Oradea – sie ist eine Studentenstadt und hat mit rund 200.000 Einwohner in etwa die Größe von Linz. Natürlich war mir der Name als altem Geografen schon geläufig, viel Vorstellung davon hatte aber bis dato nicht einmal ich. Und warum das so ist, verstehe ich selbst nicht. Denn die Stadt ist eine Augenweide. In ihrem Zentrum verfügt sie über eines der größten Ensembles an Jugendstilbauten, das ich je gesehen habe. Wenige der Gebäude sind noch verfallen, viele werden gerade restauriert und noch mehr sind es schon und erstrahlen in prächtigem Glanz. Neben den schönen Plätzen gibt es auch einen ebenso mustergültig restaurierten barocken Komplex in klassischem Schönbrunner Gelb, der auch mitten in Wien stehen könnte. Umgeben wird dieser von einem schön gepflegten Park, der in der großen Hitze heute angenehmen Schatten spendete. Ein weiteres Highlight ist die 2016 komplett restaurierte Synagoge, die man besichtigen und ihre Schönheit in aller Stille auf sich wirken lassen kann.
Nach meinem Rundgang saß ich längere Zeit auf dem Hauptplatz, der Plata Unirii, trank Bier und genoss das Ensemble. Zum Abendessen fand ich in einer stillen Seitengasse in einem Jugendstilbau ein total hübsches Lokal mit wunderbarer Terrasse, modern und gut, und auch ein Pub zum Fußballschauen trieb ich auf.
Warum Oradea es bisher nicht einmal zum Geheimtipp des internationalen Tourismus geschafft hat und völlig unbekannt ist, ist mir ein Rätsel. Diese Perle müsste von Architekturfans aus aller Welt eigentlich gestürmt werden. Sie hat eine österreichische Vergangenheit als Großwardein, insbesondere wie viele Städte Osteuropas auch eine jüdische, und ihre Gegenwart ist rumänisch aber auch ungarisch geprägt. Die Grenze liegt hier nur 10 Kilometer entfernt, und die meisten Bezeichnungen sind sowohl auf Rumänisch als auch auf Ungarisch angeschrieben.
Morgen geht es dann weiter nach Deva, hier werden ein paar Festungen auf meinem Programm stehen. Rumänien begeistert mit seiner Vielfalt, und ich bin schon gespannt, was es morgen für mich bereit hält. Ich lasse mich überraschen, und ihr dürft es gerne mit mir tun!