Cape Coast, Ghana, 21.30 Uhr
Klare Nacht, 28 Grad
Heute machten wir den Sprung zurück an die Küste, immer wieder ist es ein schönes Gefühl, wenn man den Ozean vor sich erblickt. Und auch unser Zielort Elmina mit der größten Burg Westafrikas thront in herrlicher Lage über dem Atlantik. Was allerdings in der von den Portugiesen im 15 Jahrhundert erbauten und später 2 Jahrhunderte lang von den niederländischen Kolonialherren übernommenen Burg vor sich gegangen ist, ist weniger schön. Eher ist es eines der dunkelsten Kapitel der Menschheitsgeschichte, das sich in diesen Gemäuern zugetragen hat. Nämlich wurden in den dunklen Kerkern jeweils an die 1000 Sklaven gefangen gehalten, bis sie von hier in die Überseekolonien abtransportiert wurden. Nur 3 von 10 überlebten überhaupt die Haft im Kerker, die Bedingungen, unter denen die 400 Frauen und 600 Männer dort festgehalten wurden sind unvorstellbar grausam, praktisch nur mit einem KZ vergleichbar. In Ketten gelegt lagen die Menschen bei Hitze so gut wie ohne Nahrung fast aufeinander, erbrochen und uriniert wurde ebenfalls in dieser Stellung. Man muss sich die Hitze und den Gestank vorstellen, kein Wunder, dass nur eine Minderheit die Haftbedingungen überlebte. Im Stock darüber lebten die Kolonialherren in Saus und Braus mit der traumhaften Aussicht über das Meer, man hörte zwar von unten das Gewimmer und Geschrei der Sklaven, aber an der Geräuschkulisse störte man sich nicht, schließlich waren das da unten ja keine Menschen sondern Handelsware. Auch eine Kirche stand direkt oberhalb des Frauenkerkers. Man betet für Nächstenliebe und Frieden auf Erden – und einen Stock tiefer ermordet man Menschen auf bestialische Art und Weise – egal ob die katholischen Portugiesen oder die protestantischen Niederländer – zynischer geht es ja wohl kaum. Es gab dann auch einen Aussichtsplatz, wo sich der Kolonialherr die Frauen aus dem Kerker vorführen ließ, er wählte eine dann aus, die er vergewaltigte. Diese wurde davor natürlich gewaschen und hübsch gemacht, denn die sexuelle Lust ist vermutlich etwas getrübt, wenn das Wesen, über das man herfällt, nach Erbrochenem und Kot stinkt, in dem es zuvor Wochen lang liegengelassen wurde. Die vergewaltigte Frau konnte Glück haben – wurde sie nämlich schwanger, wurde sie Köchin statt Sklavin, quasi also das bestmögliche Schicksal. Besichtigt man diese Räume und hört die Geschichten dazu, kommt einem die Gänsehaut und ein kalter Schauer läuft über den Rücken. Unvorstellbar – die Weißen waren ja immer schon angeblich die Zivilisierten, wie sie es in ihrer Geschichte immer wieder eindrucksvoll unter Beweis gestellt haben. Sklaventum, Apartheid und nicht zuletzt die Nazis – so viel Zivilisation hält dieser Planet ja kaum aus.
Nun ja, Elmina Castle ist UNESCO Weltkulturerbe und man muss es sich ansehen, um die Geschichte des heutigen Ghana zu verstehen. Ansonsten besuchten wir auch den dortigen Fischmarkt, sahen kurz bei der Herstellung des bösen Palmöls zu – und auch Souvenirs gab es einmal mehr zu kaufen. Gibt es Länder, in denen ich wirklich gar nichts finde, das mir gefällt, so gehört Westafrika da leider nicht dazu. Allein die wunderschönen Step T-Shirts und Hemden – ich könnte mich hier eingraben in diese farbenfrohen Andenken und kann kaum widerstehen. Als Schutzmechanismus habe ich jetzt mal das Trinkgeld für Bill und den Fahrer zur Seite gelegt und will auch nichts mehr abheben solange ich in Ghana bin. Nachdem man auch nirgends mit Kreditkarte zahlen kann und sich mit dem Restgeld gerade noch Essen und Trinken für die beiden verbliebenen Tage ausgehen, habe ich mir nun also eine Bremse gesetzt, sonst müsste ich vermutlich auch vor Marokko noch ein Packerl nach Hause schicken, denn mein Rucksack platzt bald!
Wir residieren jetzt einmal noch am Strand, im schönsten Hotel dieser Reise. Direkt am Meer gelegen, Palmenstrand, gemütliche kleine Strandbar unter dem Rauschen der Wellen – das ist herrlich entspannend. Ghanas Hotelstandard ist wirklich gut, auch empfindlichere Naturen können hier denke ich problemlos Urlaub machen, denen Togo oder Benin zu rustikal wären. Morgen treten wir dann schon den Weg nach Accra in unseren Zielhafen an. Diese Tour war intensiv und sehr beeindruckend, dass es langsam mit der Gruppe ins Finale geht, stört mich hingegen nicht so sehr. Einige waren wirklich sehr nett, andere hingegen sehr spezielle Charaktäre, deren Eigenheiten mich zunehmend nerven. Allein bis das Essen bestellt ist, dauert es eine halbe Ewigkeit, meistens haben wir 2 Menüs zur Auswahl, bis dann jeder dreimal seine Beilage geändert hat ist oft der Tag vorbei. Service ist nicht die Stärke Afrikas, es geht langsam und oft auch chaotisch vonstatten, während einige noch keine Vorspeise hatten kommt plötzlich schon die Hauptspeise und die Vorspeise danach, dann aufgrund von Änderungen wieder bestimmt wieder bei irgendjemandem eine falsche Beilage usw…..aber jeder, der so eine Reise macht, sollte wohl bedenken, dass man in Westafrika nicht mit Perfektion rechnen kann. Und darüber dann so herum zu jammern und sich zu beschweren ist völlig unnötig, zumal es immer dieselben sind. Man muss bedenken, dass Afrikaner, die in einem Hotel mit europäischen Touristen arbeiten, eine für sie völlig fremde Welt betreten, die meisten haben nicht die Routine, die genauen Bedürfnisse der verwöhnten Besucher zu kennen und haben von westlichen Servicestandards einfach keine Ahnung. Darüber muss man hinwegsehen können, wenn man hier zu Gast ist, das Lächeln der beiden Damen, die uns heute bedienten, war hinreißend, und dieses trotz Unzulänglichkeiten mit einem freundlichen Lächeln zu erwidern und nett und höflich auf die eigentliche Bestellung aufmerksam zu machen wird wohl nicht zu viel verlangt sein. Dazu kam, dass es in Ghana an den Straßen laufend Polizeikontrollen gibt, wo die Fahrzeugpapiere überprüft werden. Dies geht meist mit einem netten „Enjoy Ghana“ an uns Touristen gerichtet einher. Jeder normale Mensch weiß, dass man nirgends auf der Welt Polizei oder Militär fotografiert, da man sich sonst Ärger einhandeln kann. Und als bei einer der Polizeisperren hinter mir schon wieder die Kamera klickte, reichte es mir und ich brüllte nach hinten, ob man nicht mal während einer Polizeikontrolle die blöde Kamera mal weglegen könnte. Der Fahrer war mir dankbar, denn er ist es, der unschuldig zum Handkuss kommt und Probleme kriegt, sollte der Beamte es mitbekommen. So viel Dummheit auf einmal ist schon fast zu viel zu ertragen.
Ich bin begeistert, dass ich euch aus Westafrika immer Up to date halten konnte, hätte ich davor nicht gedacht, dass es hier doch schon überall gut funktionierendes WLAN gibt. Weebly hat mir übrigens bestätigt, dass seine Seiten in Ghana und Togo aus Sicherheitsgründen blockiert werden, macht nichts, mit dem VPN ist es mir ja gelungen, den Server zu überlisten und euch trotzdem immer am Laufenden zu halten. Ich gehe mal davon aus, dass das auch im weiteren Reiseverlauf dann so sein wird.