Man muss sich die Baja California so vorstellen....ganz im Norden, an der Grenze zu den USA, gleich hinter San Diego, liegt Tijuana, eine Grenzstadt, in der Alles erlaubt war, was Jugendliche unter 21 in den USA nicht durften - Alkohol trinken, ins Casino oder auch ins Puff gehen, mal so richtig die Sau rauslassen. Ich maße mir kein Urteil über das Tijuana von heute an, denn mein Besuch in der verruchten Stadt ist über 25 Jahre her, als ich selbst erst zarte 23 war. Also kein aktueller Eindruck von dort, mein damaliger war aber durchaus bescheiden. So weit nach Norden werde ich diesmal auch nicht vordringen. 1300 Kilometer weiter im Süden, an der Spitze der Halbinsel, liegt Cabo San Lucas, wo sich auch der Flughafen befindet. Laut Beschreibung ist diese Stadt mein persönlicher Albtraum - große All Inclusive Clubs, Shopping Centers, Nachtklubs für amerikanische Spring Break Chicks. So eine Art Cancun 2. Alles, nur nicht Mexiko. Ich hatte gleich beschlossen, dass ich nicht persönlich überprüfen muss, ob es wirklich so arg ist wie es beschrieben wird oder vielleicht eh gar nicht so schlimm, dazu ist mir meine Urlaubszeit zu kostbar. Ich erlaube mir, die Berichte von dort als ausreichende Indizien zu bewerten, dass das wohl nicht meines sein wird und ich den Ort ruhigen Gewissens links liegen lassen kann. Zwischen Tijuana und Cabo San Lucas liegen 1300 Kilometer Wüste. Einsamkeit mit wenigen Städten und ein paar Orten aber vielen Kakteen. Oasen. Stränden ohne Menschen. Und das ist auch der Teil, den ich nun erkunde.
Todos Santos liegt rund 80 Kilometer nördlich von Cabo San Lucas. Es hat sich als Künstlerort einen Namen gemacht. Es gibt hier eine andere Art von Touristen. Solche, die eher individuell unterwegs sind, die ein kleines Boutique Hotel oder ein schönes B&B einem All Inclusive Bunker vorziehen. Die hübsche Cafés und gute Restaurants zu schätzen wissen und auch gern geschmackvolle Souvenirs kaufen wollen. Denen Nachtleben nicht wichtig ist, denn ein solches gibt es hier nicht. Die Cafés schließen gegen 18 Uhr, die Restaurants auch alle um 21 Uhr. Und in den wenigen Bars geht um 22 Uhr das Licht aus. Perfekt zum Flanieren, Genießen und Erholen. Perfekt für mich.
Mein Tagesprogramm heute zwischen den beiden Gärten mit dem tollen Frühstück und dem tollen Abendessen war auch sehr "slow paced" wie man wohl sagen würde. Ich klapperte bei großer Hitze ein paar Strände ab, genoss dort die Einsamkeit und die rauschenden Wellen des Pazifiks und war in dem Moment einfach nur froh, gerade nicht in Wien zu sein im Corona Wahnsinn. Ich versuche auch, die Nachrichten von daheim nur sehr am Rande zu verfolgen und schaue wirklich nur einmal pro Tag kurz die Schlagzeilen durch. Das ist ausreichend, um zu wissen, dass ich mich gerade an einem besseren Ort befinde. Im Hier und Jetzt in Todos Santos mit seinen Farben und seiner Wärme. Selbst ein kleiner Ausflug in die Schwarze Hütte war dabei mit dem klassischen gezackten schwarz-weißen Boden. Vollkommenen Mutes begegnete ich ihr und konnte ihr daher auch wieder entrinnen. Nein, ich habe keinen Sonnenstich abbekommen, falls ihr euch wundert, dass ich gerade in Rätseln schreibe. Nur eine Person, die ihr alle kennt, hat die Antwort :-)
Mein großes Vorhaben, meinen Ärger von gestern zu vergessen, ist jedenfalls perfekt gelungen, dieser angenehme Tag hat mich wieder auf den Boden gebracht und mich jetzt hier ankommen lassen. Die Baja ist ein Ziel der Stille, genau das tut mir jetzt auch sehr gut. Wenige Touristen verirren sich zwischen die beiden Endpunkte - und schon gar keine europäischen. In Europa ist mit Mexiko im Wesentlichen Cancun gemeint, dorthin gibt es jede Menge Direktflüge auch vom alten Kontinent, und von dort geht es direkt in die All Inclusive Clubs mit maximal ein paar Tagesausflügen zu ein paar Maya Ruinen. Die Touristen, die ich hier bislang getroffen habe, waren eigentlich alle aus den USA. Ich nehme fast an, wenn ich morgen nordwärts fahre, nach La Paz, in die Hauptstadt von BCS, werden es noch weniger werden, denn Todos Santos liegt noch sehr nahe an Cabo San Lucas und ist bequem von dort auch als Tagesausflug zu machen. Hier sprechen auch noch fast alle, die in den Cafés und Restaurants arbeiten, noch Englisch, ich hoffe, das wird sich ab morgen dann auch noch ändern. Ich sage immer gleich dazu, dass ich gerne Spanisch üben würde, was meistens dann auch respektiert wird. Das freut mich, denn gerade das mexikanische Spanisch ist ein besonders schönes, sehr klar und sehr melodisch und überhaupt nicht hart wie jenes in Spanien. Ich liebe den Klang dieser Sprache einfach, insbesondere bei Frauen mit einem Lächeln hat das etwas sehr Anziehendes. Nun ja, das Lächeln sieht man diesmal leider nicht oft, da meist versteckt hinter den "Cubrebocas", was ich als wohl zeitgemäßestes neues Vokabel gelernt habe. Anders als in Spanien, wo man die Maske mit "Masquerilla" bezeichnet, heißt sie hier so wie im Großteil Lateinamerikas "Mundbedeckung", ein wenig irreführend, wenn man das Wort Nase dabei weglässt, denn das könnte ja eigentlich implizieren, dass man die Nase dann ruhig frei lassen könnte. Naja, wie ich schon angedeutet habe, sind die Menschen hier, was das betrifft, sogar etwas übertrieben diszipliniert, und sie verstehen auch so, dass die Nase mitgemeint ist.
Gut, auch dieser Artikel ist wieder länger geworden als ich zu Beginn gedacht hätte, aber es ist, wie es sein soll. Was raus muss muss raus. Was La Paz zu bieten hat, und was mir sonst mal wieder alles durch den Kopf gehen wird - ihr erfahrt es bald! Hasta la proxima vez!