Der im Vergleich zu Hong Kong bessere Wetterbericht hatte den Ausschlag gegeben, dass ich mich für die kleinere der beiden Sonderverwaltungszonen an Chinas Südküste entschieden habe. Viel weiß man irgendwie nicht von Hong Kongs kleinerer Schwester, ja, den Namen hat man vielleicht schon mal gehört, aber wirklich viel damit anfangen kann man dann damit auch nicht.
Tatsache ist – Macao liegt in etwa 50 Kilometer von Hong Kong entfernt und ist mit diesem durch eine in regelmäßigen Intervallen verkehrende Schnellfähre verbunden. Vor zwei Wochen wurde auch eine gigantische Brücke, die teilweise in Tunneln verläuft, eröffnet, diese bindet beide Städte in Y-Form auch ans chinesische Festland an.
Hong Kong war einst britische Kronkolonie und wurde 1997 an die Volksrepublik China zurückgegeben. Bis heute ist es aber eine „Sonderwirtschaftszone“ mit eigener Währung, mit Grenzkontrollen zu China und gehört irgendwie nicht so recht dazu zum Reich der Mitte. Gleiches gilt für Macao, dieses war bis 1999 ein exterritoriales Gebiet Portugals und wurde dann ebenso als Sonderwirtschaftszone an China retourniert. Auch hier gibt es zum Festland eine Grenze, auch Macao hat seine eigene Währung. Und auch wenn man von Hong Kong nach Macao fährt, ohne dabei chinesisches Gebiet zu betreten, hat man Passkontrollen in beiden Fährhäfen, auch Macao hat mit dem Pataca seine eigene Währung, die knapp 1:1 zum Hong Kong Dollar steht. Während man in Macao überall mit dem Hong Kong Dollar bezahlen kann, ist dies umgekehrt gar nicht der Fall, es macht also keinen Sinn, Patacas mit nach Hong Kong zu nehmen, besser ist, man hebt gar keine ab. Der chinesische Yuan Renmimbi wird jedenfalls in keiner der beiden Zonen akzeptiert – und das, obwohl man ja eigentlich zu China gehört. Vorteil für Europäer ist, dass man in beide Sonderwirtschaftszonen mit gültigem Pass unkompliziert und visafrei einreisen kann, während man für China selbst ein Visum braucht und somit nicht so mir nichts dir nichts einen kleinen Ausflug ans chinesische Festland unternehmen kann. Sehr kompliziert, das Ganze…
Macao erwirtschaftet sein Geld in erster Linie mit Glücksspiel. Dieses ist in Hong Kong verboten, weswegen in Macao riesige Casino Komplexe aus dem Boden gestampft wurden und immer noch werden, die speziell die Hong Kong Chinesen in Scharen anlocken. Man steht Las Vegas um nichts nach, errichtet ein Luxushotel nach dem anderen, baut für das Parisian einfach den Eiffelturm nach ebenso wie für das Venetian den Markusplatz oder die Rialtobrücke. Ich habe mir diesen Stadtteil, der noch lange nicht fertig ist, nur vom Hop On Hop Off Bus aus angesehen, und was ich gesehen habe, hat mir gereicht. Wieso Menschenmassen sich durch solche künstlichen, charmebefreiten Welten anlocken lassen, ist mir ein Rätsel – aber gut, ich verstehe so Vieles nicht, was die Mehrheit der Menschen an primitiven Dingen cool findet (zum Beispiel Casting-oder Kuppel Shows in Privatsendern, königliche Hochzeiten, Promi Talk, Donald Trump oder Basti Kurz), da ist das nur eine Facette mehr.
Mir war diese Seite an Macao schon in der Theorie bekannt, dass es sich dabei um solche enormen Ausmaße der Abartigkeit an künstlichen Welten handeln würde, war mir im Vorfeld aber nicht bewusst gewesen. Ist unsere echte Welt denn nicht spannend genug, dass wir uns wirklich so eine künstliche erschaffen müssen? Gibt es auf diesem Planeten nicht auch so so viel zu sehen, zu entdecken und zu erfahren, dass es für ein Menschenleben nicht ausreicht? Ich werde es nie verstehen.
Ich hatte aber auch gelesen, dass die Altstadt Macaos, die immerhin auch von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt worden ist, sehr interessant und gut erhalten sein soll. Und diese fügt dem schrägen Touch Macaos tatsächlich das Tüpfelchen auf dem I hinzu…..denn in einzelnen Straßenzügen fühlt man sich tatsächlich nach Lissabon versetzt. Gepflasterter Boden mit den klassischen Wellenmustern, wie man sie überall in Portugal findet, gekachelte Bänke und Straßenschilder, die Ortsbezeichnungen neben der chinesischen mit ihrer portugiesischen Bezeichnung (statt wie in Hong Kong der englischen). Koloniale Kirchen zwischen den Casino Türmen, hässliche Plattenbauten nebst modernen Wolkenkratzern. Die typischen portugiesischen Puddingtörtchen Pasteis de Nata werden an jeder Straßenecke verkauft, das aber dann doch nur von Chinesen, die sich nebenan klassisch in der Suppenküche an der Straße verköstigen. Neben den Kirchen finden sich natürlich auch zahlreiche buddhistische Tempel – insgesamt ist die Mischung in der Tat eine ganz eigene, die zu erleben schon sehr interessant war.
Wie gesagt, Macao war für mich in erster Linie komisch, ob man das nun positiv oder negativ auslegen will, sei dahingestellt, ich denke, dass weder das eine noch das andere zutreffend ist und ich mich dahingehend nicht festlegen kann und will. Tatsache ist – sehenswert war Macao auf jeden Fall, und es war ein schön sonniger Allerheiligentag bei angenehmen 27 Grad, inklusive einer kleinen Weltreise im Schnelldurchgang von Asien über Lissabon und Las Vegas zurück hierher.
Am Abend fuhr ich dann wieder zurück nach Hong Kong. Ich begab mich noch ins Viertel SoHo (dieses Szeneviertel muss sich wohl jede Stadt, die etwas auf sich hält, verpassen – in Hong Kong steht es jedenfalls für „South of Hollywood Road“), das nicht in Kowloon sondern auf Hong Kong Island liegt. Hier war ich vor 5 Jahren auch schon gewesen, es ist die Gegend mit vielen Pubs und Restaurants aus aller Herren Länder, und wohl mindestens die Hälfte der dort herumstrawanzenden Menschen sind westliche Touristen. Die Häuser sind auch weniger heruntergekommen als in Kowloon. Es ist ganz nett dort, wenn auch weniger asiatisch als anderswo, sodass auch ich beim Italiener landete – erstmals bin ich also quasi kulinarisch fremdgegangen! Das Preisniveau in der Gegend ist gigantisch, selbst für eine – sehr gute – Pizza zahlte ich stolze 20 EUR, also wie in der Schweiz! Naja, man gönnt sich ja sonst nichts.
Morgen habe ich noch den ganzen Tag hier, denn mein Flug geht um Mitternacht. Nach dem ursprünglichen Plan wäre ich erst Samstag Vormittag abgeflogen und am späten Nachmittag in Wien gewesen, so muss ich aber schon früher abfliegen und die Nacht im Flieger verbringen, diesmal leider wieder ohne den Luxus der Business Class. Naja, wie so Vieles, werde ich auch das überstehen. Wie ich den schon wieder letzten Tag meines Kurztripps nach Fernost verbracht habe, erfahrt ihr entweder am Abend noch von hier oder dann doch erst am Samstag aus Wien.