Hanga Roa, Rapa Nui (Osterinsel), Chile, 22 Uhr
Wolkenlos, 24 Grad
Heute beginne ich zur Einleitung mal mit etwas Rapa Nui Kultur. Zunächst gibt es zur Osterinsel mehrere Theorien zur Erstbesiedlung, nämlich, von welcher Seite aus diese stattfand. Keine der Theorien gibt hundertprozentige Sicherheit, die wahrscheinlichste aber ist, dass sie von polynesischer Seite aus erfolgte. Schon allein deshalb, weil Rapa Nui eine polynesische Sprache ist, eine sehr klangvolle mit vielen Vokalen. Und auch die Köpfe der Moai weisen eindeutig polynesische und weniger indigene Gesichtszüge auf, letzteres hätte eher auf die Besiedlung vom amerikanischen Kontinent her schließen lassen. Nun, wirklich gesichert ist das nicht.
Die wichtigsten Begriffe sind Ahu, Moai und Pukao.
Ein Ahu ist eine Kultstätte, eine Plattform, auf der die Zeremonien stattgefunden haben. Auf ebendiesen Plattformen standen auch die Moai.
Der Pukao ist die runde Kopfbedeckung, die nur wenige der Moai tragen. Was sie bedeuten, ist unbekannt.
Die Moai sind die kolossalen Steinfiguren, für die die Osterinsel berühmt ist. Diese kommen ausschließlich hier vor, keine andere der polynesischen Kulturen hat je so etwas in der Art errichtet. Die Rapa Nui waren aber stets so weit weg von allen anderen Polynesiern, dass sie sich wohl relativ eigenständig entwickelt haben. Warum man die Moai errichtet hat, kann man nur erahnen, vermutlich war es Ahnenkult, so ganz genau kann es aber bis heute niemand sagen. Genau das macht diese Statuen auch so mysteriös. Auf jeden Fall schauen alle Figuren, die sich auf den Ahu Plattformen befinden, landeinwärts. Zum Meer hin schauen nur jene, die es nicht mehr aus dem Steinbruch heraus geschafft haben.
Ist die Bedeutung weiterhin nicht geklärt, so ist es umso eindeutiger, wo die Statuen hergestellt wurden. Am Fuße des Vulkans Rano Raraku liegt ein Steinbruch, und es ist nachgewiesen, dass alle Statuen auf der ganzen Insel hier produziert wurden. Hier finden sich auch noch unzählige nicht fertig gestellte Moai, teilweise noch in Ausarbeitung liegend, andere bereit für den Abtransport, manche umgestürzt, andere teils eingegraben. Bei irgendetwas müssen die Hersteller damals gestört worden sein, dass sie so viele Statuen Hals über Kopf zurückgelassen haben.
Eindeutig geklärt ist auch, wie die Statuen aus dem Steinbruch an ihre Bestimmungsorte, die diversen Ahus, gekommen sind. Mit Hub-und Zugtechnik aus Holzbalken und einer Art Schlitten. Nachdem ein Moai 40-70 Tonnen wiegt, konnte man sie pro Tag nur an die 100 Meter weit transportieren. Wenn man bedenkt, dass es vom Herstellungsort am Rano Raraku bis zu manchen Inselteilen doch an die 20 Kilometer sind, lässt sich erahnen, welcher Aufwand hier betrieben worden sein muss. Faszinierend!
Die Holzbalken sind auch ein Grund des Niedergangs der alten Rapa Nui Kultur. Die Osterinsel war früher, dem subtropischen Klima entsprechend, von dichten Wäldern überzogen. Da man so viel Holz brauchte, rodete man alle Wälder, die Böden erodierten, wurden unfruchtbar, und zurück blieb eine Grassteppe, wie wir sie heute noch, unterbrochen von Eukalyptuspflanzungen, vorfinden. Mit den unfruchtbaren Böden entzog man sich die Lebensgrundlage, da die Bevölkerung nicht mehr ernährt werden konnte, was bei der isolierten Lage fatal war. So stieß der Holländer Roggeveen am Ostermontag des Jahres 1722 auf eine darniederliegende, ärmliche Bevölkerung von nur noch 2000 Menschen, während es zur Blütezeit der Kultur bis zu 10.000 gewesen sein sollen.
Diese Mysterien machen die Osterinsel in Kombination mit ihrer isolierten Lage nach wie vor zu einem gewissen Rätsel, dem stets etwas Geheimnisvolles innewohnt. Manche der Ahus und Moai wurden inzwischen restauriert, andere liegen nach wie vor umgestürzt und im Originalzustand da, als eindrucksvolles Zeugnis einer mysteriösen Geschichte.
Ich habe heute wie geplant den Jeep genommen und bin die wichtigsten Punkte der Insel abgeklappert. Zunächst bin ich aber auch gewandert, eine große Runde um den eindrucksvollen Vulkankrater Rano Kau. Sicher 2 Stunden war ich dabei per pedes unterwegs, um die herrlichen Ausblicke auf den wunderschön geformten Krater zu genießen, der mit einer steilen Felswand direkt gegen das Meer abschließt. Am Rande zwischen Vulkan und Meer zu stehen, war eindrucksvoll. Später graste ich diverse Tempel ab, den berühmtesten, den sehr gut restaurierten Ahu Tongariki an der Ostküste ebenso wie ich eine große Runde durch den Steinbruch am Rano Raraku drehte, dessen unfertige Moai besonders beeindruckend sind. Meine letzte Station war der einzige richtige Strand Rapa Nuis, der Strand von Anakena. Auch hier steht ein Ahu mit 5 Moais vor dem Hintergrund schöner Sanddünen, dazu gibt es einen Palmenhain und türkises Wasser mit Step tauglichen Temperaturen!
Danach kehrte ich nach Hanga Roa zurück, ging abermals sehr fein auf einer Meeresterrasse Abendessen, auch das Te Moana kann ich euch wärmsten empfehlen. Lokales Thunfischsteak auf Jakobsmuschelrisotto gefolgt von einer Guaventarte ließen keine Wünsche offen. Leider wieder nur ein Facebook Profil als Homepage.
https://www.facebook.com/TeMoana.Restaurante/?rf=314796015319010
Morgen werde ich sehr früh aufstehen. Nachdem Tongariki an der Ostküste liegt und hier der beste Platz für den Sonnenaufgang ist, werde ich mir diesen nicht entgehen lassen. Ich muss das Auto noch ausnutzen, denn mit dem Rad werde ich wohl nicht im Dunkeln 20 Kilometer ans andere Ende der Insel fahren. Nach dem Frühstück werde ich dann das Auto gegen das Rad eintauschen. Die Osterinsel, die landschaftlich mit ihrem Grasland plus Eukalyptushainen eher an Australien erinnert als an eine tropische Insel, ist zwar nicht bergig, aber doch hügelig, wie ich heute gemerkt habe. Wie weit ich also mit dem Rad komme, werde ich spontan nach Lust und Laune entscheiden, vielleicht schaffe ich es die 18 Kilometer, um ein paar Stunden am Sandstrand zu verbringen. Nachdem ich mit dem Sonnenaufgang die wichtigsten Dinge gesehen haben werde, habe ich überhaupt keinen Stress und werde aus dem Bauch heraus entscheiden, was ich gerne machen will. Das tut auch sehr gut, wenn nicht jeder Tag mit neuen Eindrücken vollgestopft ist, sondern man sich in Ruhe die Zeit nehmen kann, das Erlebte auf sich wirken zu lassen. Die Osterinsel ist so gemütlich, dass mir das bestimmt nicht schwerfallen wird! In diesem Sinne wünsche ich eine gute Nacht!