Accra, Ghana, 21.30
Schwüle Nacht, 30 Grad
Was kommt eigentlich nach dem Tod? Diese Frage beschäftigte bereits Generationen von Menschen – und es wird nie eine schlüssige Antwort darauf geben, weswegen sich weitere Generationen damit auseinandersetzen werden. Was aber ganz sicher ist – der Körper kommt in einen Sarg. Hier in Afrika sind diesbezüglich der Phantasie keine Grenzen gesetzt, und wir besuchten als kurioses Highlight heute einen Sargfabrikanten am Straßenrand. Särge werden dabei nicht nur in allen möglichen Größen angeboten, sondern hier kann jeder seinen Wunschsarg bestellen. Zum Beispiel in Form eines Autos, einer Krabbe, eines Bootes – und selbst in der Form eines überdimensionierten Handys, sollte die verstorbene Person diesbezüglich zu Lebzeiten eine besondere Leidenschaft entwickelt haben. Etwas Vergleichbares hatte ich jedenfalls noch nie gesehen, und insofern war dieser Programmpunkt in seiner Skurrilität wirklich erheiternd.
Wir verließen nach dem Frühstück unser nettes Strandhotel, schauten als erstes im Kakum Nationalpark vorbei, wo man über enge Hängebrücken über den Baumwipfeln des Regenwaldes spazieren kann. Ghana ist im Süden richtig tropisch und feucht, im Gegensatz zum dürren Norden üppig grün, und es gedeihen Früchte wie Bananen, Ananas, Papaya oder Avocados in Hülle und Fülle. Auch der Nationalpark war professionell aufgezogen wie wenn er in Europa liegen würde.
Es folgte noch der Besuch in Cape Coast, wo die Portugiesen eine weitere Sklavenburg errichtet hatten, die im Gegensatz zu jener in Elmina später nicht von den Holländern sondern den Briten übernommen worden war. Die Grausamkeit der Abläufe war auch hier nicht kleiner gewesen.
Und am späten Nachmittag fuhren wir ins Verkehrsgewühl von Accra ein. Accra ist Ghana nur nochmal ein Stück moderner. Auch hier gibt es immer noch quirlige Straßenmärkte und eine Verkehrsführung, die afrikanischer nicht sein könnte, trotzdem sprießen die westlich geprägten Shopping Malls aus dem Boden, moderne Geschäfte und schöne Hotels. Auch unser Abschlusshotel ist wieder sehr schön, sauber und modern. Einige in der Gruppe waren von Ghana enttäuscht, das wäre doch nicht Afrika, Togo und Benin doch viel ursprünglicher gewesen. Letzteres stimmt, ich meinte aber trotzdem dann, dass Togo und Benin zwar extrem viel afrikanische Kultur boten aber auch extrem viel Armut. Das Ursprüngliche, das manche hier als so romantisch empfanden, steht für die Einheimischen oft für einen harten Kampf ums tägliche Überleben. Ich merkte an, dass ich beides schön fand, aber auch zu sehen, dass sich ein Land in der Region entwickeln kann, als sehr positiv empfand und deshalb Ghana mich eher hoffnungsfroh als enttäuscht zurück gelassen hätte. Das kann gerne jeder so sehen wie er will – ich kann Ghana als Westafrika für Anfänger empfehlen und als Steigerungsstufe Togo und Benin natürlich auch. So sagte ich das auch einem jungen österreichischen Pärchen, das wir im Nationalpark trafen und das sich 5 Monate lang mit öffentlichen Verkehrsmitteln quer durch Afrika schlägt. Sie wollten wissen, ob sich die beiden Länder lohnen würden, da sie noch entsprechende Visa besorgen müssten, und ich sprach ihnen eine dicke Empfehlung aus. Die beiden waren so entdeckungslustig, aufgeschlossen und auf das Abenteuer eingestellt, ohne Vorurteile und voll jugendlicher Energie, dass es mich sehr froh machte, froh zu sehen, dass in unserem Land auch noch junge Menschen leben, die sich der Welt stellen, neugierig sind und nicht dem konservativ-angsterfüllten Basti-Mainstream hinterhertraben.
Nun sind wir in Accra, Ghanas Hauptstadt, morgen Vormittag unternehmen wir noch eine gemeinsame Stadtbesichtigung, dann ist die Tour vorüber. Nachdem mein Flug erst in der Nacht geht, ist im Tourpaket zum Glück noch ein Late Check Out enthalten, sodass ich mein Zimmer bis zum Abend behalten kann. Ich werde nach Casablanca wieder via Lissabon fliegen, sprich, ich schau mal auf einen Vormittag in Europa vorbei. Es hätte zwar einen einzigen Direktflug von Accra nach Casablanca von Royal Air Maroc gegeben, aber der wäre abartig teuer gewesen, sodass ich mich zur Umsteigevariante via Portugal entschlossen habe. Von Lissabon nach Casablanca fliegt man nur eine gute Stunde, sodass ich am Donnerstag Nachmittag dort eintreffen werde. Bis dahin gibt es vermutlich noch ein letztes Update aus Westafrika mit allen wichtigen gesammelten Informationen zu der Region. Wir lesen voneinander!