Chefchaouen, Marokko, 16.45 Uhr
Sonnig, 15 Grad
Viel blauer kann es dann wirklich nicht mehr werden als hier in Chefchaouen. Lässt man mal die politische Richtung außen vor, kann blau ja wirklich wunderschön sein. Speziell wenn der Himmel blau ist oder aber auch alle Häuser einer Stadt. Oder am besten dann noch beides zusammen so wie heute….
Die Nacht war richtig frostig. Trotz Heizung auf voller Stärke musste ich mich in mehreren Schichten unter die Decke kauern, um nicht einen Kälteschock zu haben. Was ich an Marokko nicht verstehe – in dem Land ist es zum größeren Teil des Jahres richtig heiß. Und wie die Leute es dann aushalten, nicht einmal die Hotellobby zu heizen, wenn die kalte Jahreszeit hereinbricht, ist mir ein Rätsel. Das ist so richtig ungemütlich, und man kommt schon mit einer Grund-Durchfrorenheit hinaus an die eisige Luft.
Wir traten zu sechst unsere mehrstündige Wanderung an (die anderen 5 hatten sich einen Ruhetag gegönnt), die uns hoch über Chefchaouen hinaus ins Umland führte. Selbst da sorgte der eisige Wind zunächst dafür, dass es nicht einmal beim Gehen viel wärmer wurde. Die Aussichten waren aber sehr schön, in den nördlichen Rif Bergen ist Marokko richtig mediterran. Olivenbäume, blühende Mandelbäume, Orangen, Mandarinen und um diese Jahreszeit sehr grün – würde man Alles nicht unbedingt mit Marokko assoziieren aber zeigt nur, wie vielseitig dieses Land wohl ist. Man wandert durch Bergdörfer, und viel eklatanter könnte der Unterschied zu den Dörfern in Westafrika kaum sein. Der Lebensstandard ist natürlich wesentlich höher, auch die Hühner und Ziegen sind hier wesentlich größer, dazu können sich die Leute auch Esel und mehrere landwirtschaftliche Geräte leisten. Aber – und das liegt wohl in der islamischen Religion begründet – die Menschen sind auch wesentlich zurückhaltender und distanzierter. Nicht einmal die Kinder kommen auf uns zugelaufen, und Frauen, die in den Dörfern alle Kopftuch tragen, sehen stets weg, um nur ja nicht in die Verlegenheit zu kommen, Menschen, speziell wohl unbekannte Männer, grüßen zu müssen. Selbst die Männer erwidern eventuell kurz einen Gruß, aber auch stets mit Abstand. Marokkaner und aufdringlich – bisher stelle ich eher das Gegenteil fest, ich finde sie fast ein wenig zu distanziert. Die Menschen, mit denen wir direkt zu tun haben, sind schon freundlich, wie unsere Guides, und sobald man sich in den größeren Orten und Städten befindet, drehen sie sich zumindest auch nicht mehr weg, trotzdem hat man nicht das Gefühl, dass sie allzu sehr an einer Konversation mit westlichen Besuchern interessiert sind. Ich bin gespannt, ob sich mit den südlichen Wüstenlagen auch die Mentalität der Bewohner ändert.
Im Wanderprogramm hatten wir dann Mittagessen in einem Orangengarten dabei, mit dem Wind blieb es auch hier frisch, in der Sonne war es aber auszuhalten, und das Essen, bestehend aus Bohnensuppe, Brot mit hausgemachtem Ziegenfrischkäse und Oliven, einer Hühner Tajine sowie frischen Orangen mit Zimt war herrlich. Die Küche ist in Marokko weiterhin ein Traum – da genieße ich nach Westafrika schon das Schwelgen im lukullischen Himmel. Auch war es wieder mit den Leuten aus der Gruppe richtig nett, da stimmt die Chemie einfach.
Zurück wurden wir mit dem Jeep gebracht, und jetzt bin ich dann noch durch Chefchaouen spaziert, jetzt am Nachmittag war es auch endlich halbwegs mild. Dieses Blau der Häuser ist schon einzigartig, die pittoresken Fotomotive liegen hier so eng beisammen, dass man kaum nachkommt mit dem Abdrücken. Chefchaouen ist schon recht bekannt, unter anderem für Marihuana (das mir bei meinem Rundgang auch mehrmals angeboten wurde), aber offensichtlich scheint es auch speziell bei chinesischen Reisegruppen sehr beliebt zu sein….auch unser Hotel war voll von Touristen aus China, und der Hauptplatz ist mit Lampions für das bevorstehende chinesische Neujahrsfest dekoriert. Ein seltsamer Anblick….
Morgen geht es weiter, nach Fès, eine der berühmten Königsstädte. Sie soll eine wahre Perle sein und ich freue mich schon. Immerhin soll es dort tagsüber knappe 20 Grad kriegen, das wäre doch schon ein Fortschritt. Nun aber seht zu, dass ihr nicht blau werdet vom Betrachten der Bilder ;-)