Nachdem mich in den letzten Tagen einige Leute darauf angesprochen haben, ob es denn wieder ein Update meines Corona Tagebuches gäbe, war die Antwort stets ein schlichtes „Nein“. Einfach, weil es nicht wirklich irgendetwas Interessantes zu sagen gibt. Ich habe mich mit der Situation arrangiert, die anfängliche Panik und Depression sind einer seither anhaltenden Gleichgültigkeit gewichen. So nach dem Motto – „ist halt so, verschwendete Lebenszeit, kann man nix machen“ – lasse ich mein Leben seither auf Sparflamme dahinköcheln. Seit dem Wochenende ist es draußen auch kalt und so, dass man das Haus auch unter normalen Umständen nicht gerne verlassen würde, und genau genommen finde ich es in der Wohnung eh angenehmer, weil in den eigenen vier Wänden wenigstens Normalität herrscht im Gegensatz zu den Straßen, die zumindest hier in Wien 3 ohne Menschen wie eine Geisterstadt wirken. Und in den Geschäften, wo andere Menschen sowieso nur noch als bedrohliche Virenschleudern auf 2 Beinen wahrgenommen werden, denen es gilt, möglichst großräumig auszuweichen. Ja, das ist zur Zeit der geforderte gesellschaftliche Konsens des „Social Distancing“ – vermutlich notwendig aber dennoch abartig anzusehen und daher für mich leichter zu ertragen, wenn ich gar Niemandem ausweichen muss und Niemandem begegne.
Meinen Alkoholkonsum habe ich auch wieder eingestellt, bereits seit 6 Tagen schon, denn dass das mit dem „Sich etwas Schönsaufen“ wirklich klappt, halte ich auch nur für ein Gerücht. Abgesehen davon, dass ich erstmals seit einem Jahr vor 3 Tagen wieder eine meiner berühmten Magensäureattacken hatte, die mir heftige Krämpfe bescherte und mich von Bier auf Fencheltee umsatteln ließ. Das mit dem sich wenigstens kulinarisch etwas zu gönnen klappt dadurch im Moment auch nicht so gut, der Magen wird mit Säureblockern langsam besser, dafür ist seit gestern mein Geschmacksinn verschwunden. Keine Ahnung wieso, denn eigentlich ist meine Nase nicht verstopft. Warum auch immer – fällt auch in die Wurschtigkeitskategorie. Meine Sinne passen sich offenbar meinem Gehirn an und schrauben meine Systeme auf ein Minimalniveau herunter.
Ich habe mich auf die freiwillige Liste der Flugbegleiter für die Heimholflüge setzen lassen, mal sehen, ob da noch etwas kommt – die meisten davon werden auf der 777 für die Langstrecke durchgeführt, für die ich nicht qualifiziert bin, für die Kurz-und Mittelstrecke beauftragt das Außenministerium eher Lauda und Level. Wäre zumindest eine sinnvolle Beschäftigung.
Dazwischen nutze ich die Telekommunikationsmöglichkeiten unserer Zeit und führe täglich 1-2 längere Konversationen, ein halbwegs netter Ersatz, dass man Niemanden treffen darf, allerdings bei Weitem kein vollwertiger. Besser als nichts. So wie bei Allem – die Telekommunikation macht es einfacher als eine vergleichbare Situation in meiner Kindheit zu bewältigen gewesen wäre. Dinge auf die virtuelle Ebene zu verlagern, ist zwar nett gemeint, dennoch wird kein virtuelles Gespräch, kein virtueller Unterricht, keine virtuelle Kulturveranstaltung, jemals echte Kontakte ersetzen können. Es mag sein, dass im Geschäftsleben, das ja grundsätzlich ein oberflächliches ist und in dem es weniger um die gegenüberliegende Person als Person sondern darum, was man aus dieser finanziell herausholen kann, geht, durch Telekonferenzen echte Zusammenkünfte in zunehmendem Maße überflüssig werden könnten. Bei den persönlich wertvollen Kontakten wird das nie der Fall sein, jeder, der Anderes behauptet, betreibt Schönfärberei. Ich finde Schönfärberei sinnlos. Ich gebe zu, dass meine ersten beiden Postings hier zu dem Thema recht düster waren – ich habe es aber auch vorangestellt, dass diese Beiträge so werden, weil ich sie schrieb, um etwas Frust von der Seele abzuladen. Und die Situation so für mich dadurch im Endeffekt besser wurde. Jeder geht anders um mit Ängsten und negativen Gedanken, manche verdrängen sie, manche lassen sie nicht zu und fordern einen fast auf, sie zu unterlassen und stattdessen irgendetwas Positives an ihre Stelle zu setzen. Das ist nicht mein Zugang. Ich finde, Emotionen jeder Art gehören nicht in sich hineingefressen, und sie gehören auch nicht verdrängt, sondern sie gehören rausgelassen. Positive wie negative. Meine Art, dass sie rausgehen ist eben, sie niederzuschreiben – in meinen vielen Reisereportagen auf dem Blog waren es meist sehr positive Gefühle, die ich durch viele Glücksmomente auf meinen Reisen erlebte, die ich hier in allen Details geschildert habe. Und jetzt sind es, und ich bin mir sicher es geht in dieser für jeden Menschen einzigartigen Situation sehr vielen so, eben nicht immer positive – aber auch das ist in Ordnung, besser, als sie hinunterzuschlucken oder zwanghaft schönzufärben. Man kann die Situation einfach annehmen, wie sie ist – beneidenswert sind jene, die auch jetzt dem Ganzen noch Positives abgewinnen können und bei denen das auch ernst gemeint ist und nicht nur schöne Sprechblasen wie vom „ruhigen Himmel ohne Kondensstreifen“ oder dem „Venedig, wo man die Fische wieder schwimmen sieht“. Ich habe die Situation für mich jedenfalls angenommen, ich weiß auch, dass sie noch länger andauern wird, auch wenn die sozialen Beschränkungen nach Ostern vielleicht ein wenig gelockert werden, werden zum Beispiel die Reisebeschränkungen nicht so bald wieder fallen, dieser Wahrheit muss man ins Auge sehen. Meine Strategie lautet jedenfalls jetzt – die Systeme runterfahren, Augen zu und durch. Hilft mir ungemein dabei, mich nicht hineinzusteigern und zu verzweifeln wie am Anfang sondern das Ganze möglichst gut zu ertragen. Möge jeder und jede von euch seine und ihre Strategie finden, am besten durch diese Monate zu kommen. Keine Strategie ist richtig oder falsch, solange sie einem selbst dabei hilft, dass man das Ganze ohne psychischen Knacks übersteht. Psychotherapeuten gehören aber jedenfalls bestimmt zu jenen Berufsgruppen, die sich keine Sorgen um zu wenig Arbeit werden machen müssen, wenn das Alles vorbei ist ;-) Dafür, dass es eigentlich nicht viel zu sagen gab, ist dieser Artikel dann gar nicht mal so kurz geworden ;-)) Schönen Corona Alltag euch allen – wenn möglich ohne Corona! ;-)