Ciudad de México, Mexiko, 15.15 Uhr
Heiter, 23 Grad
Diesen Tag ging ich mal deutlich ruhiger an. Das war auch dringend notwendig, ich bin zwar am Abend schnell weg, aber meist nach 5-6 Stunden wieder auf, was eindeutig zu wenig ist. Ist sicher immer noch der Jetlag, der dafür sorgt, dass ich nicht länger schlafen kann.
So erkor ich heute nach einem abermaligen Brunch im Bobo Café als mein einziges Tagesziel das Viertel Polanco aus. Hauptsächlich wegen der modernen Architektur machte ich mich auf den Weg in das Beverly Hills von Mexico City. Ganz besonders interessant ist das Museo Soumaya, eines der wenigen, das an Montagen geöffnet hat. Das liegt wohl daran, dass es eine Spende des einst reichsten Mannes der Welt, Carlos Slim, ist – und auch der Eintritt ist gratis. Erbaut wurde es erst vor wenigen Jahren vom mexikanischen Architekten Fernando Romero. Die ganz extravagante Form sieht von außen spektakulär aus, und schon allein deshalb lohnt sich ein Besuch. Innen gestaltet sich das Ganze dann deutlich nüchterner, und von den ausgestellten Kunstexponaten verstehe ich bekanntlich eh nichts.
Ansonsten gibt Polanco athmosphärisch nicht so viel her, es gibt futuristisch erbaute, moderne Luxus Einkaufszentren, wo sich Louis Vuitton bis Gucci und Armani eingefunden haben, ebenso wie sie auf der Haupteinkaufsstraße des Viertels ihre Flagship Stores aneinanderreihen. Es ist alles sehr grün, wie überall in Mexico City, und auch sehr sauber und gepflegt, aber Luxusgeschäfte umgeben von Luxusautos finde ich im Prinzip eher öd. Mit meinem Bobo Viertel La Condesa habe ich defintiv die beste Wahl getroffen – eindeutig das entspannteste und schönste Viertel, das ich von der Stadt bisher gesehen habe – und als Homebase kann ich es nur jedem Besucher Mexico Citys ans Herz legen.
Nett war es, erstmals auch die Metro zu benutzen. Sie ist zwar alt, aber sauber und gut organisiert und definitiv das schnellste Verkehrsmittel in dieser Riesenstadt mit ihren 200 (!!!) Bezirken. Ein Einzelticket ist spottbillig, es kostet gerade mal 20 Cent, und man kann damit umsteigen so oft man will. Das Netz besteht aus aktuell 13 Linien und ist eines der längsten der Welt. Da die Stadt sich aber über 30 mal 40 Kilometer ausbreitet, ist es trotzdem recht weitmaschig, man muss zu vielen Punkten mindestens 15-20 Minuten bis zur nächsten Metrostation gehen, so auch von meinem Domizil aus. Sehr interessante Aspekte der Metro sind ferner, dass die Stationen neben den Stationsbezeichnungen auch Symbole tragen, was der hohen Analphabetenrate geschuldet ist. Und – die ersten 3 Wagen jedes Zuges sind für Frauen und Kleinkinder reserviert, sie verfügen über einen separaten Zugang zum Bahnsteig, der auch jeweils von einem Polizisten bewacht wird, um eindringende Männer zurückzupfeifen. Nachdem ich seelenruhig ohne groß zu schauen in ebendiesen Sektor eingelaufen war, wurde ich auch schon wieder freundlich gebeten, den Hauptzugang zu nehmen. Auch dies geschah mit einer lächelnden und höflichen Aufforderung. Der Hintergrund ist jener, dass speziell zu den Stoßzeiten die Menschen dicht gedrängt in den Waggons stehen und Frauen so davor beschützt werden, im Getümmel begrapscht zu werden. Ist zwar traurig, dass es so etwas geben muss, andererseits wundert es in Donald Trump Zeiten auch niemanden, und es ist für das Sicherheitsgefühl eine gute Sache. Ich habe in der Metro keine Fotos gemacht sondern die Kamera aufgrund der latenten Diebstahlsgefahr lieber tief im Rucksack vergraben. Ansonsten aber fühlte ich mich – wie bisher überall in dieser Metropole - auch in der Metro nicht unsicher, man kann sie als Tourist bedenkenlos benutzen, sollte seine Wertsachen, von denen man hier ohnehin nur die allernötigsten mit haben sollte, dabei aber am besten in einem Geldgürtel unter der Hose tragen, um sie vor dem Zugriff von Taschendieben zu schützen. Mit Gepäck würde ich eher nicht in der Metro fahren, nachdem es dann offensichtlich ist, dass man alle Wertsachen dabei hat und sich so den Trickdieben quasi am Silbertablett präsentiert. Aber zum touristischen Besichtigungsprogramm gibt es kein Problem!
Sehr interessant ist auch, wie hier die Müllabfuhr funktioniert. Die Wagen fahren an fixen Routen, entleeren aber nicht die Tonnen, sondern es gibt einen Mann mit Glocke, der die Straße auf und ab läuft und damit signalisiert, dass jetzt die Müllabfuhr da ist. Die Leute kommen dann von allen Seiten mit ihren Müllsäcken und geben diese direkt beim Wagen ab. Ist zwar eine eigene Logik, aber wenn man es so gewohnt ist, funktioniert dieses System im Endeffekt auch.
Mein Tag war also abgesehen vom Ausflug in die moderne Architekturszene speziell der Alltagskultur gewidmet, was mindestens genauso interessant war wie irgendwelche Sehenswürdigkeiten abzuklappern. Denn wie man sieht, ist auch dieser Artikel wieder sehr ausführlich geworden, auch wenn anscheinend gar nicht so viel passiert ist ;-)
Jetzt sitze ich am Nachmittag auf meiner Dachterrasse und verfasse diese Zeilen. Am Abend werde ich noch mit meinen Gastgebern essen gehen und dann morgen Nachmittag in das Hotel im Zentrum übersiedeln, wo ich auf meine Tourgruppe treffen werde. Zumindest ist die Nacht dann schon inkludiert, der Treffpunkt ist möglicherweise auch erst am Mittwoch beim Frühstück, nachdem für den ersten Tag als einziger Programmpunkt „individuelle Anreise“ in meinen Unterlagen steht. 2 weitere Tage sind dann bereits im Tourprogramm weitere Highlights von Mexico City und Umgebung angesetzt, die ich bewusst jetzt mal ausgelassen habe. Hm, und so richtig in Stimmung, weiterhin in Mexiko zu sein aber ab morgen dann wieder hauptsächlich Deutsch zu sprechen bin ich irgendwie noch gar nicht, das Durchschlagen auf Spanisch gehört irgendwie schon dazu, um den maximalen Lokalkolorit abzubekommen. Doch die Reiseteilnehmer werden bestimmt so nett sein, dass sie dafür sorgen, dass meine Bedenken im Nu verschwinden ;-) Nächstes Mal Lateinamerika dann ja vielleicht als Challenge mit einer Spanisch sprachigen Gruppe ;-) Abgesehen davon freue ich mich aber auch schon sehr darauf, ins Land aufzubrechen! Wie meine Übersiedlung verlaufen ist und mehr dann beim nächsten Mal!