Eine Fahrt durch den Panamakanal ergibt natürlich nicht so pittoreske Bilder wie es jene von der Palmeninsel sind. Aber hier, an einer der bedeutendsten Achsen des Welthandels, spürt man hautnah, was für gigantische Mengen an Waren täglich über unsere Meere schippern, damit unser Leben bequem und angenehm bleibt. Und so ist das Erlebnis, wenn man, sich selbst auf einem Ausflugsboot für 180 Passagiere befindend, gemeinsam mit einem Riesenfrachtschiff (in unserem Fall einem, das Autos transportiert) durch die Schleusen des Panamakanals führen lässt, nicht nur beeindruckend sondern macht auch irgendwie ehrfürchtig, an was für einem bedeutenden Platz man hier steht.
Der Panamakanal ist schon ziemlich alt. Gebaut wurde er, nach mehreren Fehlversuchen, von 1904-1914 von den Amerikanern. Diese erhielten auch am Anfang das alleinige Nutzungsrecht in Panama, weswegen sich beiderseits des Kanals lange Zeit US-Militärbasen befanden. Erst vor rund 30 Jahren wurde das Nutzungsrecht geteilt und liegt seit Ende der 90er Jahre gänzlich bei Panama. Inzwischen hat der Bedarf an Warentransporten dermaßen zugenommen, dass immer mehr sogenannte "Super-Tanker" gebaut wurden. Das führte dazu, dass der Panamakanal von 2007-2016 erweitert wurde - seither gibt es, parallel zu den bestehenden alten Schleusensystemen, auch neue, die die Super-Liner abwickeln können. Dadurch vergrößerte sich die Kapazität um rund 40%. Das größte Schiff kann 16.000 Container transportieren, dafür ist eine Gebühr von 1,2 Millionen USD für die Durchfahrt fällig. Atlantik und Pazifik liegen natürlich beide auf 0 Metern. Dennoch wurde der bestehende Gebirgsrücken Panamas nicht einfach auf Seehöhe durchgeschnitten, sondern die Schiffe werden auf einen künstlich errichteten Stausee angehoben, der 26 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Entsprechend dauert, nachdem die Schiffe in mehreren Schleusenstufen immer wieder angehoben bzw angesenkt werden müssen, eine Durchfahrt rund 8-10 Stunden, der Kanal kann 38 Schiffe am Tag abwickeln. Die Wartezeit auf die Durchfahrt beträgt für die Schiffe an die 12 Stunden. Trotzdem natürlich um Vieles flotter und billiger, als 45 Extra-Tage rund um Südamerika zu fahren. Wurden vor der Erweiterung rund 6% des Welthandels über den Panamakanal abgewickelt, stieg dieser Anteil nun auf knapp 10%.
Unsere Tour auf dem Boot selbst dauerte gut 5 Stunden, mit An-und Abreise im Van war ich 7 Stunden unterwegs. Ich war entsprechend müde, als wir bei schönem Licht auf der Calzada de Amador einliefen. Trotzdem fand ich es mega interessant. Auch wenn ich das Streben des Menschen nach immer Größer, Höher, Weiter - und das zum großen Teil ohne Rücksicht auf Verluste - oft eigentlich verabscheue, so bewundere ich gleichzeitig auch, was die Menschheit mit Pioniergeist und unbändigem Willen in der Lage ist, auf die Beine zu stellen. Am Panamakanal, einem der größten Projekte der Menschheitsgeschichte, wird einem das so richtig bewusst, so kam ich mir hier genau als das vor, was ich bin - klein und unbedeutend. Ein sehr faszinierender Tag ist beendet - abgeschlossen von einem ausgezeichneten Abendessen in einem der hübschen Lokale des Casco Viejo.
Morgen geht meine Zeit in Panama schon zu Ende. Eigentlich hätte ich schon noch Lust, etwas mehr vom Land, das abseits der Hauptstadt noch ziemlich untouristisch sein soll, zu entdecken. Ich bin mir aber sicher, mit Nicaragua die richtige Wahl getroffen zu haben. Morgen Abend fliege ich nach Managua und beziehe dann für gut 2 Wochen Quartier bei meiner Gastfamilie in León. Ich bin schon extrem gespannt - seid es mit mir! Wenn Alles nach Plan läuft, melde ich mich ehebaldigst aus - Nicaragua!