Der Vorteil eines Apartments ist gerade in Spanien ein großer. Denn so bin ich von den mir viel zu späten spanischen Frühstückszeiten unabhängig und kann meinen Tag viel früher beginnen als die meisten anderen. Da ich ja schon seit vielen Jahren die senile Bettflucht habe und selten später als um 6 Uhr aufwache, kann ich nun ganz entspannt um 7 frühstücken und mit dem - hier ebenfalls recht späten - Einsetzen der Morgendämmerung vor 8 losziehen. Gerade heute war das genial. Denn meine Vulkanwanderung konnte ich so nicht nur im zauberhaften Morgenlicht genießen, nein, ich war auch die ersten beiden Stunden für mich alleine unterwegs, erst am Weg hinunter begegneten mir dann andere Menschen.
Die Wanderung zur Caldera Blanca wird als "mittelschwer" beschrieben und soll an die 4 Stunden dauern. Ich schaffte sie sogar in dreieinhalb, ohne mich zu hetzen, allerdings wohl auch nur, weil ein längeres Verweilen auf dem Vulkan und Genießen des traumhaften Ausblicks wegen des böigen sehr starken Windes eher keine wirkliche Option ist. Das "mittelschwer" kann ich bestätigen. Schwer ist an der Wanderung nicht der Aufstieg, im Zuge der 400 Höhenmeter fand ich den Anstieg moderat, und selbst der Abstieg bereitete mir und meinen Knien keine besonderen Schwierigkeiten. Konzentrieren muss man sich in der Ebene wegen dem Lavageröll, und Höhenangst darf man definitiv nicht haben, weil man den Vulkan direkt auf dem Kraterrand umrundet. Und das, wie schon erwähnt, bei extrem starkem Wind - der einen durchaus auch vom Weg abbringt und man sich auf das Halten seiner Linie konzentrieren muss. Die Wegebeschaffenheit ist an sich sehr gut, markiert ist allerdings nichts, man muss schon über eine gute Beschreibung der Route verfügen, um die richtigen Abzweigungen zu nehmen. Durch die Summe dieser Faktoren trifft es die Beschreibung "mittelschwer" im Endeffekt also insgesamt recht gut.
Der Lohn für den "Tanz auf dem Vulkan" ist gigantisch. In allen Farben leuchtet das bizarre Feuerland Lanzarotes, immer wieder wechselt das Licht, und die Ausblicke sind stets umwerfend. Diese Wanderung war traumhaft und ist ein absolutes Muss, wenn man die Insel besucht. Aber wie erwähnt, nur, wenn man nicht höhenängstlich ist und über eine halbwegs gute Kondition verfügt. Dann aber unbedingt!
Richtig beschaulich war dann mein nachfolgender Programmpunkt, die Fahrt durch das Weintal La Gerria. Auch das ist einzigartig. Auf dem schwarzen Vulkanboden werden für den Weinanbau halbkreisförmige Mauern aus Lavastein errichtet, um die Reben zu schützen. Das Ganze gibt durch das Grün der Weinreben im Zusammenspiel mit dem Schwarz des Bodens, dem Rot der Berge und dem Weiß der Weinkellereien ein besonderes Ensemble, ein Fest für das Auge. Ich genoss in einer der Bodegas ein paar Tapas als Mittagssnack.
Nicht nur die Natur ist auf Lanzarote eine Augenweide, auch der Umgang mit dieser, die Landschaftspflege. Harmonisch fügen sich Orte und Anbauflächen in die besondere Umgebung ein. Großen Anteil daran hatte der wohl bekannteste Lanzaroteno, der Universalkünstler Cesar Manrique. Als die touristische Entwicklung auf den Kanaren begann, warnte er, auf Lanzarote die Fehler anderer Inseln zu wiederholen - und erreichte, dass hier keine Hotelklötze und Betonburgen aus dem Boden gestampft wurden. Stattdessen schaffte er die Grundlage für das wunderbare Zusammenspiel von Mensch und Natur, die Bauweise ist dezent aber immer geschmackvoll in die Landschaft eingebunden. Lanzarotes Orte sind alle strahlend weiß, top gepflegt, wunderschön. Bausünden findet man keine. Ein weiterer extremer Pluspunkt dieser Insel!
Manrique, der 1992 starb, war auch ein sozialkritischer Mensch, der viele Beispiele von Landschaftsarchitektur selbst schuf. Den Auftakt heute bildete das Monumento de Campesinos, das Denkmal für die Bauern. Für dieses drapierte der Künstler ausrangierte Wassertanks ehemalige Fischerboote aufeinander - die Botschaft dabei lautet, sorgsam mit den knappen Ressourcen umzugehen, und eine solche ist hier insbesondere Wasser. Rund um das Monument gibt es das Bauernmuseum, ein strahlend weißer kleiner Ort mit Geschäften, einem Café und Informationen über lokale Anbautechniken. Das Monumento war mein letzter Programmpunkt für heute, schlägt aber die Brücke zu morgen. Denn da werde ich einige von Manriques Landschaftsgärten abklappern und bin mir sicher, auch diese werden mich begeistern. Natürlich seid ihr wie immer live dabei! Jetzt verbringe ich noch einen ruhigen Nachmittag, werde noch einen kleinen Spaziergang am Strand machen und anschließend wieder guten Fisch essen. Das Leben genießen und die Eindrücke des Tages setzen lassen. Hasta manana!