2020 ist Corona Jahr – und das hat fatale Folgen für die Wirtschaft, und ganz besonders für einen Wirtschaftszweig, nämlich den Tourismus. Ganz speziell für den internationalen. Ich bin hier an den Plitvicer Seen, einer der größten und bekanntesten Touristenattraktionen Kroatiens, in einer sehr netten Privatpension untergebracht – die Zimmer sind super sauber und groß, der Gastwirt top freundlich und auch die Bewertungen auf booking.com bestens. Und trotzdem - als ich gestern ankam, wurde ich freudig erwartet. Denn obwohl in Kroatien langes Wochenende ist, sei ich diese Woche sein einziger Gast, wie er mir beim Einchecken mit traurigen, fast resignierenden Augen erzählte. Ein Schicksal, das er wohl weltweit mit vielen, die von der Reisetätigkeit abhängig sind, teilt. Andererseits dachte ich mir, heuer wäre einfach DAS Jahr, um sich einmal den absoluten Tourist Hot Spots zuzuwenden, denn einen Platz wie die Plitvicer Seen ohne Massen genießen zu können, diese Gelegenheit muss man beim Schopf packen. Und so ist es auch – Plitvice hat in gewöhnlichen Jahren ein wenig das Hallstatt Syndrom – es werden Busladungen an Tagestouristen von der nahen Küste herangekarrt, ganz besonders viele aus Nordamerika oder Asien, die den Nationalpark von 10 bis 16 Uhr überfluten, sich meist dem unteren Teil um den großen Wasserfall zuwenden und sich nach geschossenen Instagram Fotos wieder aus dem Staub machen. Heuer ist es ruhig, vielleicht auch, weil das Wetter ähnlich wie daheim eher trüb und kühl war, aber auch, weil die Busladungen an Gästen aus Übersee heuer einfach nicht da sind. Genau genommen gab es keinen einzigen Bus auf dem Parkplatz. Und so fand ich im Park vorwiegend Individualtouristen in überschaubarem Ausmaß vor, hauptsächlich jüngere Pärchen, einige aus Österreich und Deutschland, ein paar weniger aus Tschechien und Polen, und ein paar kroatische Familien waren auch unterwegs. Sonst niemand. Vom Setting her also wirklich ein Volltreffer – um es aus meinem Augenwinkel positiv zu sehen. Der Massentourismus hatte an immer mehr Plätzen dieser Erde in den letzten Jahren durchaus Überhand genommen, dem Planeten tut dieses Drücken auf die Stopptaste, zu dem das Virus uns genötigt hat, sicher einmal gut zum Durchschnaufen. Trotzdem tun mir die Leute, die ihrer Lebensgrundlage beraubt werden, leid, viele andere Perspektiven als den Tourismus hat man hier im kaum industrialisierten Hinterland nicht. Es hat immer Alles 2 Seiten – kein Schwarz, kein Weiß. Vielleicht besinnt man sich darauf, Auswüchse an Overtourism, wie sie in jüngster Vergangenheit immer häufiger geworden waren, ein wenig zu reduzieren und die Schönheit von Natur und Kultur an den jeweiligen Plätzen wieder mehr in den Vordergrund zu rücken. Die Art von Reisen, wie ich sie immer schon mochte – sich an Wundern unseres Planeten zu erfreuen und die besuchten Ort trotzdem nicht im negativen Sinne zu verändern, dass sie fast zu Freilichtmuseen a la Hallstatt oder Venedig degradiert werden. Eine harmonischere Koexistenz von Besuchern und Besuchten zu schaffen. Fromme Wünsche, es wird sich zeigen, wie die Welt Post Coronam aussehen wird und ob sie in der Lage sein wird, das Erleben fremder Orte und Kulturen auf etwas nachhaltigere Beine zu stellen.
Und jetzt zu den neuen Pfaden - diese Reise habe ich ganz anders begonnen, als alle meine vorigen. Nämlich ab Wien mit dem Flixbus. Weder gab es diese Woche schon regelmäßige Flüge noch Züge nach Kroatien, und so wurde ich auf den Bus aufmerksam. Ja, ich hätte mir auch in Wien ein Auto mieten können und damit nach Kroatien fahren, diese Variante war dann aber nicht nur die umweltfreundlichere im voll besetzten Bus nach Zagreb, sondern auch die wesentlich Budget schonendere. 5 Stunden Fahrtzeit und 44 EUR für ein Retourticket nach Zagreb überzeugten mich schnell, den Bus zu nehmen und mir mein Auto erst vor Ort zu mieten. Auch dieses ist hier wesentlich kostengünstiger – und man erspart sich neben den Benzinkosten für die Anfahrt auch Auslandsversicherungen und eine slowenische Autobahnvignette. Es beruhigt mich zu sehen – Reiseplanung kann ich immer noch ;-)) Es klappte auch alles recht gut, wir fuhren pünktlich aus Erdberg, wohin ich es ebenfalls nicht weit habe, los, verloren allerdings eine gute Stunde an der slowenisch-kroatischen Grenze, wo extrem viel los war. Auch gut, ich hatte es ja nicht eilig, vom Busbahnhof in Zagreb brachte mich Uber in ein paar Minuten Fahrt direkt zum Autoverleiher, und von dort zog ich los mit meinem gelben, nagelneuen VW Polo. Eineinhalb Stunden dauerte die Fahrt hierher, zu meiner Pension, in die ich mich für 2 Nächte einquartiert habe. Gestern noch ein gutes Abendessen, dann eine wunderbare Nachtruhe – die erste Nacht nach vielen Monaten in einem anderen Bett schlief ich hervorragend! Und dann ein sehr feines Frühstück heute zum Tagesauftakt.
Der Tag war den Plitvicer Seen gewidmet. Groß waren meine Erwartungen an diesen Ort. Und sie wurden nicht enttäuscht sondern ganz im Gegenteil. Es sind gezählte 16 Seen, die sich hier in einer von dichter Vegetation bewucherten Karstlandschaft ausbreiten, sie schimmern in diversen Blau-und Grüntönen, und das trotz trüben Himmels. Ich glaube aber, dass Sonnenschein für die Farbvielfalt hier gar nicht der entscheidende Faktor ist. Von allen Seiten stürzen hohe, mittlere und kleinere Wasserfälle durch das dichte Grün, ich staunte ob der Schönheit dieses Naturjuwels. Das ist nicht nur meiner Euphorie geschuldet, endlich wieder unterwegs sein zu dürfen, nein, dieses Setting hier ist magisch. Ich habe schon viel gesehen, aber wenige so paradiesische Orte wie Plitvice. Einfach ein Traum! Der Park ist bestens erschlossen, mit gut gekennzeichneten Wanderwegen, die um eine Bootsüberfahrt mit dem Elektroboot ergänzt werde und einem Shuttle Zug (der eigentlich ein Bus ist), der manche Wege, die man doppelt gehen müsste, ein wenig abkürzt. Ich entschied mich gleich von Anfang an für die große Schleife durch den gesamten Park, die inklusive Wandern, Boots-und Shuttlebus-Fahrt mit 6 Stunden angegeben ist. So lange brauchte ich auch in etwa, wobei man sagen muss, dass man bei trockenerem Wetter das Ganze auch wesentlich ausdehnen könnte, indem man sich niedersetzt und die Magie der diversen Plätze noch viel mehr auf sich wirken lässt. Auch gibt es zahllose herrlich gelegene Parkbänke und Picknickplätze, auf denen man sich niederlassen könnte und die Schönheit der Umgebung noch wesentlich intensiver zelebrieren. Dafür war es heute allerdings zu feucht. Alles in Allem – mein Reisecomeback ist mehr als gelungen, dass der erste Ort, den ich nach der Corona Pause besuchen durfte, gleich so ein spektakulärer und himmlisch schöner war, erfüllte mich mit Freude und Begeisterung!
Meine Kroatien Tour ist aber noch nicht zu Ende. Morgen ziehe ich weiter an die Küste. Werde unterwegs einen weiteren Nationalpark besuchen, um mich dann im mittelalterlichen Trogir in der Nähe von Split für weitere zwei Nächte niederzulassen. Mich ans Wasser setzen, die salzige Meeresluft einatmen und eine frische Fischplatte genießen, das werde ich tun. Mehr davon beim nächsten Mal. Es tut gut wieder zu leben.