Ich residiere in der Stadt mit dem unaussprechlichen Namen Sighetu Marmatiei. Eine kleine Grenzstadt, die mich sehr an Laa an der Thaya erinnert. Ein ganz netter lang gezogener Hauptplatz mit ein paar ansehnlichen Gebäuden, ansonsten keine Besonderheiten. Und wenige Meter von ebendiesem Hauptplatz entfernt befindet sich die Grenze zur Ukraine. Die ist genauso zu (Freund Corona sei mal wieder Dank, nachdem hier auch die EU Außengrenze verläuft und die Ukraine daher als unsicherer als das EU Mitglied Rumänien gilt) wie seinerzeit der Eiserne Vorhang in die Tschechoslowakei. Also irgendwie ein Hauch vom Ende der Welt. Dahinter liegt das Rätselhafte. Was relativ ist, weil ich ja schon öfter in der Ukraine war. Aber im Moment ist sie quasi auch einen Steinwurf entfernt außer Reichweite. Einen ganz interessanten historischen Kontext hat Sighetu Marmatiei auch, es hatte früher einen jüdischen Bevölkerungsanteil von 40%. Bis auch hier die Klaue der Nazis hinlangte und ihr Unwesen trieb und fast die gesamte jüdische Bevölkerung in die KZs deportierte. Einer, der überlebte, war der bekannteste Bürger der Stadt – Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel. Ihm ist ein kleines Gedenkmuseum gewidmet. Ebenso gibt es, nachdem auch das Ceaucescu Regime ein Folterzentrum hier betrieb, eine Gedenkausstellung für seine Opfer. Und ein äußerst nettes Lokal für das Abendessen gab es ebenso – wunderschöner Innenhof und Spezialitäten der Region.
Einen kleinen Ausflug 20 Minuten außerhalb unternahm ich am Nachmittag auch noch – zum „fröhlichen Friedhof“. Dieser befindet sich im kleinen Ort Sapanta und wurde so angelegt, dass er aus lauter blauen, bunt bemalten Holzkreuzen besteht. Auf diesen sind Bilder der Verstorbenen aufgemalt, und zu jedem und jeder gibt es auch eine kleine Anekdote aus dem Leben dazu. Meist wurden dabei eher die kleinen Laster des Lebens – wie Neigung zu erhöhtem Alkoholkonsum oder sexuelle „Wankelmütigkeit“ - aufs Korn genommen, aber in versöhnlich-humoristischem Kontext. Auch wenn ich natürlich die Geschichten nicht verstehe, so ist das die Erklärung, die ich gelesen habe, und der fröhliche Friedhof ist nicht nur hübsch anzusehen sondern lässt einen auch wirklich fröhlich, mit einem kleinen Lächeln, von dannen ziehen.
Wie ihr seht, die Reise ist interessant und vielseitig, und mir wurde einmal mehr bewusst, warum mir der Horizont meiner Couch doch sehr schnell zu eng geworden ist. Hier draußen ist es viel spannender, und es gibt noch so viel zu lernen und zu sehen, dass man seine Zeit nicht als Stubenhocker vergeuden kann.
Morgen bleibe ich hier stationiert und werde in der Umgebung die berühmten Holzkirchen in diversen Dörfern inspizieren. Ich bin sicher, ihr bekommt auch davon wieder schöne Bilder geliefert!