Für unsere jährliche Radtour hatten wir beschlossen, "sicherheitshalber" in Östereich zu bleiben. "Sicher" wohl wegen wechselnder Reisebestimmungen - denn pandemisch halte ich Staatsgrenzen nach wie vor für überbewertet und irrelevant. Ein wenig bekam ich am Wochenende vor der Tour die Krise. Das Wetter, das schon den Großteil des August höchst herbstlich und kühl gewesen war, war für das Ennstal grauenvoll vorhergesagt, Dauerregen und 14 Grad. Als mir eine Kollegin während des letzten Dienstes vor der Tour erzählte, sie würde ihre kommenden freien Tage dafür benützen, um ans Meer nach Sardinien zu fliegen, seufzte ich neidisch, dachte an Wärme, frischen Fisch, rauschende Wellen - und war knapp davor, einen Billigflug nach Spanien zu buchen. Letztendlich tat ich es aber nicht, denn die Aussicht auf Tage mit guten Freunden wog stärker als die Sehnsucht nach dem Sommer und dem Meer.
Und so wurde es letztlich die Radtour, die wir heuer gleich zu sechst in Angriff nahmen (neben der Stammrunde mit Peter, Harry und Martin zusätzlich mit Anita, die uns schon letztes Jahr begleitet hatte, und Uschi nahmen wir dann auch noch gleich dazu als kopcsarischen Doppelpack).....
Das Wetter......war im Endeffekt zweigeteilt. Die ersten beiden Tage war es wirklich grauslich, regnete viel, es gab aber immerhin entgegen der Vorhersagen auch hin und wieder Regenpausen. Also nicht ganz so schlimm wie angekündigt, kalt war es aber auf jeden Fall, und besonders glücklich war ich damit nicht, alle anderen können mit nasskaltem Wetter besser umgehen als ich. Auch wenn mir das oft als Hang zum Drama ausgelegt wird, ich fühle mich unter diesen Bedingungen einfach unwohl. Ist so und kann ich nicht ändern. Mittwoch kam der Wendepunkt - kein Tropfen mehr vom Himmel - und mit den Tagen wurde es sonniger und auch etwas wärmer. Vom Regen in die Sonne also - sodass mir die zweite Hälfte der Tour besser gefiel.
Die Strecke....wir waren uns fast alle einig, dass wir schon schönere Radtouren gefahren waren als jene im Ennstal. Das obere Ennstal zwischen Radstadt und Liezen ist wunderschön, dieser Abschnitt ging in Regen und Wolken allerdings etwas unter. Der Weg durch das Gesäuse ist wild und rau und landschaftlich sehr schön - der Radweg verläuft hier aber fast ausschließlich auf der Hauptstraße, was irgendwie nicht ganz so idyllisch ist. Danach wird die Landschaft "lieblicher", der Weg ist aber weiterhin sehr oft Straßen geprägt, wenn nicht direkt auf einer solchen dann begleitend daneben, und wo er doch einmal abweicht und an netten Bauernhäusern und kleinen Dörfern vorbeiführt, ist er zumindest sehr sehr hügelig und somit fahrtechnisch sehr anstrengend. Die Landschaft ist insgesamt nett, der Radweg nicht immer. Näheres später in der etappenweisen Beschreibung der Route.
Die Kulinarik und die Freunde......die beiden Highlights. Kulinarisch ließen wir es uns schmecken wie immer - auf oft sehr hohem Niveau. Auch hier Tipps und Highlights in der nachfolgenden Übersicht. Ja, unsere Radpartie ist einfach eine ganz spezielle Konstellation, die beiden Mädels fügten sich in unsere Stammformation harmonisch ein, wir alle haben unsere meistens liebenswürdigen oder noch liebenswürdigeren Schrulligkeiten, die wir je nach Situation auch gerne ausleben und uns dafür jeweils auf die Schaufel nehmen und nehmen lassen - so darf und muss es sein, und es machte im Endeffekt die Tage wieder besonders wertvoll. Tage mit nahestehenden Leuten zu verbringen ist wichtiger als wohlig warmes Meeresrauschen - die Quintessenz die ich am Ende aus diesen Tagen mitnehme.
Mein Ausblick....der ist ungewiss. Im September schon wieder nur Arbeit und keine längere Freizeitperiode mehr. Frühestens im Oktober schaffe ich es also ans Meer. Die Sehnsucht danach ist groß. Ob meine Dienstplaner und die Delta-Variante da der gleichen Meinung sind und Einsehen haben, bleibt abzuwarten - ich hoffe es jedenfalls. Die Zeit wird es zeigen - und ihr Blogleser werdet es als Erste erfahren. Inzwischen erfreut euch an den Fotos aus dem Ennstal und vielen Tipps zum Radweg. Ich hoffe, wir lesen uns bald mit Meeresrauschen im Hintergrund!
Der Ennstalradweg ist in etwa 260 Kilometer lang, beginnt bei der Quelle der Enns im salzburgischen Flachauwinkl und endet an der Mündung des Flusses in die Donau am gleichnamigen Radweg bei Enns. Aufgrund der etwas mühsamen Anreise nach Flachauwinkl (kein Bahnhof) entschieden wir, 20 Kilometer flussabwärts in Radstadt zu beginnen. Begleiter war wie immer unser Bikeline Buch. Zuverlässig war er diesmal nur, was die Streckenführung an sich betrifft, auch Reiseführer mit Tipps zu Orten und Sehenswürdigkeiten war er ein verlässlicher. Was beim Ennsradweg aber entscheidender ist, nämlich die vielen Steigungen und Abfahrten zu skizzieren - da war diese Ausgabe ziemlich lückenhaft. Sich auf Anstiege mental einzustellen und anhand dessen auch die Etappenlänge dementsprechend zu gestalten, war immer eines der wesentlichen Assets der Bikelines, das diesmal nur unzureichend erfüllt wurde.
Etappe 1: Radstadt - Tunzendorf (ca 40 Kilometer)
Ab Radstadt führt der Ennstalradweg bald in die Steiermark, durch Schladming hindurch fährt man abwechselnd auf Radwegen und kleinen Nebenstraßen durch das hier sehr schöne Ennstal zwischen Dachstein und Planai. Sehen konnten wir davon leider nur wenig aufgrund der vielen Wolken.
Alpen Experience Hotel Tunzendorfer Wirt, Tunzendorf
Etwas seltsames Hotel im kleinen Tunzendorf, geführt von einem unkompliziert freundlichen Niederländer. Die Zimmer sind etwas abgewohnt aber in Ordnung, das Gebäude von außen auch nicht sehr ansehnlich. Frühstück war gut, es gibt auch ein Restaurant, das aber Ruhetag hatte. Der Besitzer borgte uns völlig unbürokratisch seinen Van zum Selbstfahren, um zum Abendessen ins nahe Gröbming hinauf zu fahren. Letztendlich passte das Gesamtpaket.
https://de.alpenexperiencehotel.com/
Gasthof zur Post, Gröbming
Sieht unscheinbar aus, die Küche ist aber hervorragend und variantenreich. Spagat zwischen lokaler Küche wie Käsespätzle und internationalen Klassikern der Moderne à la Pulled Pork Burger. Meine Rindsrouladen mit hausgemachten Nockerln waren jedenfalls ausgezeichnet. Sehr freundliche Bedienung. Leider nur ein Facebook Link statt eigener Homepage
https://www.facebook.com/pages/category/Gastropub/Gasthaus-zur-Post-425384597622533/
Etappe 2: (Tunzendorf - Liezen) - Admont (etwa 25 Kilometer Radstrecke)
Wir kürzten aufgrund der Wettersituation die Strecke um 33 Kilometer und legten den Abschnitt von Tunzendorf nach Liezen mit dem Zug zurück. Ab Liezen führt der Weg entlang von Autobahnkreuzen und viel befahrenen Straßen via Ardning nach Admont.
Karins Treff, Ardning
Sehr freundliches kleines Lokal neben dem Bahnhof des kleinen Ortes Ardning. Spezialisiert auf Kuchen und Torten, die in absoluter Spitzenqualität auf den Teller kommen. Dazu kleine Snacks wie Suppen und Getränke.
http://www.karin-s-treff.at/
Stift Admont
Weithin bekannt ist das Benediktinerstift Admont. Wurde vor kurzer Zeit modernisiert mit zeitgemäßem Eingangsbereich, einer interessanten Ausstellung alter Urkunden und der berühmten größten Klosterbibliothek der Welt. Geöffnet täglich 10-17 Uhr, Eintritt 12,50 EUR.
https://www.stiftadmont.at/
Landgasthof Buchner, Admont
Unser Domizil für die zweite Nacht. Große geräumige und angenehme Zimmer, mitten im Ortszentrum Admonts vis-à-vis des Stiftes gelegen. Sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis, auch Restaurant mit solider Küche ohne besondere Highlights.
https://www.landgasthof-buchner.at/
Etappe 3: Admont - Schloss Kassegg (ca 45 Kilometer)
Man verlässt Admont, fährt nach 8 Kilometern ein in den Nationalpark Gesäuse. Ab hier nur noch Straße, teilweise stark befahrene Hauptstraßen. Landschaftlich sehr hübsch, viele Steigungen und um das Schloss Kassegg zu erreichen, ist eine 6 Kilometer lange Bergwertung erforderlich.
Erlebniszentrum Weidendom
Im Nationalpark Gesäuse sind hier mehrere Aspekte aufbereitet, die Natur bewusster zu erleben. Sehr gut gemacht und interessant zu besuchen.
https://gesaeuse.at/poi/erlebniszentrum-weidendom/
Nationalpark Pavillon Gstatterboden
Kleine Ausstellung, Film mit Informationen zum Nationalpark Gesäuse. Dazu ein nettes kleines Restaurant, vereint traditionelle Holzelemente und modernes Design, sehr gemütlich zum Sitzen und gute kleine Karte.
https://gesaeuse.at/poi/nationalpark-pavillon-gstatterboden/
Naturhotel Schloss Kassegg
Altes Schloss in herrlicher Lage zwischen Wald und Berg. Behutsam restauriert, Altes erhalten, mit allen modernen Annehmlichkeiten ausgestattet. Unsere dritte Unterkunft war bestimmt die originellste. Solides Abendbuffet und ein herausragend gutes Frühstücksbuffet mit regionalen Produkten, Bio-Tees und einer gigantischen Auswahl wie hausgemachten Marmeladen, verschiedene Sorten Ziegenkäse oder ein wunderbares selbst hergestelltes Bircher Müsli. Darf man sich gerne mal gönnen, zumal das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmig ist.
https://www.hotel-kassegg.at/
Etappe 4: Schloss Kassegg - Losenstein (gut 50 Kilometer)
Straße, Straße, Hügel, Hügel. So kann man diese Etappe beschreiben, die von der Steiermark nach Oberösterreich führt. Zunächst weitere 25 Kilometer auf stark befahrener Bundesstraße, danach abseits durch Wälder, vorbei an kleinen Bauernhöfen, Almen und Dörfern. Landschaftlich hübsch, radlerisch anstrengend. Neben regelmäßigen Abfahrten ebenso regelmäßig teils starke Steigungen.
Gasthof Eisentor, Losenstein
Unser letztes Domizil in dem uralten Haus aus dem Jahre 1584 (mit noch erhaltener Decke in der Gaststube). Liegt mitten im Ort Losenstein, in dem sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen. Die Zimmer sind schön und modern, aufgrund der alten Mauern etwas kalt. Das Restaurant ist ausgezeichnet, das Wild aus der Gegend zergeht im Mund, ein Rehrücken rosa gebraten in Eierschwammerlsauche mit Kroketten und Rotkraut ein Gedicht. Auf jeden Fall ein Tipp in der Gegend.
http://www.gasthof-eisentor.at/
Etappe 5: Losenstein - Enns (gut 40 Kilometer)
Eine große Steigung noch nach dem Denkmal des größten Taschenfeitels der Welt in Trattenbach. Danach geht es Richtung Steyr und mehr und mehr ins Flachland, auch hier wieder viel auf Straßen. Nachdem man sich am wunderschönen Marktplatz der regelmäßig von Hochwasser überfluteten Altstadt Steyrs erfreut hat, wird der Abschnitt nach Enns eher langweilig. Maisfelder, Flussauen, schließlich wieder entlang der Straße, erreicht man Österreichs älteste Stadt mit ihrem markanten Stadtturm. Radtechnisch keine große Herausforderung mehr und auch kein besonderes Highlight.