Pünktlich um 8 ging es los, nach gut einer halben Stunde Fahrt begann der Aufstieg mit meiner heutigen Reiseführerin Lucretia. Eine nette junge Frau. Der Aufstieg war sehr sehr steil und etwas langweilig, erstens, weil man noch nicht viel sah, da der Gipfel im Nebel lag, und zweitens weil er direkt auf einer gepflasterten Straße stattfand. Noch war ich nicht sehr ergriffen von dem Szenario, und auch als wir oben waren, standen wir mitten in den Wolken und sahen nichts. Zum Glück änderte sich das schnell, als wir den Weg um den Kraterrand in Angriff nahmen. Jetzt lichtete sich der Nebel und gab den Blick frei auf einen herrlich grünen Krater. Der Mombacho ist zwar noch aktiv, aber seit ewigen Zeiten nicht mehr ausgebrochen, sodass der gesamte Krater von dichtem grünen Nebelwald bewachsen ist. Ein toller Anblick - jeder der Vulkane, die ich bisher in Nicaragua gesehen hatte, war anders. Inmitten der sattgrünen Vegetation hatte man dann auch einen herrlichen Blick nach unten - auf Granada, auf den Lago de Nicaragua mit den darin liegenden kleinen "Isletas" und auf meine morgigen Ziele - den Vulkan Masaya und die Laguna de Apoyo. Und so hatte sich das doch sehr ausgezahlt, wenngleich man auch hätte mit dem Geländefahrzeug hinauf fahren können und dafür mehr der Wege am Gipfel hätte zurücklegen können statt des etwas unnötigen steilen Auf-und vor allem dann wieder Abstiegs auf der eher langweiligen Straße. Aber gut, schön war es trotzdem - und viel Bewegung war es auch.
Mit Lucretia redete ich sehr viel. Ich merke, wie mein Spanisch mit jedem Tag flüssiger wird und mir auch immer mehr Vokabeln von selbst einfallen. Auch Plusquamperfekte oder Subjunktive bekomme ich jetzt immer öfter unfallfrei hin in der Konversation. Schade, dass ich in 10 Tagen abreisen muss - ich denke, einige Monate reisen durch Lateinamerika und ich würde die Sprache fließend beherrschen.
Wir waren nach 1 wieder in Granada. Ich machte dann einen längeren Spaziergang durch die Stadt, bestieg den Turm der Kirche La Merced, wo man angeblich den schönsten Blick auf Granada und das Umland hat. Und der Blick war wirklich toll. Oben traf ich auch ein Ehepaar aus Österreich in meinem Alter - Lehrer auf Sabbatical! Sprich, in 5 Jahren 4 Jahre arbeiten und 1 Jahr frei bei immer 75% Gehalt. Genial! Wir unterhielten uns lange - sie sind jetzt Monate lang unterwegs, wollten eigentlich Costa Rica machen, nachdem es ihnen aber nicht gefallen hatte, disponierten sie kurzfristig um auf Nicaragua und sind genauso begeistert von dem Land wie ich. Sie reisen mehr spontan und mit öffentlichen Bussen - naja, wenn ich unbegrenzt Zeit hätte, würde ich das vielleicht auch machen. Lustig, auf meinen Reisen treffe ich sonst relativ selten ÖsterreicherInnen. Und gerade in einem Land mit so wenig Touristen wie hier sind es verhältnismäßig viele. Die Mehrzahl der TouristInnen in Nicaragua kommt aus Deutschland, Holland, Skandinavien und eben auch aus Österreich und der Schweiz und Polen. Alle anderen trifft man verhältnismäßig selten an, vor Allem kaum AmerikanerInnen. Die tummeln sich dann doch lieber in der bequem aufbereiteten Welt Costa Ricas. Also gibt es doch auch einige individuelle und interessierte Landsleute und nicht nur blöde FPÖ-WählerInnen. Weiß ich natürlich, der Typus "Reisende/r" ist eben auch eine kleine Welt in sich wie meine Standard-Blase, in der ich mich daheim zum Großteil bewege. Wenn man Menschen aus den USA trifft auf Reisen sind es ja auch nicht die hirnverbrannten TrumpistInnen sondern jene, die halbwegs normal ticken und in der Lage sind, die Welt etwas vielfältiger wahrzunehmen.
Apropos Tourismus - Granada ist defintiv viel touristischer als es León war. Hier ist das Publikum auch breiter gestreut, und es sind nicht nur BackpackerInnen unterwegs. Man merkt es auch an den Lokalen - Preise sind hier kaum in Cordoba sondern fast immer in USD angegeben und um mindestens ein Drittel höher als in León. Dazu wird fast immer automatisch gleich ein Trinkgeld auf die Rechnung aufgeschlagen - das gab ich in León zwar auch, aber dort eben freiwillig. Dafür muss man sagen - das Essen ist hier auch besser und vielseitiger. Es gibt mehr Auswahl und das auch in höherer Qualität - heute war ich beispielsweise in einem sehr netten Lokal mit arabischer Küche Abendessen, das ich mit einem hervorragenden "Volcan de Chocolate" abschloss - ich dachte, bei so vielen Vulkanen bräuchte ich jetzt dann dringend auch einen solchen aus Schoko ;-) Alles hat seine Vor-und Nachteile, und in Summe halten sich die Mengen an TouristInnen auch in Granada in engen Grenzen.
Nett sind die Leute auch hier. Als ich vor dem Abendessen am Nachmittag in einem Café etwas getrunken hatte, hatte ich dort meine Kappe liegenlassen. Ich kam erst beim Essen drauf. Also schaute ich nach dem Essen zwei Stunden später noch einmal vorbei in dem Café - und die Kellnerin kam mir schon lächelnd mit dem Kapperl entgegen. Auch mit der Wäsche hatte alles super geklappt - nachdem der Waschsalon heute nur Vormittag offen gehabt hatte und Sonntag geschlossen, fragte ich, wie wir das machen, dass ich die Wäsche noch bekomme vor meiner Weiterreise - und sie versicherten mir, sie würden mir die Wäsche heute Vormittag ins Hotel bringen und an der Rezeption abgeben. Und als ich heute von meinem Ausflug zurückkam, stand auch der Sack mit der sauberen Wäsche bereits da. Natürlich muss man aufpassen wegen der paar schwarzen Schafe, die es hier gibt, die Leute bestehlen, aber die Mehrzahl der Nicas ist nicht nur freundlich sondern auch total ehrlich, verlässlich und hilfsbereit. Ein wirklich wunderbarer Menschenschlag.
Zu manchen Dingen haben sie allerdings einen anderen Zugang als wir. Zu Fuß gehen oder Sport machen gehört zum Beispiel nicht zu ihren Lieblingsbetätigungen. Lucretia, die den steilen Aufstieg mit mir machte, ist eine der wenigen, die sich regelmäßig bewegen - wegen ihres Jobs. Am liebsten treffen sich die Nicas privat daheim oder auf der Straße, schauen fern und trinken dabei jede Menge zuckerhaltige Limonaden. Auch die Küche ist eher sehr stärkehaltig und durchaus fett, es wird viel frittiert. Wenn man wohin muss, fährt man mit Taxi oder Moped - auch für Katerin waren zum Beispiel 3 Häuserblöcke zu Fuß zu gehen etwas, das sie zwar mit mir machte, aber ansonsten nie, weil das "viel zu weit" ist. Dazu kann die Mehrzahl nicht schwimmen - obwohl das Land am Meer liegt und zahlreiche Seen hat. Wird aber einfach nicht gelernt. Und als ich heute am Kirchturm stand und mich gerade mit dem österreichischen Ehepaar unterhielt, kamen 2 junge Nica-Mädels hinauf und keuchten sich nach den paar Stufen die Seele aus dem Leib. Naja, man muss sagen, gesund ist dieser Lebensstil nicht, und man sieht ihn den Menschen durchaus an - dass sie klein sind im Schnitt, liegt an ihrer indigenen Herkunft (die meisten sind Mestizen), aber sie sind auch überwiegend ziemlich pummelig, was mich anhand der Lebensweise nicht wundert. Sport aktiv zu betreiben um des Sports Willen ist offensichtlich etwas typisch Westliches, hier hat sich bewegen und zu Fuß gehen wie in den meisten ärmeren Ländern noch eher das Image, dass man dann zur armen Arbeiterklasse gehört und es nur tut, weil man sich nichts Anderes leisten kann.....
Nun ja, morgen ist dann nocheinmal doppelter Vulkantag. Allerdings passe ich mich dann den lokalen Gegebenheiten an - sprich, ich werde mich nicht viel bewegen. Den Masaya befährt man mit dem Auto bis an den Kraterrand, nachdem er allerdings sehr aktiv ist und giftige Dämpfe absondert, sollte man auch nicht länger als 20 Minuten dort verweilen, also wäre die Erklimmung sowieso nicht ratsam. Dafür sollte ich dort wirklich glühende Lava sehen. Und der andere, die Laguna de Apoyo, ist ein Kratersee, also ein mit Wasser gefüllter Vulkankrater. Die haben hier wirklich jede erdenkliche Art an Vulkanen, und so wird es auch nie fad sondern ist extrem abwechslungsreich. Ich werde euch denke ich morgen von Feuer und Wasser mehr erzählen!