In Konsequenz bedeuteten 5 freie Tage Anfang August also – grünes Licht für Frankreich! Vor 2 Wochen gebar ich die grundlegende Idee, da ich Mont St. Michel immer schon mal sehen wollte und heuer die Chance witterte, dies ohne Millionen von anderen Touristen tun zu können. Ein paar nette Tage in der Bretagne, wo ich außer als Kleinkind ohne Erinnerung noch nie war, können eigentlich nie verkehrt sein, dachte ich (auch wenn Mont St. Michel gerade noch in der Normandie liegt). Vor einer Woche ging ich langsam an die Umsetzung, natürlich mit Mietwagen-und Quartierbuchungen, die bis einen Tag vorher kostenlos stornierbar waren. Auf etwas Anderes kann man sich momentan nicht einlassen. Und hier bin ich also auch schon – zwar nach einem langen Tag, aber dennoch völlig komplikationslos.
Ich nahm in der Früh den Flieger nach Paris, fuhr hier zum Gare Montparnasse, spazierte ein paar Stunden durch den Jardin du Luxembourg, gönnte mir eine phänomenale Käseplatte zu Mittag und bestieg dann den TGV in die Bretagne. Zugfahren in Frankreich ist super schnell (sofern nicht gerade gestreikt wird), und so war ich im Nu in Rennes, der Hauptstadt der Bretagne. Mietete mir direkt am Bahnhof mein Auto und zischte dann noch ein Stunderl an die Nordküste, in den kleinen Ort Cancale, bekannt als DER Hauptort der Austernzucht. Man konnte in der Ferne auch die Silhouette des Mont St. Michel erblicken, den ich an einem der beiden kommenden Tage besuchen werde. Ich quartierte mich in einer kleinen Privat Frühstückspension ein (Chambre d’Hotes) – und spazierte dann in den Ort.
Apropos smart – Frankreich wurde von Corona härter getroffen als Österreich, die Maßnahmen sind auch jetzt noch strenger. Die Maskenpflicht besteht in allen Innenräumen, in Geschäften, in öffentlichen Verkehrsmitteln, in Restaurants außer im Freien beim Aufstehen (wenn man bei Tisch Platz genommen hat, darf man die Maske als Gast dann auch innen ablegen). Die Bretagne ist nicht leer, der Zug war sogar komplett voll, und auch die Restaurant Terrassen in Cancale sind sehr gut besucht. Wie überall, gibt es hier heuer vorwiegend Inlandstourismus, mit Ausnahme weniger Deutscher, Niederländer und Belgier hört man nur Französisch – und auch wenn ich ein Gegner des Einigelns im eigenen Land bin, finde ich das ja auch durchaus charmant, in Frankreich richtig in Frankreich zu sein. So gesehen, bleibt alle anderen ruhig daheim, ich komme trotzdem und genieße ;-)
Und das sehr. Das Essen – Fisch und Meeresfrüchte ebenso wie dunkles Schokomousse – wie immer ein Traum. Die Küste – wild und zerklüftet, wunderbar, die Bretagne ist bekannt als eine jener Gegenden mit den größten Gezeitenunterschieden. Davon sehe ich morgen mehr. Das Licht – hier ganz speziell – ewig lange hell so weit im Westen, auch noch Anfang August. Trotzdem eher irisch und rau, kein mildes Licht sondern ein diffuses aber schönes. Die urigen Steinhäuser mit ihren blühenden Hortensien – malerisch. Ich blühe wieder auf, trotz der Sichtbarkeit von Corona und dem Eindruck, dass Frankreich nicht nur die strengsten Maßnahmen von allen Ländern umsetzt, die ich besucht habe, seit sich die Welt so massiv verändert hat, sondern auch, dass die Menschen nach wie vor etwas gedämpft und gezeichnet wirken, ein wenig von der Leichtigkeit der Grande Nation, die für ihr Savoir vivre so berühmt ist, abhandengekommen ist. Ich freue mich trotzdem, wieder hier zu sein, mir die Käseplatte und das Mousse au chocolat auf der Zunge zergehen zu lassen, den rauschenden Wellen des Atlantiks und dem Kreischen der Möwen zuzuhören und den Fischern zuzusehen, mich in einer anderen Sprache durchzuschlagen, das Leben zu spüren in all seinen Facetten, in einem Jahr, das ist wie kein anderes jemals zuvor. Die Bretagne versprüht in ihrem ersten Eindruck Schönheit und Melancholie, sehr passend auch für mich in einer Zeit, die mir eine intensive Achterbahnfahrt der Emotionen beschert hat wie noch kein Lebensabschnitt je zuvor, von tief betrübt bis Hoffnung schöpfend, nach Lichtblicken lechzend, die immer wieder kommen und zum Glück auch anhalten, bis sie wieder vergehen und der Dunkelheit Platz machen, von Freude und Genuss bis eben auch hin zu Melancholie – ich durchlebe meine eigenen Corona Wellen, und das wird vermutlich auch so weitergehen. Bretagne, si tu t’appelles mélancolie….so bist du in diesen Tagen das richtige Reiseziel für mich. Ich freue mich auf dich! ;-)