Noch gestern erfuhr ich in Poznan einen weiteren Flash der Begeisterung, als ich mich zur Alten Brauerei begab. Deren Ziegelmauern wurden erhalten – sie bilden nun den Rahmen für ein riesiges modernes Shopping-und Kulturzentrum, die ultramoderne und die alte Architektur wurden harmonisch zusammengeführt, zwischen Einkauf und Kunst wurde auch ein Hotspot mit Cafés, Restaurants und Bars geschaffen, wo sich vorwiegend junge Menschen auf Liegestühlen im umgebenden Park ein schönes Leben machen. Die Alte Brauerei von Poznan wurde im Jahr ihrer Eröffnung in den Nullerjahren sogar als weltbestes Einkaufszentrum ausgezeichnet – ich kann gut verstehen, warum. Diesen Spagat, aus einem schnöden Shopping Center einen Ort, an dem man sich wohlfühlt und gerne aufhält zu schaffen, wie es beispielsweise bei unseren Gasometern so grandios gescheitert ist, den hat man hier mehr als hinbekommen. Ich genoss diese wunderbare Stimmung, ehe ich mich dann wieder zum Hauptplatz begab und mir in schönem und sehr freundlichem Ambiente eine klassische Posner Spezialität, nämlich Ente mit Germknödeln (!) und Preiselbeerapfel, schmecken ließ.
Nach dem Frühstück zog ich dann weiter. Das Wetter war auch heute dann besser als befürchtet, die Front war über Nacht durchgezogen und hatte sich ausgeregnet, es wurde ein heiter bis wolkiger, wenn auch herbstlich kühler Tag. Das störte mich aber nicht weiter, ich machte einen kurzen Stopp in Gniesno (Gnesen), dem Ort, an dem angeblich der erste polnische Staat gegründet wurde. Heute steht an dieser Stelle der Gnesener Dom, viel mehr gibt es aber auch nicht zu sehen. Eine hübsche Holzkirche war mir dann auf dem Weg nach Torun noch einen kurzen Stopp wert.
Torun – UNESCO Welterbe und neben der Tatsache, dass mit Kopernikus ein nicht ganz unbedeutender Astronom und Mathematiker hier geboren wurde auch dafür bekannt, dass es über einen der am besten noch original erhaltenen mittelalterlichen Stadtkerne Europas verfügt. Wir befinden uns hier im Herzen der Region Kujawien-Pommern – und im Gegensatz zu Wroclaw oder Poznan dominiert hier ein anderer Architekturstil, nämlich Backsteingotik. Als ich über die Brücke über die Weichsel kam und die Silhouette der Stadt erblickte, da war er bereits, dieser Wow Moment. Die alte Stadtmauer, die Türme, das Ensemble, einfach nur genial. Das steigerte sich noch, als ich auf mein Hotel zusteuerte, welches direkt in die alte Stadtmauer integriert ist. Das Restaurant in einen der Wehrtürme hineingebaut, es verschlug mir die Sprache, so schön war das. Die Begeisterung ließ auch nicht nach, als ich durch die Stadt spazierte – diese Gassen, diese Häuser, diese schönen Cafés und Restaurants, diese Stadttore. Lustiger Weise traf ich hier auch noch auf die verhältnismäßig meisten Touristen meiner gesamten Tour durch Polen, ich sah neben einer ganzen Reisegruppe (!) aus Polen, die ausgerechnet beschlossen hatte, genau vor mir die Runde zu machen und mir immer die Sicht zu verstellen, die ich aber dann durch eine Rast bei einem Bier wieder abschüttelte, auch vereinzelt Autokennzeichen aus den Niederlanden, Deutschland und Frankreich und hörte sogar ein paar wenige Touristen italienisch sprechen. Bitte, fast schon überlaufen ;-) Torun ist aber auch, eine kleine aber mehr als feine, Universitätsstadt, bezeichnender Weise trifft man hier auf diverse Fakultäten der Kopernikus Universität. Junge Menschen im Straßenbild tun immer gut, sorgen sie doch nicht zuletzt dafür, dass es eine angenehm vielfältige Lokalszene gibt, aber auch setzen sie ein sichtbares Zeichen, dass eine Stadt nicht ausstirbt sondern weiterlebt. Gerade aus den osteuropäischen Ländern wandern die Jungen oft aus, weil sie, als EU Bürger sehr unkompliziert, bessere Verdienstmöglichkeiten im Westen vorfinden. In Polen sind die Städte aber sehr belebt, die Abwanderung geht hier auch zurück, die Löhne sind gestiegen, das Land präsentiert sich in den Städten weltoffen und sehr modern. Wo all die national katholischen Kaczynskis zu Hause sind, die dafür sorgen, dass Polen nach außen hin immer besonders unsympathisch repräsentiert wird, ist mir ein Rätsel, in den jungen Städten aber bestimmt nicht, da sieht es eher so aus, als hätte sich die PiS verpisst – was für ein passend schönes Wortspiel ;-) Und nachdem die Landschaft eh langweilig ist, bleibe ich eben in dieser meiner Blase und oute mich als ein Riesenfan der wunderschönen Städte dieses Landes. Falls das bisher noch nicht genug rübergekommen sein sollte ;-))
Ja, meine zweite Reise geht langsam dem Ende zu, ich werde nun noch gut essen gehen, einen schönen Abend genießen, und mich morgen nach dem Frühstück auf den Rückweg nach Warschau machen, das Auto zurückgeben und nach Hause fliegen. Diesmal fix gebucht, denn einen Tag vor dem Dienst Standby zu fliegen ist mir im Moment unter den gegebenen Umständen zu riskant. Wie immer ein letztes Update und viele Infos für eine Polenreise dann von zu Hause aus….genießt mal wieder traumhafte Bilder!