Ich war untergebracht auf der Finca von Jürgen und Anabel. Jürgen ist, wie man nach dem Namen fast vermuten könnte ;-), aus Deutschland - ein waschechter Bayer. Anabel ist Nica und stammt aus Managua. Sie sind seit vielen Jahren verheiratet, eine Spur älter als ich, und betreiben seit 10 Jahren hier eine Bio-Kaffee-Finca mit angeschlossenem "Hotel". Ein Hotel ist es nicht wirklich, neben dem Haupthaus, in dem die beiden wohnen, gibt es 5 Bungalows, die sie vermieten. Das Ganze ist eingebettet in einen wunderschönen grünen Garten, etliche Pflanzen blühen in allen Farben, es gibt Hunde (zwar groß aber harmlos, auch für mich), Katzen und Hühner, eine echte Idylle. Und es ist hier um Einiges mehr Gastfamilie als bei Lydia und Martha. Denn hier sitzt man wirklich gemeinsam mit den beiden am Tisch beim Essen, sie kochen gut, zu Mittag saßen wir draußen, am Abend drinnen am warmen Kamin. In der ersten Nacht war noch ein kanadisch-deutsches Pärchen da, in der zweiten nur ich. So kommt man ins endlose Plaudern, als die Kanadierin da war, auf Englisch, wenn Anabel dabei war auf Spanisch, wenn ich nur mir Jürgen war natürlich auf Deutsch. Spannende Menschen trifft man hier, die beiden sind extrem nett, haben viel zu erzählen und sind auch sehr am Leben ihrer Gäste interessiert. Das kanadisch-deutsche Pärchen war mit dem Rad unterwegs und ist zufällig im Laufe des Tages hier gelandet - sie haben ihren Haushalt aufgelöst, haben kein Zeitlimit, haben in Costa Rica begonnen und fahren mal gegen Norden - vielleicht sogar bis nach Hause bis Kanada. Sie schlugen ihr Zelt im Garten auf....unglaublich, was für interessante Menschen man an solchen Orten trifft. So saßen wir da und unterhielten uns endlos, und zum Abschluss gab es immer eine Tasse heißen Kakao am Kamin.
Womit ich auch schon zum großen Nachteil komme. Dem Wetter. Nebelwald sagt ja schon - es ist fast immer wolkig. Und relativ frisch. Und feucht. Das wäre noch okay - aber die Bungalows sind eiskalt....ich zog mir zum Schlafen 3 Schichten an und deckte mich mit 2 Decken zu. Und dann ist auch noch die Dusche kalt....die verlegte ich ergo von in der Früh wie sonst hinter die Wanderung, nachdem mir da wenigstens warm vom Gehen war.
Die Wanderung durch den Nebelwald unternahm ich gestern Vormittag mit Jürgen, der sich hier sehr gut auskennt und mir viel zeigte und erklärte. Rund 4 Stunden waren wir unterwegs durch schlammiges Terrain, wir kamen an verschiedenen Kaffeefarmen vorbei, überall blühten herrliche Pflanzen intensiv, sogar 2 der wunderschönen Tukane sahen wir. Eine recht gatschige Sache, aber jeden Schritt wert. Insofern muss ich sagen, auch wenn ich mich im Zimmer nicht wirklich wohl fühlte in der Kälte, war der Aufenthalt bei den beiden trotzdem toll, und ich möchte ihn nicht missen. Trotzdem freute ich mich, als es heute wieder hinunter in wärmere Gefilde ging.
Jürgen brachte mich nach dem Frühstück nach Granada. 4 Stunden dauerte die Fahrt durch wechselnde Landschaften, keine Sekunde war es fad, er redet gern, ich auch, und wir lagen bei den meisten Themen, inklusive Politik und Denkweise, praktisch völlig auf einer Wellenlänge. Herzlich war also die Verabschiedung, als er mich in meiner neuen Bleibe im Zentrum Granadas absetzte. In die bisher schönste Unterkunft dieser Reise. Auch ein altes Kolonialgebäude mit 2 schönen Innenhöfen, in dem Fall aber ein Hotel, alles ist neu und top modern saniert, so gibt es also weder Kälte noch schimmlige Wände. Die Dusche ist allerdings auch hier bestensfalls lauwarm - außer in Panama City hatte ich auf dieser Tour noch keine einzige warme Dusche. Macht aber nichts, im Gegensatz zum Nebelwald ist es hier wieder schön heiß, und so hält man das sehr gut aus. Und ansonsten ist alles tip-top!
Granada - ich war gespannt darauf. Es ist kleiner als León, und ja, das Zentrum ist etwas mehr hergerichtet. Der Hauptplatz um die Kathedrale ist bestimmt schmucker, mit hübscheren Gebäuden ringsum, und es gibt auch eine Fußgängerzone, die sogenannte "Calzada". Dieser Bereich ist vielleicht etwas pittoresker als in León, dafür ist es auch touristischer. Es stehen Pferdekutschen herum, und in der Fußgängerzone wird man von Keilern angesprochen, die einen in die Cafés und Restaurants locken wollen. Kannte ich so aus Nicaragua bisher noch nicht. Aber - und jetzt kommt das Gute - das ist wirklich auf den einen Straßenzug beschränkt. Entfernt man sich davon, sieht es eigentlich ähnlich aus wie in León, es ist nicht perfekt hergerichtet, der Marktbereich sogar etwas quirliger und chaotischer. Die Leute sind auch hier nett und freundlich, sowohl im Hotel als auch in der Wäscherei, wo ich heute mal wieder einfiel, um mein Zeug von der gestrigen Schlammtour abzugeben. Für ein Gesamturteil über Granada ist es noch zu früh, aber es gefällt mir insgesamt auch hier recht gut. Ob ich diese besondere Connection wie zu León entwickle, wird sich weisen, ich bleibe hier 3 Nächte.
Morgen Vormittag steht eine Tour auf Granadas Hausberg, den Vulkan Mombacho, an. Der ist oft von Wolken eingehüllt, es ist oben also vermutlich auch wieder kühler und grüner, aber wenn ich in Bewegung bin, stört mich das nicht so. Jedenfalls ist die Reise schon wieder besonders toll und abwechslungsreich, wie ihr an den vielen Bildern der letzten 3 Tage nun auch gleich sehen könnt. Ich halte euch auf dem Laufenden aus Granada!