Ciudad de México, Mexiko, 22.20 Uhr
Dunkel, 12 Grad
Schönen Abend aus der größten Stadt der Welt! So genau weiß das zwar niemand, da Einwohnerzahlen solcher Riesen Metropolen fast immer nur Annäherungswerte darstellen, aber man schätzt, dass im Großraum Mexico Citys in etwa 25 Millionen Menschen leben……beeindruckend ist diese Agglomeration allemal!
Die Anreise hierher hat gut geklappt. Zunächst wie geplant von Wien in knapp 11 Stunden auf einem bis auf den letzten Platz gefüllten Flieger nach Miami. Hier wurde ich schon von meiner Cousine Leni erwartet, die ich gemeinsam mit ihrem Bruder Roby zum Abendessen traf. Bei ihr übernachtete ich dann auch, nach wenigen Stunden Schlaf ging es dann um 4 Uhr Früh wieder zum Flughafen, von wo mich die mexikanische Günstigfluglinie Interjet in knapp 3 Stunden hierher beförderte – nach Ciudad de México.
Mein Kurzaufenthalt in Miami war netter als erwartet. Obwohl ich mit Visum eingereist war und dementsprechend auf eine ausführliche Befragung eingestellt gewesen war (für ESTA bin ich ja aufgrund meiner angenommenen Terroristenkarriere im Iran nicht mehr berechtigt), verlief die Immigration unkompliziert und sogar halbwegs freundlich. Wir aßen auch gut in einem peruanischen Lokal in Downtown Miami zu Abend, man fühlt sich hier schon auf dem halben Weg nach Lateinamerika, da mehr Spanisch als Englisch gesprochen wird. Und auch die Sicherheitskontrolle heute Früh lief ohne Komplikationen ab. Es war auch nett, meine Familie wiederzusehen, und als wir über die breiten Freeways bei angenehm warmem Wetter dahincruisten, bekam ich direkt sogar mal wieder Lust auf die USA. Nun ja, ein andermal, es sei denn, der „Trump(el)“ sollte am 8. November dafür sorgen, dass diese Lust schnell wieder erlischt…..
Nun also Mexico City. Der Flug hierher war kurzweilig, ich saß neben einem jungen Schweizer Pärchen, das sich auf einer halbjährigen Nord-und Zentralamerikareise befand, und wir hatten uns entsprechend viele Stories zu erzählen. Außerdem war es ziemlich turbulent – gewisse Personen wären bereits mehrfach „gestorben“ J Im Anflug bekam man schon eine Ahnung von den Ausmaßen dieser riesigen Stadt, die sich auf einer Seehöhe von 2200 Metern beeindruckend über die Hochebene ausbreitet. Ich war schnell durch durch die Migración…..und schon war ich also da! Für die Tage, bis meine Tour hier beginnt, habe ich wie schon erwähnt Unterkunft über Airbnb gefunden.
Ich wohne hier bei Luis und Leo. Einem etwas älteren schwulen verheirateten Paar. Jawohl, bereits seit 2010 können im zutiefst katholischen Mexiko Homosexuelle heiraten und sogar Kinder adoptieren. Und die Welt steht immer noch! Immer wieder bin ich erstaunt, wenn ich in von uns im Westen immer etwas abwertend bezeichnete sogenannte „Entwicklungsländer“ reise, dass diese oft gesellschaftlich wesentlich weiter als unsereins sind.
Leo ist Zahnarzt, ihn habe ich nur ganz kurz gesehen, während Luis als Englischlehrer und Übersetzer arbeitet. Er spricht 3 Sprachen fließend (neben Spanisch auch Englisch und Französisch, nachdem er 2 Jahre in Ottawa, Kanada, gelebt hat) und holte mich auch vom Airport ab. Er führte mich, nachdem wir in der Unterkunft angekommen waren, auch durch das Viertel, La Condesa und gingen auch in ein überaus gemütliches Buchcafé zusammen Mittagessen. Wir sprechen eine Mischung aus Spanisch und Englisch, er ist erstaunt, wie gut ich mich trotz meiner nur 3 Wochen Kurs vor fast 3 Jahren ausdrücken kann – und ehrlich gesagt bin ich es auch. Es macht wirklich Spaß, Spanisch zu hören und endlich wieder auch zu sprechen. Er ist unglaublich bemüht, seinen Gästen einen schönen Aufenthalt zu bescheren, gibt viele Tipps, und auch eine Hausgemeinschafts-WhatsApp-Gruppe wurde zwecks einfacher Kommunikation gleich installiert ;-)
Auch wenn die Stadt riesig ist und der Verkehr enorm, so ist die dennoch extrem grün. Es gibt zahlreiche Parks, und die Straßen sind von großen Platanen bestanden, auch Palmen sind allgegenwärtig. La Condesa ist super angenehm, es erinnert mich an mein Lieblingsviertel in Buenos Aires, Palermo, oder auch an Berlin Kreuzberg mit seinen vielen Eckcafés, netten Geschäften und Restaurants. Das Wetter ist hier unter Tag fein, hat bei Sonnenschein um die 22 Grad – ideales Stadtbesichtigungswetter also. Am Abend oder im Schatten wird es aber natürlich aufgrund der Höhenlage schnell mal kühl.
Am Nachmittag gab es eine große Parade zum Dia de los Muertos, was eine Mischung aus Halloween und Allerheiligen ist. Der Tag der Toten ist in Mexiko generell ein großes Fest, das indigene mit katholischen Elementen verbindet – die Grundstimmung ist aber stets von Grund auf fröhlich. Das was Wolfgang Ambros in unserem Zentralfriedhof so schön besingt, dass die Toten feiern, findet hier irgendwie tatsächlich statt. Die Lebenden feiern die Toten und lassen sie hochleben, und gleichzeitig feiern sie das Leben. Es gibt große Umzüge mit vielen Masken und Verkleidungen (an sich ja eher nicht so meins aber im Gesamtbild hier trotzdem schön anzuschauen), es wird gesungen und getanzt. Mit unserer grauen Allerheiligentristesse hat das jedenfalls hier nichts zu tun! Richtung Zentrum wurden mir die unglaublichen Massen an Menschen dann aber doch zu viel, Wahnsinn, was sich hier abspielte!
Meine Ersteindrücke von Mexico City sind also durchwegs gute. Es ist schön, wieder in Lateinamerika zu sein, die Leute sind freundlich und hilfsbereit, und neben grün macht die Stadt auch einen überaus sauberen Eindruck, überall wird zusammengekehrt und Plätze nett gestaltet. WIFI ist sehr weit verbreitet – und unsicher habe ich mich bisher noch nirgends gefühlt, nachdem Mexico City dahingehend ein ziemlich schlechter Ruf vorauseilt. Ich möchte aber auch nach einem Tag nichts verschreien – und es gibt bestimmt zahlreiche Viertel, in die man besser keinen Fuß setzt. Habe ich aber auch nicht vor.
Der spannenden Begegnungen noch nicht genug, kehrte ich von der Parade heim und lernte noch die Bewohnerin des zweiten Airbnb-Zimmers im Haus kennen. Beata ist Amerikanerin mit polnischen Wurzeln, sie ist eine coole Person, zu der ich sofort einen Draht fand. Sie liebt das Reisen, am allerliebsten alleine, hat einen starken eigenen Kopf und macht lieber das, was sie für richtig hält und ihr gut tut als das, was andere oder die Gesellschaft von ihr erwarten. Eine gewisse charakterliche Ähnlichkeit zu mir selbst konnte ich ihr jedenfalls nicht absprechen ;-) Mit ihr ging ich vorher Abendessen und auf ein paar Drinks – und wir hatten uns viel zu erzählen.
Schlaf hatte ich bisher aufgrund des Jetlags – und wohl auch der Euphorie ob der Tatsache, wieder auf Reisen zu sein – noch nicht ausreichend – und die Winterzeitumstellung, die auch hier stattfindet, verschärft den Jetlag dann noch einmal auf in Summe minus 8 Stunden. Es wird also Zeit, voll der Eindrücke buenas noches zu sagen. Ihr hört von mir! ;-)