Gestern habe ich noch das Dach der Kathedrale bestiegen. Das ist so schön weiß, dass man sich in Kombination mit dem tiefen Blau des Himmels fast ein wenig nach Santorini versetzt fühlt. Man hat einen herrlichen Ausblick auf das Umland und die Vulkankette, die es prägt. Ein Bier vor der Kathedrale ließ mich die Stimmung aufsaugen, was ich beim Abendessen fortsetzte.
Heute nach dem Frühstück war schon Katherin da. Meine Spanisch Lehrerin. Sie ist 30, hat 2 Kinder und lebt mit dem Job ihren Traum. Sie hat auch andere Jobs probiert - und das war es nicht für sie - ihre Leidenschaft war immer das Unterrichten. Jedenfalls war es eine Super Mischung aus etwas Grammatik wiederholen und viel Konversation. Verstehen tue ich ja fast Alles, das Formulieren ist nach wie vor das, was mir schwerfällt und an dem ich hier feilen will. Ich denke, wir werden das hinkriegen. Jedenfalls vergingen die 4 Stunden wie im Flug, da wir auch sehr vielfältige und interessante Themen aus unserem Leben besprachen, und im Gegensatz zu Kolumbien damals, wo ich den ganzen Tag auf Spanisch kommunizieren musste ohne Spanisch zu können, ermüdet mich das gar nicht mehr. Fein jedenfalls - und ich freue mich auf die weiteren Einheiten.
Ich suchte dann ein Café auf zum Mittagessen, ich habe ja ausgiebig Zeit, die Lokalszene hier kennenzulernen, so lange, wie ich hier bin. Diese ist durchaus umfangreich, nachdem schon das studentische Publikum dafür sorgt, dass es nicht an netten Cafés und Bars mangelt.
Danach besuchte ich das Museum der Revolution. Dieses liegt in einem ehemaligen Post-und Telegrafengebäude direkt am Hauptplatz gegenüber der Kathedrale, auf die man vom Dach einen schönen Ausblick genießt. Das Gebäude ist in einem katastrophalen Zustand und erhält keinerlei staatliche Mittel für die Instandhaltung. Es gibt gegen ein geringes Entgelt Führungen durch die bewegte Geschichte des Landes, mit diesem Entgelt unterstützt man, dass das Museum zumindest weiter betrieben werden kann. Die Geschichte ist fokussiert auf die 1970er Jahre, als die von den USA unterstützte Somoza-Diktatur durch die sandinistische Revolution gestürzt wurde. Die Führung machte für mich persönlich ein Ex-Guerillero, der die Geschichten, auch wenn ich nicht jedes Wort verstand, so emotional erzählte, als wäre es gestern gewesen, und man fühlt sich hautnah dabei. Der Kampf um mehr Gerechtigkeit, Bildung und Deckung der Grundbedürfnisse für alle wurde damals gewonnen, wenn auch später durch die Unterstützung von sogenannten "Contra-Rebellen" durch die USA bei gleichzeitiger Blockade des sandinistischen Regimes und dem damit einhergehenden wirtschaftlichen Niedergang wieder viel davon zerstört wurde. Mittlerweile regiert zwar mit Daniel Ortega wieder ein Präsident aus der damaligen Bewegung, aber auch dieser hat sich durch Macht und Korruption inzwischen so bereichert, dass seine Herrschaft mittlerweile diktatorische Züge aufweist und nicht mehr viel vom sandinistischen Geist von damals übrig ist. Leider wie in den meisten sozialistischen Ländern, die sich von der Sowjetunion abwärts in brutale Diktaturen verwandelten. Dennoch lebt die sandinistische Idee im immer schon vom Revolutionsgeist getragenen León noch so halbwegs, die FSLN gewinnt in der Stadt nach wie vor jede Wahl haushoch. Spannend und ergreifend war es jedenfalls - und man muss schon eine Zeit hier sein, um die Stadt zu verstehen. Ich werde mir jedenfalls Mühe geben, so viel wie möglich von hier mitzunehmen und tiefer einzutauchen in das Leben Leóns.
Sollte ich in den nächsten zwei Wochen eventuell nicht täglich updaten, so seid mir nicht böse, ich denke, ich werde hier eine gewisse Routine entwickeln, schließlich bin ich sonst selten so lange an ein und demselben Ort. Wenn mir etwas im Kopf herumschwirrt oder ich denke, dass ich Bilder mit euch teilen will, so werde ich das tun ;-) Hier kommen jedenfalls ein paar weitere aus León. Ich hört sicher bald wieder von mir, spätestens, wenn ich am Wochenende meine erste Vulkantour mache! Hasta luego, amigas y amigos!