Petra erlebte seine Blütezeit knapp vor Christus als Hauptstadt des Nabatäer Reiches. Es erstreckt sich zwischen 800 und 1300 Metern Seehöhe, wo auf dem weitläufigen Gelände unzählige Monumente und Opferplätze sowie Felsengräber in den rosa schimmernden Sandstein geschlagen wurden. Das bekannteste Monument ist wohl das „Schatzhaus des Pharao“, das eigentlich auch nur eines der 800 erhaltenen Felsengräber auf dem Areal ist. Da es aber besonders idyllisch liegt, tief versteckt in der Schlucht Siq, ist es zum Sinnbild für Petra geworden, und viele denken wohl, Petra bestünde genau nur aus diesem einen einzigen Monument. Ein grober Irrglaube. Petra ist einfach großartig, ist nicht umsonst eines der 7 neuen Weltwunder geworden und für mich ein absolutes Must See. Die Landschaft, die Farben (auch wenn diese, da doch immer wieder Wolken durchzogen nicht ganz so intensiv waren wie es vielleicht möglich wäre), die Monumente, dieses Gesamtensemble hinterlässt den Besucher staunend zurück. Über Petra gibt es unüberschaubar viel Lesematerial, ich erspare mir daher weitere Ausführungen, was die historischen Details betrifft, das kann bei Interesse jeder nachlesen.
Will man Petra in seiner ganzen Schönheit erleben, muss man sehr gut bei Fuß sein. Um zu allen wesentlichen Punkten zu gelangen, muss man mindestens 3 einstündige sehr steile Aufstiege über in den Fels gehauene Stufen bewältigen – und leider auch jeweils über ebendiese Treppen wieder hinabsteigen, was für meine Knie mittlerweile das größere Problem ist und eine ordentliche Belastungsprobe darstellte. Ich habe das Ganze heute in Anita Manier bewältigt. Sprich – das Programm, für das der Reiseführer wegen der Strapazen 2-3 Tage empfiehlt, in 8 Stunden absolviert. Und hatte trotzdem Zeit, dazwischen Mittag zu essen und immer wieder 15 Minuten zu pausieren, um die Einzigartigkeit der Bauwerke auf mich wirken zu lassen. Wie geplant, saß ich um 6 beim Frühstück, was nicht sehr schwierig war, nachdem mich bereits vor 5 der Muezzin lautstark aus dem Bett geholt hatte. Und so war ich um halb 7 beim Eingang. Um diese Zeit war der Besucherstrom noch überschaubar, als ich die halbe Stunde durch die Schlucht schritt, bis ich beim Schatzhaus anlangte. Dieser Weg durch die Schlucht ist dann auch die Hauptroute, die die meisten Touristen begehen, verlässt man diese, wird es schnell wesentlich ruhiger, auf den steilen Anstiegen trifft man meist eher auf jüngere Leute, die gut bei Fuß sind, während für ältere Semester die Wege eindeutig zu beschwerlich sind. Als Alternative kann man einen der zahlreichen Beduinen samt Esel anheuern, die dann den Transport übernehmen. Auf allen Wegen haben die hier lebenden Beduinen kleine Verkaufsstände aufgebaut, wo Stoffe aber auch Getränke und Tee angeboten werden. Und eben besagte Eselstransporte und Kamelritte. Im Vergleich zu Ägypten sind die Jordanier sehr zurückhaltend, sie bieten freundlich ihre Dienstleistungen an, ohne dabei aber zu aufdringlich zu werden, ein Nein wird mit einem Lächeln ohne weitere Diskussionen akzeptiert. Man fühlt sich hier wohler und deutlich weniger bedrängt als ich das von Ägypten so in Erinnerung habe. Das Mittagsbuffet im Restaurant Bassin war einmal mehr großartig, und die Aussicht von oben speziell auf das Schatzhaus und das Kloster Ed Deir sind atemberaubend.
Apropos Tourismus - Jordanien hat irgendwie Pech, dass sein gesamtes Umfeld so schwierige und turbulente Zeiten durchmacht. Seine Nachbarn – der Libanon und der Irak sind weit entfernt von Stabilität, Syrien versinkt nach wie vor im Bürgerkriegschaos, weiterhin leben 1,5 Millionen Syrer im Norden Jordaniens in Zeltstädten, daran denkt niemand, wenn es wieder einmal um die Schließung irgendwelcher Fluchtrouten nach Europa geht. Im Süden gibt es mit Saudi Arabien eine abgeschottete und verbrecherische islamistische Diktatur, und im Westen liegt Israel. Dieser Cocktail führt dazu, dass viele Menschen Jordanien mit diesen Verhältnissen in einen Topf werfen und auf einen Besuch verzichten. Dabei ist Jordanien ruhig, stabil und sicher, es gibt keinerlei Gründe, nicht hierher zu kommen. Es gibt schon Tourismus in Petra, der wohl größten Attraktion des Landes, aber selbst hier in überschaubarem Ausmaß. Das Gros davon stellten eindeutig Italiener und Franzosen, auch Deutsche hörte man sehr oft, ebenso Amerikaner und Asiaten. Eine Touristengruppe gibt es hier aber trotz der geographischen Nähe gar nicht – Israelis. Das finde ich extrem schade. 25 Jahre sind seit dem Abschluss des Friedensvertrages vergangen, die Bürger beider Länder hätten also sehr wohl die Reisefreiheit, das Nachbarland zu besuchen. Und doch sitzen offenbar auf beiden Seiten die Ressentiments nach wie vor so tief, dass man es trotzdem nicht tut. Da hat man so eine geniale Attraktion wie Petra in seiner unmittelbaren Nähe und verzichtet freiwillig darauf. Gerade Israelis sind ein extrem reisefreudiges Völkchen, die man trotz der Kleinheit des Landes in vielen Teilen der Welt immer wieder antrifft, hier aber habe ich den ganzen Tag unter all den Besuchern niemanden hebräisch reden gehört. Finde ich sehr traurig. Irgendwie habe ich keinerlei Hoffnung, dass sich in dieser Region zu meinen Lebzeiten noch jemals irgendetwas zum Positiven verändern wird, dass man als Nachbarn nicht nur nebeneinander sondern auch im Austausch miteinander existieren kann.
Jetzt jedenfalls bin ich wieder in meinem Zimmer. Und spüre meine Beine kaum noch. Die Abstiege waren zum Teil doch zu viel für meine Knie, die mir am Ende schon ordentlich wehtaten. Jetzt geht es wieder, einen Muskelkater werde ich aber morgen gewiss haben ;-) Morgen geht es dann ans Rote Meer weiter. Eigentlich hatte ich ja gedacht, dass ich einen Teil Petras erst am zweiten Tag unterbringen könnte und dafür veranschlagt, dies morgen Vormittag vor meiner Weiterreise zu tun, aber da habe ich mich wohl in meinem eigenen Tempo überholt ;-) Mehr dann vom Roten Meer!