Kara, Togo, 16.15 Uhr
Wolkenlos, 30 Grad
So, kaum bin ich wieder in Togo, scheint auch Weebly wieder keine Lust mehr zu haben. Mal sehen, ob ich die Seite mit einem VPN überlisten kann und auch, ob das Internet zum Upload überhaupt schnell genug wäre. Was genau an Benin vertrauenswürdiger als an Togo sein soll, muss mir erst mal jemand erklären, dass Weebly genau hier alle Seiten blockiert, aber man muss auch nicht alles verstehen.
Die Nacht wurde höchst unsympathisch – denn ich war leider auf Gelsenjagd. Eigentlich hatte ich vor dem Einschlafen keinerlei Insekten im Zimmer wahrgenommen, kaum machte ich das Licht aus, surrte mir allerdings schon der erste der Quälgeister in den Ohren herum. Also – Licht an, und nach einiger Zeit erlegte ich den Blutsauger. Vermeintlich der einzige. Doch – Licht ab – und Action. Nummer 2 hatte sich startklar gemacht. Also wieder Jagd, die diesmal etwas länger dauerte. Wie die Geschichte weitergeht, könnt ihr euch ja in etwa vorstellen, auch nach Gelse 2 war nicht Schluss. Wären sie nur lästig, könnte man ja noch damit leben, aber in Malariagebieten will man trotz Prophylaxe so wenige Stiche wie möglich abkriegen. Und so schlief ich kaum.
Entsprechend gerädert trat ich zur heutigen Etappe an, die trotzdem sehr nett wurde. Im Landesinneren kühlt es trotz Hitze in der Nacht ziemlich ab, am Morgen war es also fast frisch. Und so zogen wir los. Noch in Benin lag unser Halt in einem kleinen Dorf in den Atakora Bergen, das von der Ethnie der Somba und Tamberna bewohnt wird. Diese Region im Norden Benins und auch Togos zeichnet sich durch eine besondere Bauweise der Häuser aus. Es sind, auch von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt, so genannte Lehmburgen, die nur hier vorkommen und zum Schutz vor Versklavung in ihrer wehrhafen Form gebaut wurden. Die Häuser sehen nicht nur malerisch aus, sondern sie sind auch in der Form, wie sie bewohnt werden, sehr praktisch. Wir erhielten einen sehr interessanten Einblick. Auch ist die Gegend, da hügeliger, wieder etwas grüner als gestern und daher nicht so ärmlich wirkend.
Nett war der ruhige Grenzübertritt nach Togo. Eine offensichtliche Grenze war nicht ersichtlich, ein unscheinbarer Baum stand am Straßenrand, irgendein Typ in Zivil mit einer Schachtel voller Stempel tauchte auf und gab uns unsere Einreisestempel nach Togo. Tja, auch gut, leider war der Typ dann doch so offiziell, dass man nicht fotografieren durfte, die Situation hatte doch eine gewisse Komik.
Nach einer Pause besichtigten wir noch ein Dorf, das in der Region für sein Handwerk bekannt ist. Schmieden und Töpfern erfolgen hier noch wie bei uns im Mittelalter, ausschließlich manuell. Wahnsinn, wie bei großer Hitze der Schmiedeofen bedient wird und das Eisen mit einem Stein geschlagen. Oft werden Harken hergestellt, denn auch die Landwirtschaft erfolgt in Westafrika so gut wie nur händisch, die Felder werden nicht einmal mittels Pflug und Ochsen bestellt, selbst dafür fehlt das Geld. Von Traktoren ganz zu schweigen. Ja, es ist eine Zeitreise in die Vergangenheit, die man hier unternimmt, Kinder kommen, sobald der Van mit den Europäern vorfährt, in Scharen, sie nehmen wirklich Alles gerne, das man ihnen gibt. Ein paar aus der Gruppe haben altes Gewand mit, das sie nicht mehr brauchen und verteilen es an die Familien. Stifte, leere Wasserflaschen, Süßigkeiten sowieso, wirklich ALLES ist begehrt und die Kinder reißen es einem förmlich aus der Hand. Unglaublich, dass um Dinge, die für uns nur noch wegen Nichtbenötigung Ausschuss wären, so ein Bedarf herrscht, die Maßstäbe, wie weit unsere Welt von der Realität Westafrikas entfernt ist, werden hier zurecht gerückt – Westafrika betört, aber Westafrika erdet auch, und das ganz gewaltig. Dabei ist es nicht so, dass hier Menschen verhungern, der Alltag ist einfach aber zum Überleben reicht es, auch wenn materiell so gut wie gar nichts da ist. Ein berührender Kontinent, ich denke, diese Reise ist ganz anders als meine letzten, bestimmt keine Genussreise mit schönen Bobo Cafés und stylishen Hotels, aber eine, die in ihrer Intensität kaum zu übertreffen ist. Und auch das gehört zum Reisen dazu!
Ich bin übrigens gerade wieder in einem dieser OK Hotels, hier passt Alles, ohne dass es besonders schön wäre. Morgen ziehen wir weiter nach Ghana. Wir verlassen das frankophone Westafrika und tauchen ins Englisch sprachige ein. Ich bin gespannt, ob es nach der Grenze einen erkennbaren Unterschied geben wird, abgesehen davon, dass passables Baguette und Croissants wohl ab morgen der Vergangenheit angehören werden und durch das übliche lätscherte Toastbrot ersetzt werden. Ich hoffe, Ghana steht nicht unter Generalverdacht und Weebly lässt mich wieder posten! Ihr hört von mir!