Denn zunächst hieß es Aufstehen um 5. Eine Wanderung stand auf dem Programm - endlich einmal etwas Bewegung sollte gut tun. Wir fuhren gut eine Stunde hinauf in die Hochebene der Horton Plains, sahen dabei einen schönen Sonnenaufgang über dem Bergland und wanderten dort dann eine gut 9 Kilometer lange Runde. Die Landschaft war hier eigentümlich und wieder einmal ganz anders. Grasland mit Büschen und hin und wieder Eukalyptusbäumen prägten die Gegend, die mich einigermaßen an Australien erinnerte. Ein Wasserfall und der World's End Lookout weit hinunter waren die Höhepunkte. Es war in der Tat sehr gut, sich mal wieder etwas bewegt zu haben, wirklich sehr abwechslungsreich fand ich die Tour jetzt nicht. Als wir gegen 10 nach rund drei Stunden wieder Richtung Parkplatz kamen, strömten allerdings bereits die Massen ein. Sri Lanka hatte einen Feiertag bzw ein langes Wochenende - und riesige Gruppen an Einheimischen stürmten den Berg. Der Parkplatz platzte bereits aus allen Nähten, als wir los fuhren, und die Straße bergab wurde zum absoluten Nadelöhr. Diese ist nämlich so schmal, dass kaum 2 Autos aneinander vorbei passen, allerdings waren es nicht 2 Autos, die uns entgegenkamen, sondern eher 200, auch Kleinbusse versuchten sich den Berg hinauf zu quälen und standen uns ratlos gegenüber, wie man sich denn nun ausweichen sollte. In nur kurzen Abständen wiederholte sich dieses Szenario, das man jeweils in mehrminütigen Zwischenstopps auf mehr oder weniger kreative Weise löste. Ein merkwürdiges Schauspiel - Naturerlebnis auf Sri Lankesisch. Gibt es irgendwo klare Bergluft, ersticke man sie am besten in einer Mischung aus Abgasen und Menschenmassen. Einsamkeit und Ruhe auf dem Berg - nicht in Sri Lanka. So etwas hatte ich echt noch nie gesehen und ließ mich den Kopf schütteln. Unsere Fahrt hinunter hatte im Endeffekt 2 Stunden gedauert - die, die es noch hinauf versuchten, werden wohl am Ende eher mindestens drei gebraucht haben und dann keinen Parkplatz finden. Gut dass wir so früh losgezogen waren, um wenigstens so halbwegs ohne große Menschenmengen ein wenig Natur geatmet zu haben. Im Endeffekt hakte ich die Wanderung als ganz nett aber kein großes Highlight mit einer ziemlich nervigen Rückfahrt ab.
Wir mussten dann - entsprechend spät wieder im Quartier - auch gleich weiter. Denn das besagte Highlight stand jetzt dann vor der Türe - die Bahnfahrt nach Ella. Wir kamen zur Zugstation und hatten das sprichwörtliche Glück des Tüchtigen. Entweder der frühere Zug war zu spät dran oder der spätere zu früh, egal, in dem Moment, als wir den Bahnhof betraten, fuhr der Zug ein, und schon waren wir drin für unsere zweieinhalb stündige Fahrt nach Ella. Dritte Klasse. Im Gegensatz zu Myanmar damals, war die Zugfahrt ein super tolles Erlebnis - ich würde fast sagen, neben dem Felsen von Sigiriya eigentlich DAS Highlight der Tour. Der Standard der dritten Klasse war überraschend hoch - zwar mussten wir die erste Stunde stehen, da es recht voll war, aber es ging gesittet zu und das Abteil war in sehr gutem und gepflegtem Zustand. Die Einheimischen sind auch im Zug höflich und zuvorkommend und dem Gast gegenüber freundlich gesonnen - ich mochte die Atmosphäre inklusive Samosa Verkäufern. Noch schöner wurde es aber, als sich der Zug leerte und ich dann für den Rest der Fahrt an der offenen Türe saß bzw mich auch aus dieser hinauslehnte. Das ist hier kein riskantes Unterfangen sondern gang und gäbe, denn der Zug rattert in gemächlichem Tempo auf den spektakulär zwischen Teeplantagen und Steilhängen eingebetteten Gleisen nach Ella hinunter. An der Tür war es luftig, und es war wunderschön, die sehr hübsche Landschaft an sich vorbeiziehen zu lassen und den Fahrtwind an der Nasenspitze zu spüren. Sehr zufrieden stieg ich dann im tiefer gelegenen und daher auch wieder wärmeren Ella aus.
Ella ist eigenartig. Eigentlich ist es ein kleiner Ort, der aus einer einzigen Hauptstraße besteht, an der sich innerhalb weniger hundert Meter ein kleines Zentrum erstreckt. Und doch hat es sich zu einer kleinen Traveler Community entwickelt, wo es die dafür übliche Ansammlung an westlich geprägten Bars und Cafés gibt und man sich in eine andere Welt versetzt fühlt. Ganz angenehm ist es hier - und unsere Unterkunft auch mitten im Zentrum. So aßen wir gleich nach unserer Ankunft am späteren Nachmittag eine Kombination aus Mittag-und Abendessen, die Gruppe zerschlug sich dann, nachdem alle müde waren nach dem langen Tag, ich ging noch mit Lars und Ida, dem schwedischen Pärchen, auf ein paar Drinks. Ida ist eine leidenschaftliche Reisende und war schon an den unmöglichsten Plätzen dieser Welt und führt ebenso wie ich diverseste Statistiken über Länder und Plätze, an denen sie schon war - die Gesprächsthemen gingen uns entsprechend keine Sekunde lang aus. Und so wurde es ein gemütlicher Ausklang eines recht intensiven Tages.
Morgen bleiben wir hier - eine Wanderung am Vormittag steht an, der Nachmittag ist frei - also Mango Lassi schlürfen und das Leben auf boboeske Art und Weise genießen wird vermutlich das Motto sein. Mehr dazu beim nächsten Mal!