St.Pierre, La Réunion, Frankreich, 20.45 Uhr
Warme Sommernacht, 29 Grad
Mein erster Tag auf Réunion neigt sich schon wieder dem Ende zu! Und so gibt es wieder mal – so viel gleich vorweg als Drohung - sehr viel zu sagen ;-)
Gestern hat noch Alles perfekt geklappt, der Flug von Mauritius hierher landete überpünktlich, mein Gepäck war diesmal auch mit dabei ;-) Die nette Dame vom Autoverleih hatte wegen mir extra warten müssen, denn eigentlich sperren sie schon um 21 Uhr zu. Und dann kommt so ein komischer Kauz aus so einem – zumindest hier – exotischen Land wie Österreich um 23 Uhr an ;-) Dafür meinte sie, dass mein Französisch so gut sei, dass wir die Konversation doch nicht auf Englisch machen müssten – Balsam auf mein so bescheidenes Ego ;-) Die Menschen hier sind dahingehend schon echte Franzosen, als in jede Konversation ein unverbindliches Plauscherl mit einfließt – und so wird nebenbei, also neben der eigentlichen Tätigkeit wie in dem Fall ein Auto zu vermieten, auch gleich etwas Smalltalk eingebaut. Auch ein wenig australisch, dieses Verhalten, es sorgt für angenehme Stimmung und ich mag es irgendwie. So erfuhr ich nebenbei, dass sie auch mal eine Zeit lang in Deutschland war und wir daher auch Deutsch sprechen könnten – wir hätten also 3 Sprachen zur Auswahl gehabt, ich meinte aber, ich sei nun Gast in Frankreich also bleiben wir beim Französischen ;-) Nun ja, im Endeffekt jedenfalls ging es ja eigentlich um die Übernahme des Autos, und dieses war startbereit. In gut einer Stunde war ich dann knapp nach Mitternacht hier, in St.Pierre, im Chambre d’hotes (wie B&Bs auf Französisch genannt werden) La Morgabine. Wie bereits ausgemacht, erwartete mich Nadia.
Sie stammt von Réunion, wobei ein Elternteil aus dem Mutterland kommt bzw kam, nachdem beide nicht mehr leben. Und so führt sie das für sie perfekte Leben. Ein halbes Jahr auf Réunion und von Mai bis Oktober dann in der Provence, wo sie ebenfalls ein Gästehaus betreibt. Immer da wo es schön warm ist und blüht ;-) Zwischendurch reist sie dann durch die Weltgeschichte – besonders Asien hat es ihr angetan, sie ist durchaus als leicht alternativ zu bezeichnen. Oder auf eine etwas andere Art crazy als Lusine – aber durchaus auch eine sehr eigenwillige und nette Persönlichkeit. Sie spricht, da sie sehr viel unterwegs ist, auch gut Englisch, wenn mir also eine Formulierung auf Französisch nicht einfällt, kann ich gleich ganz einfach nachfragen.
La Morgabine hat wie ich schon erwähnt habe nur 2 Zimmer. Vor meiner Tür gibt es eine Terrasse in einen Innenhof, und dort liegt auch ein Pool – mit Step tauglichem Wasser ;-)) Diesen könne ich jederzeit benutzen, also auch in der Nacht. Cool, nachdem es jetzt am Abend immer noch weit über 25 Grad hat mache ich davon auch gerne Gebrauch. Auf der Terrasse gibt es auch das Frühstück – was ich denn gerne frühstücke, wollte Nadia wissen. Ich sei da sehr unkompliziert – und ich lasse mich gern überraschen. Außer, dass ich Kräutertee trinke – und da steht mir gleich eine ganze „Tisane“ Box mit unterschiedlichsten Geschmacksrichtungen zur Verfügung. So, sagte sie, sei es ihr am liebsten – und so lässt sie sich jeden Tag etwas anderes einfallen. Heute gab es Fromage Blanc (so eine Art cremiger Topfen) mit Kräutern, frische Papaya und Baguette mit diversen Marmeladen aus tropischen Früchten. Bei aller kulinarischer Hochwertigkeit Südafrikas – das Brot ist dort wie in den meisten Ländern dieser Erde selten zu gebrauchen – und kaum befindet man sich innerhalb der Landesgrenzen Frankreichs, egal wie weit weg vom Mutterland, schaffen sie es, richtiges Baguette zu backen. Keine Ahnung, wieso das, sobald man die Grenze überschreitet, anders ist, aber auch auf Réunion schmeckt Baguette einfach köstlich. Versteht sich, dass Nadia dieses frisch vom Bäcker geholt hat. Und für morgen hat sie mir irgendeinen Kuchen selbst gebacken, ich weiß noch nicht, was es ist, aber es duftet herrlich ;-) Und jetzt sitze ich draußen und schreibe gerade meine Geschichte – das Internet funktioniert ebenfalls tip-top. Jedenfalls der nächste Volltreffer einer Unterkunft – und nachdem das ja auch die letzte meiner Reise ist, kann ich dahingehend resümieren, dass ich wirklich überall sehr nett gewohnt habe – das trägt schon auch nicht unwesentlich zum Wohlfühleffekt eines Urlaubs bei!
St.Pierre als Stadt ist angenehm. Es ist mal wieder so eine Art „Huehue“ (Verzeihung an alle anderen, heute sind einige Details wieder nur von Isabella zu verstehen ;-)) – es gibt nichts Besonderes, es ist einfach ganz normal. So gut wie keine Touristen, die Menschen gehen ihrem alltäglichen Leben nach, es gibt einen Strand, der auch nichts Besonderes ist aber wo die Leute am Abend sitzen und picknicken. So habe ich es heute mit einem gefüllten Baguette und einem köstlichen Eclair au Café auch gehandhabt. Einfach sehr authentisch ohne viel Drumherum. Man kann hier auch bedenkenlos herumspazieren – es ist ruhig und friedlich. Ich fühle mich wohl.
Die Menschen Réunions, ja, es ist wirklich genauso, wie es im Reiseführer beschrieben war. Man findet alle Couleurs, von ganz Weiß bis ganz Schwarz und dazwischen wirklich alle Abstufungen an Farbschattierungen. „Café au lait“ sozusagen. Man sieht keine rein weißen oder rein schwarzen Freundesgruppen miteinander spazieren sondern querbeet – Nadia hat mir das auch so bestätigt, dass es auf Réunion eigentlich so gut wie keinen Rassismus gibt, weil fast jeder Mensch ein wenig von Allem in sich trägt. Dieser harmonische Umgang gefällt mir sehr gut, man sieht sich kulturell als Kreole jeglicher Hautfarbe und ich finde diesen Zugang um einiges symphatischer als jenen getrennten, der in Südafrika nach wie vor gelebt wird. Das Resultat dieser Vermischung ist übrigens ein durchaus hübscher Menschenschlag, den man hier antrifft.
Was habe ich heute sonst noch von der Insel gesehen……nachdem ich am Vormittag ein wenig in St.Pierre (bei Sonne und großer Hitze) herumspaziert war, bin ich dann am Nachmittag im Hinterland unterwegs gewesen. Auf Réunion gibt es hohe Vulkane, wie ich schon erwähnt hatte, und diese bilden im Landesinneren 3 große Schluchten, sogenannte „Cirques“. Den Cirque de Cilaos, der von einer abenteuerlichen kurvigen Bergstraße erschlossen wird, habe ich heute erkundet, und der war wunderschön. Sattgrünes Bergland – in Küstennähe mit tropischer Üppigkeit, auf über 1300 Meter dann merklich kühler und karger, dazu wunderschöne Dörfer wie L’Entre-Deux oder Cilaos, mit teilweise herrlich erhaltenen kreolischen Häusern – bunt mit Gusseisenverzierungen. Es ist auf Réunion nicht Alles herausgeputzt, manches liegt brach, und es gibt nicht immer genug Geld, um Alles instand zu halten, aber ich mag das Flair das hier herrscht. Raue Schönheit, so viel ist einmal mein Eindruck nach Tag 1.
Eigentlich bleiben mir nur 2 weitere volle Tage, um die Insel zu erkunden, und ich weiß jetzt schon, dass mir das zu kurz wird. Man könnte vor Allem in den Bergen hier wunderbare Wanderungen unternehmen, dazu fehlt mir aber die Zeit. Als Wanderdestination hat Réunion bei Experten durchaus einen guten Namen, und ich kann mir gut vorstellen, warum. Ich habe es von Anfang an gewusst, dass mir 4 Urlaubswochen nicht reichen werden, und, wie kann es auch anders sein, es zieht mich noch nicht wirklich nach Hause. Shorts und Flip Flops wieder gegen Pullover und Anorak zu tauschen finde ich wirklich keine sehr reizvolle Option. Ich fände ja die Aufteilung - halbes Jahr Arbeit halbes Jahr Urlaub - wesentlich sinnvoller und vor Allem fairer – aber wer von den Betriebswirtschafts-Fetischisten, die keinen Sinn für Genuss und Schönheit haben aber leider die Arbeitswelt dominieren – will das schon hören ;-)))
Sodann, irgendwann muss auch dieser Artikel zu Ende gehen, und ich denke, der Zeitpunkt ist jetzt gekommen. Schönen Abend nach Wien oder sonstwohin!