Soweit zum historischen Hintergrund, warum sich in der Region Moldau diese einzigartigen Kunstschätze entwickelt haben und auch noch erstaunlich gut erhalten sind. Die historische Region Moldau sorgt immer wieder für einiges an Verwirrung. Die Region, die heute auf 3 Staaten aufgeteilt ist (Rumänien, Moldawien und die Ukraine), bezieht ihren Namen vom gleichnamigen Fluss, der Moldau. Die hat aber mit jener berühmten Moldau in Prag gar nichts zu tun – der Fluss in Tschechien hat nämlich nur auf Deutsch denselben Namen, in Rumänisch und Tschechisch heißt er jeweils anders, sodass nur wir Deutsch sprachigen uns manchmal fragen, warum die Moldauklöster so weit weg von Tschechien zu finden sind. Zur zusätzlichen Verwirrung sorgt der zweite Name der Region, die Bukowina (das Buchenland). Die Moldaufürsten selbst gaben dem Land diesen Namen, als sich ihr Reich um 1700 in der größten Ausdehnung befand. Später war die Bukowina unter dieser Bezeichnung auch ein Kronland in der k&k-Monarchie. Heute geht man in Rumänien praktisch damit um und nennt den rumänischen Teil der Region sowohl „Moldowa“ als auch „Bukowina“. Im Endeffekt ist also das gleiche gemeint.
Nach so viel Verwirrung nun zum Wesentlichen. Die Moldauklöster sind wirklich traumhaft, ich habe bekanntlich weder mit der Kirche etwas am Hut, noch bin ich ein besonderer Kunstkenner. Und trotzdem finde ich die bemalten Klöster in jeder Hinsicht besonders, jedes ist ein wenig anders – Sucevita hat die besterhaltenen Fresken, Voronet mit dem Bild vom jüngsten Gericht ein ganz außerordentliches Kunstwerk, das auch oft als „Sixtinische Kapelle des Ostens“ bezeichnet wird, und Moldovita hat für meinen Geschmack den schönsten Innenhof, der wild wuchert und irgendwie verwunschen wirkt. Die 3 sind die bekanntesten der Klöster, die ich in einer Schleife heute abgefahren bin, nicht so lange im Auto diesmal, dafür genoss ich nette Bergstraßen durch eine Gegend, die wie das Alpenvorland aussieht, wo es aber jede Menge an den typischen schönen Holzhäusern mit wilden Gärten zu bestaunen gibt, friedlich nisten in den Dörfern die Störche in ihren Nestern – es ist Landidylle pur. In den Klöstern darf nicht fotografiert werden, deshalb besuchte ich dann auch noch das wenig bekannte Kloster Arbore, dessen Außenfresken schon stark verwittert sind, dafür darf man hier auch drinnen Fotos machen. Alles in allem ein wunderbarer Tag in einer äußerst interessanten und wenig besuchten Region.
Die Hauptstadt Suceava kann man übrigens getrost auslassen. Sie hat zwar auch eine Uni, ist aber doch in erster Linie eine Industriestadt ohne große Sehenswürdigkeiten. Nach meinem Flop beim Abendessen gestern, wollte ich nicht in meiner Pension frühstücken, das Zimmer ist zwar sauber und okay, aber die 9 Punkte auf booking.com kann ich mir trotzdem nicht erklären. Ich fand in der Nähe ein sehr nettes Lokal, wo ich mit einem ausgezeichneten Frühstück in den Tag startete. Und wie wenig die Region besucht ist, sah man, als mich die sehr nette und fließend Englisch sprechende junge Kellnerin gleich interessiert befragte, woher ich denn wäre und warum ich ausgerechnet nach Suceava gekommen wäre. Quasi, wie man sich aus Österreich hierher verirrt. Und ich sagte ihr, dass vielleicht nicht die Stadt aber die Gegend doch tolle Sachen zu bieten hätte und die Moldauklöster doch wirklich bekannt wären. Sie gab mir recht, war aber trotzdem erstaunt, wenn, kommen eher mal Bustouren in Gruppen in die Bukowina, Individualtouristen sind schon eher außergewöhnlich. Was mich gleich zum Strahlen brachte – denn genau an solche Orte will ich ja. Und genau das ist ja das, was für mich das Reisen ausmacht, was das Tolle daran ist, dass man eben wo eintaucht, wo man nicht mit 1000 anderen Touristen von einer überteuerten Touristenfalle in die nächste tappt. Das ist eben Reisen. Und das ist meine Welt. Neues und Unbekanntes entdecken, nicht immer nur davon ausgehen, dass Italien, Spanien und Griechenland und dann vielleicht noch London oder Amsterdam so toll sind (sie sind es ja trotzdem!) und es sonst ja nix gibt auf der Welt, was interessant sein könnte, sondern sich der Tatsache bewusst sein, dass jedes Land etwas Besonderes ist und etwas Schönes zu bieten hat. Man muss sich eben etwas damit beschäftigen und stellt überrascht fest, dass es ja „so ganz anders ist“ als man sich das nach Klischees vielleicht vorgestellt hätte. Dass es auch in Rumänien nicht nur Plattenbauten, arme Straßenhunde und unterernährte Kinder gibt, sondern dass die Leute im Prinzip gar nicht viel anders leben als wir, dass es coole Lokale, nette Menschen, außergewöhnliche Kulturgüter und schöne Landschaften gibt. Tja, so ist das….
Übrigens, Corona findet hier nicht mehr statt. Die letzte Maske, die ich gesehen habe, war jene am Flughafen in Bukarest beim Autoverleih. Sonst wäre sie zwar drinnen theoretisch überall zu tragen, entsprechende Piktogramme gibt es allerorts, aber es interessiert niemanden. Weder in den Lokalen noch in Tankstellen oder sonstigen Geschäften oder auch in den Klöstern trägt irgendjemand Maske. Ich befragte auch die junge Kellnerin, die zwar eigentlich aus Suceava kommt aber in London lebt und studiert, wie das jetzt eigentlich sei – sie meinte, die Leute hier seien vielfach geimpft inzwischen und es interessiere einfach keinen mehr, das Ding im Gesicht zu haben – so gesehen – ich bin jetzt auch geimpft, also interessiert es mich dann eben auch nicht. Es fühlt sich wirklich noch komisch an, so ganz selbstverständlich maskenfrei in einen Innenraum zu spazieren, aber daran gewöhne ich mich sehr schnell wieder. Wahrscheinlich so schnell, dass es mir nach meiner Rückkehr nach Wien dann gleich wieder auf die Nerven gehen wird…..
Ja, ich bin wieder drin, in „meinem“ Leben, in all seinen Facetten. Auch wenn das Alles mit Delta noch nicht sehr stabil erscheint und auch diverse Staaten schon wieder Maßnahmen verschärfen und gegeneinander Einreiseverbote erlassen, selbst innerhalb Europas, so will ich mich damit nicht mehr abfinden. Ich denke, ich habe meinen gesellschaftlichen Beitrag mit meinen beiden Stichen geleistet, und ich lasse mich gerne auch noch ein drittes Mal stechen im Winter, sollte das die Wissenschaft für notwendig befinden, aber ansonsten will ich mir jetzt das wiedergewonnene Leben nicht wieder wegnehmen lassen. Die Impfung ist der Weg hinaus, so wurde das immer verkündet, und wenn alle ihr Impfangebot bekommen haben muss endlich Schluss sein. Dann muss endlich der Punkt kommen, an dem Covid eine „normale“ Krankheit ist, gegen die man sich schützen kann, wenn man das will, und entsprechend muss dann wieder Normalität her – und zwar echte. Ohne Wenn und Aber. Das hier fühlt sich schon recht stark danach an, dass es zu Ende geht, und es fühlt sich verdammt gut an. Gerne mehr davon!
Das ist nun wieder ein Wälzer geworden, aber in mir sprudeln eben die Gedanken, und die teile ich dann bekanntlich auch gerne mit der ganzen Welt ;-)
So, nun werde ich mich bald zum Abendessen begeben, gleich wieder in das Lokal mit der netten Kellnerin, und danach werde ich mir noch das EM Match gegen Italien ansehen. Morgen ziehe ich weiter gen Westen, bleibe aber im Norden Rumäniens. Von der Bukowina dann in die Region Maramures, bekannt für ihre Holzkirchen, angeblich die ursprünglichste Region des Landes direkt an der Grenze zur Ukraine. Wie es dort aussieht, erfahrt ihr demnächst, nun aber mal viele Bilder der schönen Moldauklöster. Enjoy.