Den Telica habe ich gestern Nachmittag bestiegen. Zuvor habe ich wie angekündigt an der Free Walking Tour teilgenommen - die war höchst interessant und brachte noch ein paar neue Aspekte über Leon zutage. So sahen wir den Patio eines Klosters (heute ein Hotel), schritten nochmal über den Markt, wo uns der Guide einige der diversen Snacks kosten ließ, die hier verkauft werden. Fast Alles süß und nicht so richtig mein Fall, aber doch sehr interessant.
Am Nachmittag wurde ich dann abgeholt, es ging knappe 2 Stunden im Geländewagen durchs Gelände ;-) Die Straße zum Telica war schon ein Abenteuer. Schließlich dauerte der Aufstieg dann noch eine Stunde. Auch das war nicht sehr herausfordernd, bis wir am Kraterrand standen. Oben sahen wir den Sonnenuntergang - sehr intensiv, das Farbenspiel, speziell im Kontext mit dem Vulkankegel....weniger lustig war für mich das Hinuntergehen im Dunklen - ich mag den Abstieg sowieso schon nicht, und wenn ich nicht viel sehe, umso weniger. Aber gut, ging auch vorbei. Jedenfalls schon wieder sehr beeindruckend, Lava sieht man allerdings keine mehr - seit 2015. Warum das im 2018 erschienenen Reiseführer dann anders drin steht, weiß der Kuckuck, aber auch gut, schön war es trotzdem, und ein wenig Bewegung bei dem vielen Sitzen im Unterricht war auch eine nette Abwechslung. Ein paar Vulkane stehen im Zuge meiner Tour durch das Land dann auch noch auf meinem Programm.
Heute war dann wieder Faulenztag in der Hängematte - same time, same place. Ich wusste ja schon, wo ich hin musste, und zielstrebig ging ich zu "meiner" Familie. Ich stellte fest, dass der Dachboden offensichtlich der Schlafbereich der Familie war, nachdem die Dame, als sie mich sah, schnell das Matratzenlager zusammenrollte und aufkehrte, bevor sie meine Hängematte aufspannte. Schlafen im Freien unterm Palmendach - auch nicht übel. Ich ging schwimmen in den Pazifik und ärgerte mich kurz über die Niederösterreich Wahl. Wieso man in einem Land, in dem man Alles hat, wo einem ein Klima-und Energiebonus nach dem anderen in den Rachen gestopft wird und die Abstiegsangst, überspitzt gesagt, darin besteht, sich seinen dritten SUV nicht mehr leisten zu können, eine rassistische Partei wählt, die Österreich am liebsten in ein Land wie Putins Russland verwandeln würde, entzieht sich meiner Kenntnis. Mir reicht dieses blöde FPÖ-Wählen aus "Protest" als Rechtfertigung nicht mehr. Wer eine Kickl-FPÖ und ihren genauso offen rechtsradikalen niederösterreichischen Spitzenkandidaten wählt, die vor Fremdenfeindlichkeit strotzen und auch im Zuge der ganzen Impfdebatte nur stupide gehetzt haben, der protestiert nicht, der ist ein dummer Rassist oder eine dumme Rassistin. Punkt. Keine Schönfärberei mehr. Ich ärgerte mich deshalb so, weil man hier diesen bescheidenen Lebensstandard sieht, aus dem die Leute mehr als das beste machen, und sich dann fragt, wovon daheim eigentlich im Zusammenhang mit "Problemen" bei Vollbeschäftigung und ganz passabler Konjunktur konkret die Rede ist. Zwangsläufig. Daher fehlt mir einfach das Verständnis für die permanente Unzufriedenheit in einem Land, das von der Lebensrealität von zirka 80% der Weltbevölkerung nicht die leiseste Ahnung hat. Egal, ich legte mein Handy bald wieder weg und schaute lieber auf die friedlichen Wellen des Pazifik.
Mit Lydia hatte ich auch noch eine längere Unterhaltung, und in den Fotos gibt es auch eines von ihr und ihrem Sohn. Ich habe heute dann doch auch mal diskret gefragt, wo Dereks Vater eigentlich lebt - eigentlich hatte ich irgendwie angenommen in den USA so wie die Hälfte der männlichen Nicas. Ist aber nicht so - er lebt in einer anderen Stadt 3 Stunden von hier und naja, hat kaum Kontakt. Lydia nahm das lachend und mit einem Achselzucken zur Kenntnis, sie meinte, so ist das eben in Nicaragua, die Männer sind in erster Linie dazu da, die Kinder zu zeugen, und dann machen sie sich meist aus dem Staub. Bei Katerin ist es ähnlich, dürfte also was dran sein. Ihr schien es nicht viel auszumachen, so nach dem Motto "Kamma nix machen" schupft sie eben gemeinsam mit ihrer Mutter den Laden hier, nebenbei die Kindererziehung und überhaupt Alles. Zu ihrem eigenen Vater hat sie auch keinen Kontakt - da war das Muster ähnlich, der hat sich auch nie viel geschert. Komisch irgendwie, aber man hat den Eindruck, für die Frauen hier ist das normal. Sie wirken auch gar nicht verbissen oder überfordert deswegen sondern machen eben einfach ihr Ding - und dass ihnen die Männer dabei eigentlich auch gar nicht besonders abgehen. Auch ein Lebensmodell.....
Für mich kommen jetzt noch 2 Tage Schule. Montag und Dienstag. Am Mittwoch Früh breche ich von hier auf. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Lachend, weil ich mich schon sehr freue, mehr vom Land zu sehen und auch schon sehr gespannt drauf bin. Weinend, weil ich mich schon irgendwie fast daheim fühle hier. Ich habe mich sogar an das Zimmer mit dem Wandschimmel gewöhnt - der fällt mir kaum noch auf. Naja, ungesund ist es auf jeden Fall so zu schlafen, ich habe auch oft Hustenreiz. Ich habe nichts gesagt, weil ich es nicht ändern kann, und Lydia gibt hier ihr bestes aus ganzem Herzen, kehrt andauernd zusammen und sieht zu, dass Alles gepflegt und sauber ist. Ein klaglos funktionierendes eigenes WC und eine immerhin lauwarme Dusche sind hier sehr guter Standard - und in einem alten Kolonialgebäude bei feucht-warmem Klima Wände nachhaltig zu sanieren ist vermutlich finanziell nicht machbar. Ich werde es beim Salzburger Organisator meiner Reise anbringen und auch dazu anmerken, dass ich hier niemanden vor den Kopf stoßen will, weil mir der hiesige Lebensstandard bewusst ist und das bereits eine upgraded Version davon ist. Und ich darf ja bald wieder in unser verwöhntes Österreich.....
Ich denke, ich werde mich am Dienstag noch einmal melden, bevor ich aufbreche, das Land zu erkunden. Einmal Leon calling wird es also noch für euch heißen.....