Hanga Roa, Rapa Nui (Osterinsel), Chile, 22.15 Uhr
Heiter, 24 Grad
Willkommen auf der Osterinsel! In der Sprache der Einheimischen. „Rapa Nui“ bedeutet „heller Fleck“, die Bezeichnung Osterinsel kommt daher, dass ihr holländischer sogenannter „Entdecker“ an einem Ostermontag auf diesen Flecken Land stieß. 5 Stunden war ich also in der Luft, um dann den Anflug auf die Osterinsel zu erleben. Irgendwie war ein gewisses Kribbeln da, immer hatte es mich gejuckt, hierher zu kommen, und nun war ich tatsächlich im Anflug.
Zunächst – es gibt einen täglichen Flug vom Festland auf die Osterinsel, und die Boeing 787-900 (Dreamliner) war voll bis auf den letzten Platz. Dazu gibt es auf der Insel die größte Start-und Landebahn Südamerikas (aufgrund der strategischen Lage sowohl für Militärflugzeuge als auch, damit große Flieger auf einem Transpazifikflug im Notfall eine Landemöglichkeit noch vor Australien haben). Inzwischen fliegt LATAM selbst mit großem Flieger ganz absichtlich hierher. Das Flughafengebäude ist dagegen nur die übliche kleine Inselhütte, die man sonst so von diversen Inselflughäfen gewohnt ist. Und in dieses Gebäude ergossen sich zunächst mal die Massen, die aus dem Flieger strömten. Keine Spur von Idylle also. Eigentlich hätte mich meine Airbnb Gastgeberin abholen sollen, offensichtlich hatte sie das aber vergessen – und als ich suchend in die Gegend schaute, war eine Dame so nett, mich einfach hier abzusetzen. Es sind zwar sowieso nur 5 Minuten Fahrt, aber trotzdem war ich sehr froh darüber – erstmals lernte ich die hilfsbereite und nicht berechnende Freundlichkeit und Gastfreundschaft der Rapa Nui kennen. Und so wurde ich von der Mutter meiner Gastgeberin empfangen, die sich dann entschuldigte und meinte, ihre Tochter hätte eben vergessen. Kann passieren, und nachdem hier sowieso jeder jeden kennt, wurde ich schnell und unkompliziert trotzdem hierher befördert.
Nachdem ich meine nette, einfache und saubere kleine Hütte bezogen hatte, machte ich mich auf den Weg, der „Hauptstadt“ Hanga Roa, gleichzeitig dem einzigen Ort auf der Insel, einen Besuch abzustatten. Auch hier wunderte ich mich zunächst einmal. Von wegen nicht entwickelt. Der Kinderspielplatz ist top modern, die Markthalle gerade nicht da, weil dort eine neue und größere gebaut wird. WIFI gibt es in fast allen der vielen Cafés und Restaurants gratis, auf dem größten Platz mit einem kleinen Park sogar ein öffentliches, das tadellos funktioniert – wobei jenes in meiner Unterkunft zwar geht aber wirklich zu langsam ist für meinen Blog. So gut wie jedes Geschäft und Restaurant akzeptiert alle Kreditkarten, meist auch mit ultramodernen kontaktlosen Displays. Sind das alles Dinge, über die ich mich normalerweise freue, war ich zunächst mal fast enttäuscht, dass auch so weit weg vom Schuss, mitten im Pazifik, man nicht mehr das Gefühl hatte, am Ende der Welt zu sein sondern mittendrin. Das Gefühl drehte sich aber bald ins Positive, ins sehr Positive sogar.
Zunächst das Wetter. Die Osterinsel ist subtropisch, es ist jetzt im Sommer nicht sehr heiß aber angenehm warm, um die 27 Grad. Dazu gibt es immer wieder kurze, aber auch heftige Regenfälle. Was mir vor Allem aber gefiel, ist der Lebensrhythmus hier. Die 270 Leute aus dem Flugzeug hatten sich gut verteilt, in Hanga Roa sieht man ein paar Traveler entlang der beiden Hauptstraßen mit ihren Souvenirgeschäften, Cafés und Restaurants sowie kleinen Supermärkten bummeln, vor Allem aber sind es die 5000 Inselbewohner, die fast alle im Hauptort wohnen, die den Takt vorgeben. Und der ist gemächlich, langsam und freundlich. Es gibt auf der Osterinsel weder großen Reichtum noch gibt es Armut, alle leben zufrieden ihr einfaches Leben, bauen Gemüse an und haben frischen Fisch vor der Haustüre, dazu gibt es den Tourismus als Einnahmequelle. Fast alle vermieten entweder Unterkünfte, Autos, Fahrräder oder alles zugleich, und so passt das Alles sehr gut ohne Stress. Die Frauen tragen oft Blumen im Haar, nicht für die Touristen sondern weil das eben so üblich ist. Ich passte mein Gehtempo schnell den lokalen Gegebenheiten an, holte mir in der Post einen netten Passstempel und setzte mich dann direkt ans Meer zum Abendessen.
Ich saß unterm Palmblattdach, der Regen prasselte darauf, die Wellen klatschten gegen das Ufer, dann kam wieder die Sonne zum Vorschein. Endlich bekam ich mein Ceviche von Fisch und Meeresfrüchten – hier ist der Fisch so frisch, dass das Ceviche erst im letzten Moment zubereitet wird und daher extra für mich der sonst für dieses Gericht übliche Koriander weggelassen werden konnte. Ein Gedicht war dieser Cocktail aus Meer und noch mehr Meer, gefolgt von einer Mango-Maracuja-Cheese Cake, alles serviert von Marina, einer echten Rapa Nui, die mich mit ihrer Herzlichkeit und ihrem strahlenden Lächeln fast zum Dahinschmelzen brachte. Billig ist Essen auf der Osterinsel nirgends, dieses Lokal aber fast ein Muss, wenn man hierher kommt.
http://www.lakaletarestaurant.com/
Der Highlights noch nicht genug, gibt es gleich bei meiner Unterkunft den Ahu Tahai, eine Zeremonienstätte der alten Rapa Nui. Hier erblickte ich also die ersten von über 1000 der berühmten Moai Statuen, und nachdem diese so praktisch an der Westküste liegen, lassen sie sich besonders dekorativ für schöne Bilder und herrliche Stimmung zum Sonnenuntergang nutzen. Die Schatten der Statuen im Abendrot führten nach Marinas Ceviche zum zweiten Wow Effekt des Tages mit Gänsehaut. Ich konnte es in dem Moment kaum fassen – ein Sonnenuntergang auf der Osterinsel bei den steinernen Riesen, untermalt von leuchtenden Farben. Entwicklung hin oder her – ich merke schon jetzt, dass es trotz WIFIs hier immer noch etwas Magisches hat.
Mehr über Moais und Kultstätten werde ich euch dann in der nächsten Geschichte erzählen, denn morgen erkunde ich die Insel per Jeep, und die folgenden zwei Tage dann per Mountain Bike. Ich kann mir alle Zeit der Welt nehmen, es langsam anzugehen und dieses Flair hier intensiv in mich aufzusaugen. Seid dabei!