Riobamba, Ecuador, 19 Uhr
Sonnig, 20 Grad
Gestern war es dann wirklich noch etwas angenehmer, das Publikum setzte sich aus Schweizern, Portugiesen und Argentiniern zusammen, was noch einen ganz netten Mix aus Spanisch-Englischen Unterhaltungen ergab. Trotzdem war ich heute nach der abermals kalten Nacht froh, als wir weiterzogen und die Hacienda verließen.
Es war eine lange Fahrt von fast 4 Stunden, ehe wir Alausí erreichten. Dieser Ort ist bekannt für die steilste Zugstrecke der Welt, die Teufelsnase (Naríz del Diablo). Der namensgebende Felsvorsprung hat angeblich die Form einer Nase. Das interessante Teilstück führt dabei in rund einer halben Stunde von Alausí (2360 m) hinunter nach Sibambe (1806 m). Die Strecke ist teilweise so steil, dass in 2 Spitzkehren der Zug zwei Mal gewendet werden muss. Wirklich sehr spektakulär, wie die erstmals 1908 in Betrieb genommene Strecke sich durch das enge Tal hinunterwindet – für Eisenbahnliebhaber, und nicht nur für solche, ist eine Fahrt ein absolutes Highlight. Heute verkehren die Züge nur noch – oder wieder - für Touristen. Die Fahrt ist meistens ausgebucht, daher kann eine Vorausbuchung nicht schaden. Kostenpunkt für Alausí-Sibambe-Alausí sind nach heutigem Stand 33 USD, die Fahrt dauert insgesamt, einen etwa einstündigen Aufenthalt in Sibambe mit eingerechnet, knappe 3 Stunden.
http://trenecuador.com/en/day-trips/the-devils-nose/
Ich konnte mich eigentlich vor Begeisterung kaum auf dem Sitz halten, so traumhaft war das Panorama. Der einstündige Aufenthalt in Sibambe (mit Touristencafé, Folkloretanz und bereitstehendem geschmücktem Lama) war für mich der entbehrliche Teil dabei. Und noch entbehrlicher waren meine Mitreisenden. Es war schon wieder eine Gruppe Polen, nicht die von der Hacienda, sondern diesmal wirklich unangenehme Zeitgenossen. Trotz des unglaublichen Szenarios draußen vor dem Fenster mit diesen Wahnsinns-Ausblicken schauten sie kein einziges Mal hinaus, nein, sie waren laut und tranken ein Bier nach dem anderen. Ich frage mich echt, warum man dann so eine Fahrt macht, wenn man sich dafür überhaupt nicht interessiert – betrinken kann man sich woanders billiger. Unten im Café drängten sie sich einfach bei der Schlange vor, mit ausgefahrenen Ellenbogen, bis es mir reichte, nachdem sich der Vierte an mir vorbeigedrängt hatte (Männlein wie Weiblein gleichermaßen). Ich fuhr dann auch mal den Ellenbogen aus, fauchte den Typen an was er sich eigentlich einbildet und ob er schon einmal irgendetwas von einer Warteschlange gehört hätte und ließ beinhart keinen von ihnen mehr vorbei. So ein ungehobeltes Benehmen ist einfach unglaublich und geht gar nicht.
Anyway, schön war es trotzdem, ich drückte auch unzählige Male auf den Auslöser, ein „best of“ könnt ihr im Anschluss an diesen Beitrag gleich bewundern. Wir sind jetzt dann noch in die Provinzhauptstadt Riobamba weiter gefahren, die uns als einmaliger Übernachtungsstandort dient. Es gibt hier überhaupt nichts zu sehen, das Boutique Hotel im kolonialen Stil (ohne zu kalte dicke Steinmauern ;-)) ist aber sehr hübsch, und das Internet funktioniert zwar nicht super toll aber von Null auf 50 ist auch schon ein Fortschritt, und um die Beiträge der letzten Tage und von heute hochzuladen, reicht es allemal. Riobamba dient uns vor Allem als Basis, um morgen früh zum höchsten Berg Ecuadors, dem Chimborazo (6310 m), hinauf zu fahren. Sollte also jemand hier vorbeikommen und Ähnliches vor haben, kann ich die Unterkunft empfehlen!
http://www.hotelesriobamba.com/en/
Im Anschluss an den Chimborazo haben wir noch eine lange Fahrt von mindestens 5 Stunden vor uns – nach Cuenca, Ecuadors angeblich schönste Stadt. Dort werde ich dann 3 Nächte verbringen. Ob mir morgen wieder auf 5000 Metern der Atem stockt und was ich sonst noch so erlebt habe, erfahrt ihr dann, wenn alles gut geht, aus Cuenca!