Gordon’s Bay, Südafrika, 19.05 Uhr
Abendsonne, 30 Grad
Heute, als ich erwachte und meinen geliebten Meeresbalkon betrat (letztes Jahr habe ich euch die ganze Zeit von den schönen Kolumbianerinnen vorgeschwärmt, heuer ist es meine Terrasse ;-)), war draußen im Wasser einiges los. Unzählige Delphine tummelten sich in der Bucht, wie meistens in der Früh. Zu weit weg um sie fotografisch festzuhalten, aber nahe genug, um das Spektakel zu genießen.
Und so beschloss ich kurzerhand, dass ich vom Meer noch nicht genug hätte – und begab mich vor den Weingütern zum Cape Agulhas. Ihr erinnert euch, der südlichste Punkt Afrikas. Abgesehen von der geografischen Lage gibt es dort echt nichts Besonderes. Zunächst düst man durch 200 Kilometer eher ödes Flachland, was aber aufgrund dessen, dass kein Verkehr ist und die Straße schnurgerade, relativ schnell erledigt werden kann. Dort gibt es einen Leuchtturm – und natürlich eine Hinweistafel. Und genau zu dieser Hinweistafel musste ich einfach ;-) Wenn so ein geografischer Meilenstein quasi zum Greifen nahe liegt, muss jemand wie meinereiner diesen Griff eben tun. So Stecknadel technisch gesehen ;-) Neben der Tatsache, dass hier der Indische und der Atlantische Ozean aufeinander treffen, ist es einfach beeindruckend zu wissen – man sieht nach Süden, und da kommt nichts mehr bis zur Antarktis. Und genau wegen diesem Gefühl bin ich am Vormittag 200 Kilometer hin und 200 Kilometer auch wieder retour durch die öde Gegend gezischt – und war happy dabei ;-)
Schließlich erreichte ich dann am frühen Nachmittag das Weinland. Weingegenden habe ich irgendwie schon viele gesehen, dachte ich. Stimmt ja auch. So eine schöne wie diejenige um Stellenbosch und Franschhoek allerdings noch nie. Die Gegend ist traumhaft. Die Weingüter sind eingebettet in Täler zwischen Bergspitzen, die Aussichten auf die Weinberge ein Wahnsinn. Blühende Gärten umranken die zum Großteil im weißen, kapholländischen Stil errichteten Wine Estates – und in den Weingärten wird zu den herrlichen Tropfen absolute Spitzenküche serviert. Was für ein Erlebnis! Von den sonstigen Erfahrungen, die ich mit Weinregionen in der Neuen Welt, wie den USA, Australien oder Argentinien, gemacht hatte, die mir stets zu professionell und industriell herübergekommen waren, heben sich jene hier in Südafrika wohltuend ab. Es ist einzigartig schön hier! Und ja, auch hier wird professionell vermarktet, trotzdem strahlen die Weingüter nicht diese Nüchternheit der australischen Schlossparks aus sondern wirken einladender, dazu kommt noch die unvergleichliche Lage.
Ob ihr es glaubt oder nicht, meine Lieblingsweingegend auf der Welt ist immer noch unser gutes altes Weinviertel, weil es so urig, so unprätentiös und unaufgeregt ist, weil es sich nicht selbst inszenieren muss, auch nicht vom Tourismus überrollt wurde und einfach so herrlich normal geblieben ist. Es gibt dort nichts Besonderes, aber die Gemütlichkeit der Kellergassen und die Qualität der Weine sprechen für sich. Man kann das hier nicht mit dem Weinviertel vergleichen. Will ich auch gar nicht. Aber wenn es eine Weingegend gibt, die mir die Sprache verschlagen hat, dann ist es diese hier.
Mein Mittagessen nahm ich also im Weinberg sitzend zu mir – musste mich, da ich ja fahren musste, auf ein Glas herrlichen Pinot Noir beschränken, als Begleitung zu einem Rinderfilet in raffiniertester Zubereitungsart. Das Weingut, das ich dazu auserkoren hatte, war jenes von „La Haute Corbière“. Klingt das nicht irgendwie……französisch? Ja genau. Es liegt nämlich in Franschhoek, was auf Afrikaans „Eck der Franzosen“ bedeutet. Dieser Ort wurde seinerzeit von den Hugenotten gegründet – heute ist, abgesehen davon, dass ein paar Namen frankophon klingen, dort nicht mehr viel Französisches zu finden. Außer einem – nämlich dem, was Franzosen am liebsten machen. Königlich Essen! Franschhoek gilt als die Gourmethauptstadt Südafrikas – und das ist in einem Land, in dem man auch sonst überall schon so gut isst, eine wahre Auszeichnung. Stadt ist dabei übertrieben, es ist ein schöner Weinort, und es gibt dort ein grandioses Lokal neben dem anderen. Savoir-vivre am Kap eben!
Nun gut, meine Terrasse ruft zum abendlichen Snack. Mal sehen, ob es morgen wirklich kühler wird und ich mein Wanderprojekt dann umsetze. Einen schönen Abend noch euch allen!