San Cristóbal de las Casas, Mexiko, 21.55 Uhr
Dunkel, 12 Grad
So lässt sich die Stimmung hier in Mexiko am treffendsten zusammenfassen, wie es ein altes mexikanisches Sprichwort besagt. Das Land, in dem angeblich, laut Diktum des designierten US-Präsidenten, ausschließlich Drogenhändler und Vergewaltiger leben, die mit einer Mauer, für die die Mexikaner selbst bezahlen sollten, für immer vom großen Nachbarn im Norden ferngehalten werden sollen, ist durch die geographische und auch wirtschaftliche Nähe besonders stark von diesem unseligen Votum betroffen. Wirtschaftlich ist man hier mehr als sonst irgendwo von den USA abhängig – und gleichzeitig erklärt der neu gewählte Präsident die Mexikaner zu so etwas wie Staatsfeinden. Keine Währung ist heute so stark in den Keller gerasselt wie der mexikanische Peso. Ich könnte mich noch stundenlang jetzt aufregen - die Riege der überzeugten Gratulanten allein – von Putin über Orban bis hin zu unserem unbedeutenden Mini-Führer HC – spricht Bände, was sich da für eine erlesene Ansammlung an geistigen Kapazitäten zusammengefunden hat. Ich hole hier aber nun nicht weiter aus – das „Land of the free“ ist für mich das „Land of the idiots“ und in den kommenden 4 Jahren Tabu-Zone, sämtliche Lust auf einen USA Urlaub, die ansatzweise aufgekommen war, ist wieder verflogen. Abgesehen davon, dass ich auf meiner Rückreise noch einmal Miami passieren muss, wird mich dieses Land der Vollidioten in der Amtszeit Donald Trumps bestimmt nicht wiedersehen. Ich selbst habe mit Gott ja nichts am Hut, aber wenn Mexiko dran glaubt, dann hoffe ich für mein Gastland, dass Gott sich ihm nähern möge und die USA dafür umso weiter entfernen.
Nun zurück zum Hier und Jetzt. Wir hatten zunächst wieder eine lange Fahrt am Programm, die uns in den Bundesstaat Chiapas führte. Bekannt wurde Chiapas 1994, als die Zapatisten Bewegung aufkam und die massive Benachteiligung der indigenen Bevölkerung wirkungsvoll anprangerte. Damals war es zu bürgerkriegsähnlichen Szenen gekommen – und Chiapas hat seither eine gewisse Autonomie. Wenn man über die indigenen Bevölkerungsgruppen hier in Mexiko spricht, so sind das in Chiapas die Nachfahren der Maya – wie auch dann in Yucatan und somit für den Rest meiner Reise. Die korrekte Bezeichnung für die amerikanischen Ureinwohner ist übrigens „Indigena“ und auf gar keinen Fall „Indio“. Letzterer Begriff war von den spanischen Eroberern als abwertendes Schimpfwort verwendet worden und gilt als höchst beleidigend.
Einer der landschaftlichen Höhepunkte von Chiapas ist der Sumidero Canyon (Canon de Sumidero), eine tiefe Schlucht mit bis zu 1000 Meter hohen Wänden, dicht bewachsen von Regenwald. Vom Wesen her durchaus ähnlich einem norwegischen Fjord, allerdings unterscheidet sich die Vegetation davon erheblich. Auch die Fauna ist eine andere, man sieht Alligatoren, Reiher und Affen. Wir befuhren den Canyon mit dem Boot, ein wunderbares Naturerlebnis.
Vom Canyon, der zwar nur 40 Kilometer, dafür aber über 2000 Höhenmeter von hier entfernt liegt, setzten wir unsere Fahrt fort und befinden uns nun in San Cristóbal de las Casas. Hatte es im Canyon noch um die 30 Grad gehabt, so halbierte sich das Temperaturniveau innerhalb von nur einer Stunde Fahrzeit, und in der Nacht wird es hier empfindlich kühl. Bei San Cristóbal handelt es sich um eine alte Kolonialstadt, die auch als „Zwilling“ des guatemaltekischen Antigua gilt. Juan meinte, Antigua gefiele ihm aber um Vieles besser. Ich habe die Stadt jetzt noch nicht bei Tageslicht gesehen, aber ich denke, er hat Recht. San Cristóbal ist eine eigenwillige Mischung – die lokale Bevölkerung ist fast ausschließlich indigen, dazu mischt sich das internationale Publikum einer klassischen Traveler Town – viele junge Backpacker aus unterschiedlichsten Ländern finden sich hier ein. Damit einher geht eine sehr große Auswahl an Restaurants, Cafés, Pubs und Bars. Natürlich ist es sehr touristisch, trotzdem empfand ich die Atmosphäre eigentlich als ganz angenehm und entspannt, wir aßen gut Abend, und es ist trotz Kälte am Abend viel los. Auf den ersten Blick ist es mir sympathischer als Oaxaca, aber mehr dazu morgen, nachdem wir sowohl die Stadt selbst als auch ihre Umgebung ein wenig unter die Lupe genommen haben werden…..