Der Grund für meine Auszeit war sehr einfach: wir hatten die letzten 3 Nächte kein WLAN in den Quartieren, und auch die mobile Datenverbindung funktionierte nur sporadisch. Tja, man will ja auch an entlegene Plätze dieser Erde fahren - und darf sich darüber daher auch nicht beschweren. Dafür bekommt ihr heute dann ein schönes Update und müsst euch auch gleich mehr Bilder auf einmal ansehen :-)
Was fällt euch denn so spontan zu Borneo ein? Ich denke, den meisten wahrscheinlich nicht viel. Die Hauptassoziation damit wäre vielleicht in erster Linie - viel undurchdringlicher Dschungel, und als zweites könnten einem dann eventuell auch noch die Orang-Utans in den Sinn kommen. Ich schätze, den meisten, die nicht Step artig und damit gerade außergewöhnlich geografisch versiert sind, würde auch nicht geläufig sein, ob Borneo denn nun ein Staat ist und wenn nein, zu welchem Land oder welchen Ländern es gehören könnte. Das habe ich ja schon beim letzten Mal aufgeklärt.
Was den Dschungel betrifft - es ist die größte Enttäuschung hier und ein einziges Desaster. Man hört ja immer wieder, dass tropischer Regenwald abgeholzt wird und Palmölplantagen weichen muss. Das Ausmaß, das diese Abholzung inzwischen angenommen hat, ist einem aber vielleicht nicht so bewusst. Denn bis auf ein paar Wildlife Korridore, die in letzter Sekunde geschützt wurden, ist so gut wie nichts mehr übrig. Man fährt stundenlang durch die öden Monokulturen, Ölpalmen, soweit das Auge reicht. Isi erklärte uns, dass es im größeren indonesischen Teil Borneos nicht anders aussieht und dort die Abholzung zwar später begonnen hatte, aber nun noch weiter fortgeschritten ist als in Malaysia. Und Ölpalmen wären ein Milliardengeschäft, es ist praktisch die einzige Einnahmequelle der Insel, und auch die Bevölkerung verdient zum größten Teil gutes Geld in der Industrie, sodass der Schutz der Natur hier nicht wirklich im Vordergrund steht oder Priorität hat. Die paar verbliebenen Stellen Regenwald nutzt man nun touristisch - in einem recht überschaubaren Ausmaß. Borneo ist nicht nur für uns ein exotischer Name, sondern auch die meisten Reisenden führt ihre Route nicht unbedingt hierher. Einsam und unterentwickelt ist es aber nicht, und undurchdringlich aus den erwähnten Gründen erst recht nicht.
Konsequenz der Zerstörung der Regenwälder ist natürlich auch die Bedrohung zahlreicher Tierarten, die ihr natürliches Refugium verlieren und denen damit ihre Lebensgrundlage entzogen wird. Es gibt Anstrengungen, den Orang Utan wieder verstärkt auszuwildern, was in geförderten Programmen auch passiert. In den Rehabilitation Centern werden die Tiere auf ihre Rückkehr in die Wildnis vorbereitet. Ebenso passiert das mit dem ebenfalls vom Aussterben bedrohten Asiatischen Nasenbären, und auch für Meeresschilkröten gibt es ein von der Regierung Malaysias unterstütztes Programm.
Unsere Reiseroute hier orientiert sich also vor Allem an den wenigen Stücken noch intakter Natur. Wir machten Bootsfahrten auf dem Kinabangantan Fluss, sahen dabei zahlreiche Affen, auch wilde Orang Utans. Viele bunte Vögel und auch ein Krokodil. Wir wanderten durch den gatschigen Dschungel in Gummistiefeln, fuhren für einen Tag und eine Nacht auf die Insel Selingan vor der Küste Sabahs in der Sulusee und sahen dabei neben einem angenehmen Tag am Strand auch, wie die Meeresschildkröten, so wie jeden Abend, am Strand anlanden, um ihre Eier zu legen, wie diese dabei gesammelt und ausgebrütet werden und auch wie 2 Monate später die Meeresschildkrötenbabys schlüpfen und ins Meer entlassen werden. Sehr schön war das Alles.
Isi, so heißt übrigens unser Guide, der Name ist kurz für Esrail, was wiederum sehr ungewöhnlich ist, da es einen direkten Zusammenhang zu Israel gibt, einem Land, zu dem Malaysia keine diplomatischen Beziehungen unterhält, das aber zu seiner Geburt gerade in den Medien aufgrund des Jom Kippur Krieges sehr stark präsent war und sich daher seine Eltern für diesen Namen entschieden hatten. Er macht seinen Job voller Leidenschaft und Freude, entdeckt jeden noch so hoch auf einem Baum sitzenden Vogel und ist ebenso traurig über den Raubbau an der Natur, der hier betrieben wird, wie wir Besucher aus fernen Kontinenten es sind. Wie gesagt, man weiß es in der Theorie, das Ausmaß war mir aber nicht bewusst und hat mich schwer schockiert, gerade bei Borneo hätte ich als riesiger Insel abseits der Routen doch noch viel mehr undurchdringlichen Dschungel erwartet gehabt. So kann man sich aber täuschen, und ich bin nicht unfroh, gesehen zu haben, wie die Lage wirklich ist. Tut man dies wegen diverser Kriegsherren mit ihren Ambitionen, die Erde zu zerstören, nicht sowieso schon, kommt man spätestens hier nicht umhin, sorgenvoll auf die Zukunft unseres Planeten zu blicken, wenn man sich das hier ansieht. Die Idiotie der Spezies Mensch mit ihrem Hand zur Selbstzerstörung könnte man kaum anschaulicher vor Augen geführt bekommen als hier.
Wie auch immer, natürlich bin ich trotzdem nicht in trauriger Stimmung, ganz im Gegenteil, die Tage mit den Leuten, die extra für unsere gemeinsame Woche aus allen Himmelsrichtungen auf diese abgelegene Insel eingeflogen sind, sind super, es hat sich nichts geändert seit Marokko, und wir sind auch schon am Überlegen, welche Destinationen uns für kommende Touren noch so einfallen. Ich bin zuversichtlich, dass wir wieder in dieser Konstellation unterwegs sein werden und es wird dabei Personen, die alle auf einem ähnlichen Level ticken wie ich, sicher kein Reiseziel zu exotisch sein.
Nun könnt ihr euch an vielen Bildern der letzten Tage erfreuen, ein paar Ölpalmen habe ich zur Illustration dessen, wovon ich geschrieben habe, auch hinzugefügt, aber die meisten Fotos sind schön und beeindruckend. Es kommen bestimmt noch schönere nachgeliefert, vor allem Julia, unsere Hardcore-Reisende, hat mit ihrer Kamera tolle Tieraufnahmen gemacht, die ich euch nachliefern werde, sobald sie sie auf unsere Foto-Sharing-Plattform hochgeladen hat. Ich sehe hier immer mehr die Defizite meiner Handy-Kamera und orte dringenden Handlungsbedarf, um mit meinem Equipment wieder mehr am Puls der Zeit zu sein. Landschafts- und Personenbilder sowie Aufnahmen von Gebäuden sind zwar in Ordnung, aber gerade bei Tieraufnahmen stoße ich an meine Grenzen. Aber jetzt genießt mal das, was da ist :-) Nachdem wir morgen nach KK zurückfliegen und ich meine restliche Zeit in Kuching, einer größeren Stadt mit vielen Nationalparks in ihrer Umgebung, verbringen werde, gehe ich davon aus, euch jetzt wieder regelmäßiger auf dem Laufenden halten zu können. Habt es schön!