Was bedeutet das also? Die Streckung kann wohl nur funktionieren, indem man Einschränkung sozialer Kontakte, Schließung von Schulen und Universitäten, Absage von Veranstaltungen, Lahmlegung des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens, Ein-und Ausreiseverbote, Stilllegung des Reiseverkehrs und Anordnung von Quarantänemaßnahmen nicht über Wochen sondern über Monate hin ausweitet, bis der sogenannte „Scheitelpunkt“ von 60-70% an Infizierten erreicht ist und die Ansteckungen automatisch zurückgehen. Bis dahin wird die Welt nicht mehr dieselbe sein, es wird allein in Österreich hunderttausende Arbeitslose geben.
Die weltweit häufigste Infektionskrankheit ist übrigens Malaria – jährlich erkranken daran bis zu 200 Millionen Menschen und 1,2 Millionen sterben (!!!), überwiegend Kinder. Malaria wäre mit der Ergreifung entsprechender Maßnahmen ausrottbar – in reichen Staaten die in der Tropenzone liegen wie Singapur oder Australien gibt es keine Malaria mehr, somit liegt die überwiegende Anzahl der Opfer in Afrika. Muss uns also offenbar nicht weiter kümmern. Kein Hahn kräht danach trotz dieser immensen Problematik. Der eigentliche Skandal für meine Begriffe, dass wir die armen Staaten hier komplett alleine lassen. War auch beim wesentlich aggressiveren und gefährlicheren Ebola Virus nicht anders – solange er „nur“ Afrikaner hinwegraffte, interessierte es uns nicht, erst als Einzelfälle nach Europa und Amerika überschwappten, wurde Ebola als relevant eingeschätzt und Maßnahmen zur Eindämmung umgesetzt.
Was will ich damit sagen…..ich finde, dass das, was jetzt gerade geschieht, unverhältnismäßig und skandalös ist. Mittlerweile gehöre ich damit wohl zur Minderheit, eine Mehrheit sieht dabei zu, wie wesentliche Elemente unserer Demokratien, nämlich die Freiheit des Individuums, außer Kraft gesetzt werden. Wir lassen uns vorschreiben, wo wir uns aufhalten dürfen, wen wir treffen dürfen, wohin wir reisen dürfen. Zwei Kernelemente meines persönlichen Lebens werden frontal angegriffen. Reisen steht für mich über Allem, und ich erachte die persönliche Freiheit des einzelnen Menschen als das höchste und unter allen Umständen zu verteidigende Gut. Ich merke, wie mir bei jeder weiteren Verkündigung, dass diese oder jene Veranstaltung abgesagt wird, man in dieses und jenes Land nicht mehr darf, man am besten auch seine Freunde nicht mehr treffen sollte, die Magensäure hochsteigt, wie es mir die Kehle abschnürt, wie ich mich beklemmt fühle. Ich wache inzwischen in der Nacht öfter Schweiß gebadet auf, fühle mich eingesperrt. In einer Diktatur könnte ich denke ich keinen Tag überleben mit meinem Freiheitsdrang.
Dazu kommt noch, dass mein ganzer Lebensstil auch für später auf dem Spiel steht, denn was im Moment passiert, wird mein Arbeitgeber kaum überleben können. Wir können von Tag zu Tag weniger Flugrouten überhaupt noch durchführen, gestern wurde für April eine Kapazitätsreduktion von 50% verkündet, bevor heute mit dem US Einreisestopp die nächste Hiobsbotschaft verlautbart wurde, weil wir so im Prinzip unsere gesamte Langstreckenoperation stilllegen müssen. Kurz gesagt – mit Kurzarbeit, wie wir vor einigen Tagen noch gedacht haben, werden wir da nicht durchkommen, wenn das Monate dauert, kann das keine Firma auf die Dauer aushalten. Was nach der AUA kommt, steht in den Sternen, in Wien wird es wohl wieder eine stark verkleinerte Fluglinie geben, mit neuen und wesentlich verschlechterten Arbeitsbedingungen, die ich mir in meinem Alter nicht mehr antun wollen werde. Ja, ich gebe zu, dass ich im Moment Angst davor habe, was da kommen wird. Und nein – ich finde nicht, dass ein demokratischer Staat heldenhaft reagiert, wegen einer Krankheit von ungeklärter aber vermutlich eher vernachlässigbarer Schwere seine Bürger unter Bevormundung zu stellen und jegliche Freiheitsrechte außer Kraft zu setzen. Wenn die Politik in dem Fall unsere Arbeitsplätze vernichtet, dann soll sie mich bitte in Zukunft auch erhalten. Ich werde mich bestimmt nicht in einen Montag-Freitag Job quälen, der meine Leidenschaft zu reisen nicht berücksichtigt und den ich eher für Zeitverschwendung denn für Erfüllung halte. Ich weiß, ich bin mit dieser Meinung in der Minderheit, aber das bin ich sowieso gewohnt, da sich meine Überzeugungen fast nie mit dem politischen Mainstream decken.
Ich musste diesen Artikel jetzt einfach verfassen, da Schreiben das einzige Mittel ist, um meiner momentanen Verzweiflung Ausdruck zu verleihen. Eigentlich bin ich normal kein Schwarzmaler, aber diesmal sehe ich einfach noch keine Perspektive für großen Optimismus. Möge ich mich täuschen und die Welt in wenigen Wochen schon wieder anders aussehen!