Marrakesch, Marokko, 22.45 Uhr
Wolkenlos, 15 Grad
Die Fragen aller Fragen – Marrakesch….ist es denn wirklich so toll? Hochgelobt, das absolute Highlight Marokkos, eine der schönsten Städte der Welt – das sind nur einige der Attribute, die der Berbermetropole zugeschrieben werden, viele kommen ausschließlich auf einen Städtetrip nach Marrakesch und lassen den Rest Marokkos aus. Ist das nun gerechtfertigt?
Ich bin ja bei solchen Vorschusslorbeeren schon mal von Grund auf skeptisch. Und was ich bisher von Marrakesch gesehen habe, bestätigt diese Skepsis. Meine Eindrücke nach Tag 1, ohne bereits ein vollständiges Bild zu haben…..es ist bei Weitem nicht der schönste Ort, den ich in Marokko gesehen habe, eigentlich hat mich fast alles andere mehr begeistert. Die Neustadt mit dem Viertel Guéliz, in dem unser Hotel liegt, ist ein moderner Stadtteil, mit Shopping Malls, Mc. Donald’s und Starbucks, mit vielen westlichen Cafés, mit relativ vielen modern und westlich gekleideten Frauen. Ganz nett aber nichts, das nicht auch woanders sein könnte. Die Medina – ja, die Gräber der Saadier und der Bahia Palast mit der anschließenden Mellah sind ganz nett. Ansonsten sind die Gassen, durch die ich bisher geschlendert bin, nichts Besonderes, und der hoch gelobte zentrale Platz Djemaa el Fnaa – naja, ein großer Platz. Auch am Abend, als viele Schlangenbeschwörer und Gaukler auftraten, fand ich das Flair ganz nett, aber da finde ich jeden asiatischen Nachtmarkt aufregender. Speziell hier, aber auch ringsum, sind die Verkäufer und Standbetreiber dann auch wirklich deutlich aufdringlicher als überall sonst im Land, dauernd bekommt man irgendeine Handelsware, Henna Tattoes oder Speisekarten der Essstände vors Gesicht gehalten, macht man ein Foto von einem der Darbieter, muss man zahlen (weswegen ich das auch gleich unterlassen habe), und auch mit den Taxifahrern gibt es mühsame Verhandlungen wie in Bangkok. Es war mir irgendwie immer klar, dass wohl nur dieser Platz gemeint gewesen sein kann, von dem alle sprachen, als sie meinten, die Marokkaner seien so mühsam und lästig. Und in der Tat – genau an diesem einen einzigen Platz ist das auch so. Wir gingen in der Nähe des Djemaa el Fnaa dann Abendessen, mit sehr nettem Ausblick von einer Dachterrasse auf die Koutoubia Moschee, das Essen war aber bestenfalls durchschnittlich, eigentlich das Couscous das langweiligste der gesamten Reise. Und auch sind, wie erwartet, die Touristenmassen um einiges größer als überall sonst im Land – eigentlich waren selbst jetzt in der Nebensaison bereits an allen Attraktionen zu viele Touristen auszumachen, ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie es hier aussieht, wenn dann mal die wirkliche Saison beginnt. Angenehmer ist, zumindest unter Tag, aber die Temperatur, es hat feine 27 Grad ohne Wind, sodass man endlich mal kurzärmelig unterwegs sein kann, in der Nacht kühlt es trotzdem ordentlich ab.
Ich will Marrakesch nach diesen Eindrücken noch nicht abschreiben. Morgen gehört der Tag zwar noch zur Tour, wir haben aber bereits Freizeit, da das offizielle Besichtigungsprogramm abgeschlossen ist. Ich werde mich mal ein paar Gärten und den Soukhs der Stadt widmen, um am Abend das Abschiedsessen mit der Gruppe zu begehen. Mal sehen, ob mich diese Programmpunkte mehr begeistern können, die Gärten sollen ja wirklich schön sein. Übermorgen wird sich, nach Tourende, mein Bild vervollständigen, indem ich für die letzte Nacht noch in ein selbst gebuchtes Riad, eines der alten Herrscherhäuser, in der Medina übersiedeln werde – diese Erfahrung gehört zu einer Marokkoreise auf jeden Fall dazu. Abschließend möchte ich am Freitag dann noch André Hellers Anima Garden außerhalb der Stadt besuchen.
Wie gesagt, ich hoffe, der Funke springt noch über, ich werde euch morgen berichten, ob es geklappt hat…..