Santana, Sao Tomé e Principe, 17.15 Uhr
Heiter, 28 Grad
Ich habe mir gedacht, ich könnte mich beruflich verändern, um endlich endgültig ins Warme zu ziehen – und so hab ich mal einen Tag lang ausprobiert, wie es so wäre, sein Dasein als Taxifahrer auf Sao Tomé zu bestreiten. Wer sich nun nicht auskennt, der liest einfach weiter ;-)
Nachdem meine Zuneigung zu Sao Tomé gestern ja noch etwas verhalten ausgefallen ist, so hat sich das heute schlagartig geändert. Der Tag begann auch gleich besser, denn als es um 6 Uhr hell wurde, strahlte doch tatsächlich die Sonne in mein Baumhaus. Also gleich schnell mal alles Wesentliche fotografisch festgehalten. Nach dem Frühstück traf ich dann auf Andreia. Sie ist aus Portugal und managt für Yves, der nicht so oft vor Ort ist, die 5 Häuser, die sie vermieten. Ich hatte sie bisher noch nicht gesehen, da sie am Wochenende frei gehabt hatte, aber heute war ja Montag. Aja, genau ;-) Sie spricht jedenfalls fließend Englisch, und so konnte sie mir viele Tipps, Restaurantempfehlungen und Anregungen für Aktivitäten geben. Auch bestätigte mit Andreia, dass es völlig okay wäre, Menschen am Straßenrand im Auto mitzunehmen, das sei hier normale Hilfe von denen, die sich ein Auto leisten können für jene Mehrheit, die das nicht kann. Und dass man Kindern keinesfalls Süßigkeiten geben sollte – die kommen in der gesunden lokalen Ernährung nämlich nicht vor, womit es auch kein Kariesproblem gibt – die Zähne werden durch Süßes angegriffen, es gibt aber natürlich kein ausreichendes System an Zahnärzten, um die Folgeerkrankungen zu behandeln. Was die Katze betrifft, hatte sich meine Vermutung bestätigt – die Mieter vor mir waren, so erzählte mir Andreia, ganze 3 Wochen hier gewesen und haben sie immer mitgefüttert, sodass sie denkt, sie muss sich jetzt nicht mehr um ihr eigenes Futter bemühen. Quasi, weil es so aktuell ist – Sao Tomé hat viel mit Wien gemeinsam, nicht mal mehr die Katzen stehen hier früh auf um arbeiten zu gehen und lassen sich durchfüttern ;-)) Der musste jetzt einfach sein – vielleicht mag mir der Basti die Katze ja abnehmen und ihr zeigen, wie man für sein Auskommen zu sorgen hat ;-)))
Anyway, gutes Wetter, gute Unterhaltung, da sah das Alles doch gleich anders aus. Auch die ärmlichen Behausungen waren weniger bedrückend. Und als ich dann heute den Nord-und Westteil der Insel erkundete, lernte ich nicht nur nette Strände und herrliche Vegetation kennen, sondern auch die Bevölkerung Sao Tomés. Ich war einfach gut gelaunt, und so nahm ich immer wieder Menschen mit, die am Straßenrand auf einen Heimtransport ins nächste Dorf oder noch weiter warteten. So hatte ich Gesellschaft von 2 Fischern, die gerade ihren Fang auf den Ortsmarkt brachten, 2 Plantagenarbeitern, die fertig mit der Arbeit waren und auch eine Gruppe Schüler. Man muss wissen, das lokale öffentliche Transportsystem besteht ausschließlich aus Sammeltaxis, die nur dann fahren, wenn sie voll sind. Es gibt also keinen fixen Fahrplan sondern es kann auch vorkommen, dass man sehr lange warten muss. Denn voll heißt wirklich voll – Minibusse und Pick Ups gelten erst dann als voll, wenn Leute auf den Dächern sitzen oder aus den Fenstern raushängen. Besonders lustig war es bei den Schülern – als ich sagte, sie sollen einsteigen, drängten natürlich gleich 10 gleichzeitig in meinen Jeep – weil sie es ja auch so gewohnt sind. Ihnen klar zu machen, dass ich nur dann losfahre, wenn maximal 4 Personen im Auto sitzen, war mit Händen und Füßen gar nicht so einfach, denn sie verstanden natürlich nicht warum ich mit in ihren Augen halb leerem Auto durch die Gegend fahren will. Jedenfalls waren sie sehr stolz drauf, im Jeep mitgenommen zu werden, und auch die Verwandtschaft war freudig überrascht, als sie ihre Kinder aus dem Jeep des Europäers steigen sahen. Lustig, hatten mich gestern die ärmlichen Verhältnisse noch etwas bedrückt, vielleicht auch, weil ich in der Form damit nicht gerechnet hatte, habe ich mich heute besser darauf eingestellt, die Leute sind hier sehr freundlich und fröhlich, und im Grunde leben sie ihr nicht immer einfaches Leben ohne zu klagen. Sao Tomé ist wesentlich afrikanischer als ich mir das vorgestellt hatte, der Lebensstandard ist einfach viel niedriger als auf den Seychellen oder Mauritius – das muss man akzeptieren und in dieser Erkenntnis fühlt man sich dann auch gleich viel wohler. Ich hoffe ihr versteht so zirka, wie ich das meine. Im Endeffekt wollte ich ja auch ins „richtige“ Afrika diesmal, das man so nehmen muss wie es ist und das seine kreativen eigenen, teilweise sehr unkonventionellen Wege findet, mit dem Mangel an Materiellem umzugehen. Es ist eine andere Welt als die, in der wir leben, und diese Aussage ist als wertneutral zu betrachten, nicht besser oder schlechter, sondern anders. Nun ja, um zum Eingangsstatement zurückzukommen, das neue Berufsbild „Taxifahrer auf Sao Tomé“ kennenzulernen war spannend und positiv, ich denke, ein Leben lang werde ich aber vielleicht doch nicht damit verbringen wollen, Menschen, die auf dem Dach meines Autos sitzen durch Knie tiefe Schlaglöcher zu befördern. Und die Taxiprüfung habe ich ja sowieso nicht bestanden, denn nur zu fünft in einem Auto für 5 Personen zu sitzen, ist ja wohl wirklich höchst weicheiig ;-))
Dazwischen gab es ein höchst feines Mittagessen mit Traumaussicht, und zum Abschluss folgte dann wieder ein Bad im Atlantik an meinem Hausstrand, auch diesmal begleitet von einer Hand- und Fußkonversation mit ein paar neugierigen Jugendlichen aus dem Ort. Wie ihr seht, das Reisefieber ist etwas verhalten angelaufen aber nun lodert es. Und so möge es bleiben!