener von Amsterdam nach Buenos Aires. Bei diesem hatte ich, nachdem er ja 13 Stunden dauerte, am meisten Glück, hier hatte ich in einer Dreierreihe immerhin einen freien Mittelsitz, was es doch etwas komfortabler machte. Neben mir (also getrennt durch den freien Mittelsitz) hatte ich so eine Art von Harry, der Typ schlief nämlich praktisch durch, während ich eher erfolglos versuchte, ins Reich der Träume zu entschwinden. Sehr gerädert war ich bei der Landung in Buenos Aires – um 5 Uhr Früh strahlte die Sonne bereits gleißend vom Himmel, endlich Licht, endlich Bäume mit Blättern drauf, endlich etwas Anderes als diese graue Trostlosigkeit! So bekam ich hier schon, obwohl übermüdet, eine Art Glücksgefühl. Nach 2 Stunden Pause im Airport von Buenos Aires (wir waren nämlich eine Stunde zu früh dran!) ging es dann weiter nach Santiago de Chile. Zum Glück doch nur noch 1,40. Obwohl, diesmal hatte ich wieder eine sehr nette Sitznachbarin, die ich im Gegensatz zu der sprichwörtlichen Schlaftablette vom Transatlantik-Flug auch noch länger ausgehalten hätte. Cecilia, eine nette Argentinierin um die 30, die ganz aufgeregt war, denn es war für sie der erste Flug ihres Lebens und auch ihre erste Auslandsreise, wobei sie sich mit Chile ja nicht in allzu exotische Gefilde bewegt, aus argentinischer Sicht gesprochen ist das ein ähnlich großer Kulturschock wie wenn wir uns als Österreicher nach Deutschland begeben ;-) Auch hörte ich erstmals wieder argentinisches Spanisch, also so, wie ich es ursprünglich gelernt hatte, und die Müdigkeit war wie weggeblasen. Gleich wieder angekommen in Südamerika und das quasi in netter Gesellschaft!
Mit Chile, wo wir pünktlich landeten, betrat ich Land Nummer 82.
Gleich nahm ich meinen Mietwagen in Empfang, ich sag mal, die größte „Kraxn“, seit ich mir Autos ausborge. So klein kann er gar nicht sein, dass er nicht überall Dellen und Kratzer hat (wurde auch im Übernahmeschein so vermerkt, somit kann ich eh praktisch machen, was ich will ;-)). Die Klimaanlage funktioniert mehr schlecht als recht. Nicht sehr begeistert, warf ich mich auf die Autobahn und düste wie geplant hinunter an die Pazifikküste. Waren für Santiago 31 Grad vorausgesagt (die stimmten auch eindeutig!), so waren es für Valparaíso nur 19 gewesen. Wie immer diese Vorhersage zustande kam, sie war schlicht falsch. In Valparaíso herrscht total feines Sommerwetter. Um die 27 Grad, am Abend etwas abkühlend, die Sonne strahlt vom blitzblauen Himmel, und auch jetzt nach 21 Uhr ist es noch nicht finster. Sommer eben! Wie schön!! So leicht kann man mich glücklich machen – etwas Licht und Wärme und schon geht’s mir gut! Ich habe natürlich kein Navi, hatte mir die Route, um meine Unterkunft mitten in der Stadt zu finden, aber genau aufgezeichnet, und steuerte sie zielsicher ohne mich zu verfahren an. Perfekt also. Und als ich, nachdem ich an der Rezeption eingecheckt hatte, das Auto umparken wollte, sprang es nicht mehr an. Batterie leer! Mir war der Kübel ja gleich suspekt gewesen, aber nun musste ich also nach der dringenden Dusche auf den Pannendienst warten, der mir vom Verleiher geschickt wurde. Tja, er startete den Wagen wieder, meinte, ich solle den Motor 20 Minuten laufen lassen ohne Licht, Klimaanlage oder andere Stromverbraucher aufzudrehen, und dann sollte es wieder passen. Naja, ich brauche das Auto morgen eh nicht, bin aber gespannt, wie sich die Abreise übermorgen nach dem Frühstück gestalten wird. So wirklich eine Glanzlösung, mit tendenziell schwacher Batterie unterwegs zu sein, ist das Ganze nicht. Das Gute in dem Fall ist, dass ich mit diesem Auto keinen Terminstress habe wie zum Beispiel einen Flug erwischen zu müssen, da ich es am Freitag zurück gebe und dann sowieso noch in Santiago bleibe. Trotzdem war es nach in Summe doch mehr als 24 Stunden Anreise einfach lästig. Die beiden Rezeptionistinnen unterstützten mich tatkräftig, übernahmen die Telefonate mit dem Verleiher. Ist doch einfacher, als wenn ich mich erst in Skype einloggen muss, um halbwegs billige Telefonate zu führen.
Aber nun zum Wichtigsten….Valparaíso ist toll! Die früher sehr wichtige Hafenstadt besteht aus 42 Hügeln (Cerros), die Straßen winden sich steil auf und ab, ähnlich wie schon in Lissabon gibt es hier auch zahlreiche uralte Zahnradbahnen und Aufzüge, die die Bewältigung der Höhenunterschiede erleichtern sollen. Die Adresse des Hügels, auf dem man lebt, sagt viel über die soziale Zugehörigkeit aus, denn es gibt die Hügel der Armen und die der besser situierten. Ich selbst befinde mich hier auf dem UNESCO Weltkulturerbe Hügel Concepcion, quasi dem „Bobo-und Touri-Hügel“ von „Valpo“, wie die Stadt in ihrer Kurzform genannt wird. Neben den bunt bemalten Häusern und Stiegen gibt es hier Kunst Ateliers, hunderte nette Cafés und Restaurants, hübsche Geschäfte und geschmackvoll gestaltete Unterkünfte.
In einer davon befinde ich mich nun, dem Boutique Hotel Lattitud 33°Sur. Nette Zimmer mit gut funktionierender Dusche, freundliche und hilfsbereite, ausschließlich Spanisch sprechende, Rezeptionistinnen, tadelloses WIFI – und das mitten im Geschehen. Veronica, eine der beiden Rezeptionsdamen, fragte mich begeistert, nachdem ich mein Ho Chi Minh T-Shirt angezogen hatte, ob ich vielleicht insgesamt „eher links eingestellt wäre“, was ich mit einem Lächeln quittierte und mich umso wohler fühlte, da dieses Stadtviertel doch vor Allem Gleichgesinnte anlockt.
https://www.hotellatitud33sur.cl/
Das angenehme Klima verleiteten mich dann zum Abendessen im Freien, wo ich im sehr hübschen Garten des belgisch angehauchten ViaVia Cafés landete und mich an 3 Gängen und erstmals einem wunderbaren chilenischen Rotwein erfreute. Ich saß da, genoss die Wärme, genoss das Essen, genoss das Leben, mit einem breiten Grinser im Gesicht. Ich bin angekommen in meinem Urlaub!
http://www.viaviacafe.cl/es/hostal
Das chilenische Spanisch ist übrigens um Einiges undeutlicher als jenes in Mexiko, Guatemala oder Kolumbien. Es werden viel mehr Laute verschluckt und mehr genuschelt, sodass ich mich schon wesentlich mehr anstrengen muss als ich das zuletzt gewohnt war, um wirklich alles Wichtige immer zu verstehen.
Morgen werde ich mich dann auch den weniger glanzvollen Hügeln der Stadt widmen. Natürlich nicht alleine, denn davon wird aus Sicherheitsgründen abgeraten. Aber es gibt, so wie inzwischen eh fast überall auf der Welt, „Free Walking Tours“, also gratis Stadtführungen durch meist eher jüngere Einheimische, die auf Trinkgeldbasis arbeiten und den Besuchern ihre Stadt auch abseits ihrer Sonnenseiten präsentieren. Ein Blick hinter die Kulissen, der neben den klassischen Sehenswürdigkeiten speziell Straßenkunst aber auch andere kulturelle Hintergründe des einheimischen Lebens aufzeigt. Die Guides zeigen aber dabei meist auch ihre Lieblingsbars, Lieblingscafés und Lieblingsläden, sodass man Städte und Orte auf eine ganz andere Weise zu sehen bekommt als nur aus der Touristenperspektive. Ich bin schon sehr gespannt, ganz viel Valpo gibt’s morgen für euch. Jetzt muss ich aber am Abbau meines Schlafdefizits arbeiten! Buenas noches, amigos!