Santana, Sao Tomé e Principe
Bewölkt, 28 Grad
Wow, voll von Eindrücken war dieser Tag in jedem Fall. Und die waren teilweise sehr ambivalent. Sao Tomé ist in vieler Hinsicht anders, als ich das erwartet hätte.
Die Insel ist friedlich, das stimmt, aber sie ist nicht ruhig, wie ich eigentlich gedacht hätte. In den Dörfern ist es wuselig, es sind überall unzählige Menschen auf der Straße, bunt gemischt mit Tieren wie Hunden, Katzen, Hühnern, Ziegen oder Schweinen.
Es gibt Portugals koloniales Erbe - das aber ziemlich verkommen ist. Als die Portugiesen 1974 ihre faschistische Diktatur beendet hatten, war eine der ersten Handlungen des demokratischen Regimes, sich die teuren Kolonien, die man ausgebeutet hatte, aber keinen volkswirtschaftlichen Nutzen mehr brachten, nicht mehr zu leisten, und entließ sie von einem Tag auf den anderen in die Unabhängigkeit. So auch Sao Tomé. Man zog ab, hinterließ Herrschaftssitze in kolonialer Architektur, und gleichzeitig eine Bevölkerung, die man zwar gerne als billige Arbeitskräfte benutzt aber gleichzeitig nichts in deren Ausbildung investiert hatte. Das Resultat war, dass ein Heer an Analphabeten zurückblieb und keine Ahnung von Landbau oder sonstigem hatte, sodass das Erbe schnell verfiel. Das sieht man bis heute - wirklich idyllisch sind die Dörfer nicht sondern sehr sichtbar arm. Teilweise, speziell am Südzipfel, war es sogar schwierig, eine Flasche Wasser zu kaufen, ich musste mich bei mehreren Minimärkten, die fast nichts im Angebot hatten, durchfragen, bis eine aufgetrieben werden konnte. Und alles an Trinkwasser, jede Marke, die mir bisher untergekommen ist, wird aus Portugal importiert. Andererseits wurde die ein oder andere „Roca“, wie die Herrschaftssitze der Plantagenbesitzer genannt werden, restauriert und dient als touristisches Restaurant mit Traumaussicht. Ich hatte mir Sao Tomé schon urig vorgestellt und hier keine zweiten Seychellen erwartet, aber dass der Lebensstandard doch sooo einfach ist, hat mich schon überrascht. Dann fuhr ich aber wieder an einem großen Dorffest vorbei, wo Musik in der Luft lag, wo alle schön angezogen waren und offensichtlich fröhlich und auch mir freundlich zuwinkten. Das gefiel mir dann wieder ausgezeichnet, wobei leider Kameras nicht besonders gerne gesehen werden. Es hätte in den Dörfern hunderte Fotomotive gegeben und es tat mir Leid um jedes nicht gemachte Foto, aber man muss eben respektieren, wenn das nicht so erwünscht ist. Ich konnte mich gut erinnern, dass generell in Afrika die Menschen eher fotoscheu sind und nicht gerne abgebildet werden. Diskret geht das insofern schwierig, da man als Weißer hier absolut heraussticht und unauffälliges Fotografieren praktisch nicht möglich ist. Vielleicht wird es am Festland in der Gruppe mit Guide einfacher, ein paar mehr Eindrücke vom Alltagsleben festzuhalten.
Es gibt zum Glück auf Sao Tomé keine Kriminalität, was ob der kargen Lebensumstände eigentlich verwunderlich ist. Die meisten Sao Toméer, eine Mischung aus Nachfahren westafrikanischer Sklaven, Angolanern und Portugiesen, sind gastfreundlich und winken einem zu, manche freuen sich auch, wenn man sie ein Stück bis ins nächste Dorf mitnimmt, was ich, nachdem alle betonen, wie sicher es hier ist, auch ein paar Mal gemacht habe. Kostet ja nix und erleichtert jemand anderem das Leben. Manche Kinder entlang der Straße fragten aber auch offensichtlich um Süßigkeiten („Doce“).
Das Wetter war heute zwar warm, und es hat auch nicht geregnet, aber es war leider Grau in Grau, als ich den Südteil der Insel besichtigte. Die Landschaft an sich war wirklich schön, üppig, grün, bergig. Aber im Grauschleier wirkt das Ganze halt dann auch nicht so beeindruckend wie bei Sonnenschein, und auch die ein oder anderen ganz hübschen Strände kamen nicht so zur Geltung. Dafür war es dann wieder nett, dass unterhalb meines Bungalows ein kleiner Strand liegt, wo ich sogar zum Tagesabschluss noch meinen Erstkontakt mit dem Atlantik hatte. Dorthin kommen nur einheimische Kinder und Jugendliche, die im Wasser herumtollen und im Sand Fußball spielen, mich alle freundlich begrüßten und auch mit mir reden wollten, aber…naja….mein Portugiesisch ist leider nicht gerade konversationstauglich . Ich hoffe, es wird in Ghana, wo Englisch gesprochen wird, und dann in Togo und Benin, wo Französisch die Amtssprache ist, etwas einfacher, mich mit der Bevölkerung zu unterhalten, das ist schon netter als wenn man immer nur auf alle Kontaktaufnahmeversuche einen ratlosen Blick aufsetzen muss, weil man nichts versteht.
Es gibt ja nicht sehr viel Tourismus hier auf Sao Tomé, aber es gibt ihn in sehr sanftem Ausmaß. Individualreisende habe ich außer mir allerdings wirklich keinen einzigen gesehen, alle anderen Touristen saßen in einem Jeep mit einheimischem Fahrer und Guide. Also fast ein kleines Abenteuer. Während die Straße nach Süden auf den ersten Kilometern noch sehr gut war, änderte sich das, je näher man dem Südzipfel kam, die Schlaglöcher wurden mehr und tiefer, ehe schließlich die Hauptroute in eine wilde Piste überging, auf der Fahren wirklich schwierig war. Kein Problem, aber ohne Jeep ist man hier verloren. So gesehen ist es ein kalkuliertes Abenteuer, denn Verkehr gibt es wenig, und angesichts der Gegebenheiten läuft dieser auch nicht in allzu hohem Tempo ab, sodass man sich nicht schrecken muss. Die wichtigsten Dinge sind angeschrieben, oft muss man sich aber doch auch durchfragen. Insgesamt kann ich sagen, für mich ist es gut machbar, ich denke aber, selbst zu fahren ist auf Sao Tomé nicht jedermanns Sache.
Das Essen ist im Übrigen sehr gut, insbesondere Fisch ganz frisch, dazu gibt es die übliche Palette an tropischen Früchten und Fruchtsäften – sehr geschmackvoll und gesund. Ich habe mich entschieden, Frühstück und Abendessen im Apartment einzunehmen, das Gebotene ist hervorragend und auch preislich angemessen. Aufgrund der Tatsache, dass, sobald das Essen gebracht wird, die Katze wieder auftaucht und keine Ruhe gibt, mache ich jetzt eben die Türe zu und esse drinnen. Die Katze ist eine wild lebende, und es gäbe auch mehr als genug Nahrung in der Gegend, aber leider haben scheinbar viele Touristen ebendiese gefüttert, wodurch sie sich wohl denkt, faul die Touristen anzubetteln statt sich selbst um das Essen zu kümmern, wäre der bessere Weg. Naja, soll so sein, von mir kriegt sie jedenfalls nichts. Zu Mittag esse ich unterwegs eine Kleinigkeit.
So, wie ihr seht, es war ein sehr intensiver Tag – voll von Impressionen und geprägt vom Wechsel zwischen Faszination und doch auch Nachdenklichkeit ob der teilweise tristen Lebensumstände hier. Ich hoffe, morgen kommt dann mal die Sonne durch, die taucht in tropischen Gegenden für gewöhnlich auch die weniger glanzvollen Seiten in ein fröhlicheres Licht. Fotos von meiner Unterkunft gibt es dann auch, wenn sie etwas heller erleuchtet ist. In diesem Sinne – bald kommt das Abendessen…..und mit ihm sicher wieder Katzenbesuch ;-)) Bis zum nächsten Mal.