Grand Popo, Benin, 21.40 Uhr
Warme Nacht, 27 Grad
Eines steht fest…..wer von Westafrika nicht hin und hergerissen ist, wen das kalt lässt, der muss schon sehr abgebrüht sein. Westafrika verlangt dem Reisenden einiges ab – und das in alle Richtungen.
Nach dem Frühstück sind wir losgezogen gen Osten, haben noch in Togo den Ort Togoville am Lac Togo besucht, den ehemaligen Hauptort des deutschen Protektorats. Dabei setzten wir in einem Holzboot ans andere Seeufer über. Togoville ist ein bekannter Marienwallfahrtsort, da hier die Mutter Gottes angeblich mal wieder auf der Erde vorbeigeschaut hat. Daher wurde dort natürlich auch eine Wallfahrtskirche errichtet, und unser Lieblingspapst, der polnische nämlich, hat sich auch mal die Ehre gegeben, seine Schäfchen heimzusuchen und sie ja schön brav von jeglicher Form der Empfängnisverhütung abzuhalten, wer braucht denn schon Entwicklung in einem Land, wo jeder um sein Überleben kämpfen muss. So genau hat er aber sicher auch nicht hingesehen, denn Togoville hat mich deprimiert. Der Ort ist bettelarm, wird gesäumt von überall herumliegendem Plastikabfall, Müllabfuhr ist ein Fremdwort. Die Hütten sind in erbärmlichem Zustand, die Schule spottet jeder Beschreibung und die Menschen müssen mit dem Notwendigsten auskommen. Dafür residiert hier eine bekannte Voodoo Priesterin, die uns eine Audienz gewährte. Und – fast jede dritte der Baracken nennt sich Friseur….bei der Pracht der Haare der Afrikanerinnen auch kein Wunder, dass diese Dienstleistung besonders stark nachgefragt wird. Das sind wahre Kunstwerke voller Anmut und Schönheit!
Als wir wieder übersetzten, war ich eher gedämpfter Stimmung, so viel Armut zu sehen und zu wissen, dass man so direkt nichts dagegen tun kann, ist nicht immer einfach zu akzeptieren, für mich jedenfalls nicht. Togos Küstenlinie ist kurz, von der Grenze zu Ghana bis hin zu jener zu Benin sind es gerade mal 56 Kilometer, überhaupt ist das Land sehr schmal, dafür erstreckt es über 600 Kilometer nach Norden. So war es nicht verwunderlich, dass wir also bald an der beninischen Grenze standen. Diese ist lustig – diesseits und jenseits der Grenze findet ein geschäftiger Markt statt, auch im Niemandsland dazwischen. Leider ist hier Fotografierverbot, denn diese Grenze hat in ihrer wuseligen Portion Alltagsleben irgendwie etwas Liebenswertes, so, als wäre sie eigentlich gar nicht da sondern nur einfach ein Markt. Für uns Touristen ist es aber dann eben doch nicht so, rund eine Stunde dauerte die Abwicklung aller Formalitäten auf togolesischer und beninischer Seite, bis die ganze Gruppe durch war und somit in – Benin! Nummer 89 für mich….diese Gruppe hat das Phänomen, dass bei fast allen Teilnehmern die Pässe überquellen mit Passstempeln, ich mit meinem fast vollgestempelten Pass also in diesem Fall keine Ausnahme bin. Ja, Leute die eine Tour zu solch exotischen Plätzen wie diese unternehmen waren auch sonst schon fast überall auf dieser Welt.
Nicht weit war es nun zu unserem Hotel Awale Plage, das auch direkt an der Küste liegt – und einen wunderschönen Garten hat, wo auch unsere Bungalows verstreut lagen. Auch der Sandstrand ist breit, das Meer grün bis türkis, die Küstenlinie von Palmen gesäumt. Na, da waren wir wieder in unserer eigenen Welt.
Am Nachmittag wohnten wir dann, wie schon angekündigt, einer weiteren Voodoo Zeremonie bei, der Zangbeto. Zangbetos sind „Nachtwächter“, die nach bestimmten Anlässen wie Beerdigungen oder Hochzeiten dafür Sorge tragen, dass alle beschützt werden. Sie haben dabei die Form eines Strohhaufens und im Voodoo sorgt der Fetisch dafür, dass diese Strohhaufen von alleine herumtanzen, ohne dass sich ein Mensch drunter versteckt. Bei der Zangbeto Zeremonie verfällt niemand in Trance sondern das ganze Dorf tanzt unter Trommelwirbel fröhlich um diese Zangbetos herum, die Schutz bieten, und nur der Voodoo Priester bestimmt, wer sie berühren darf. Die Zangbetos werden auch immer wieder hochgehoben, um zu zeigen, dass sich wirklich kein Mensch drunter versteckt sondern der jeweilige Fetisch – und ja, es war auch wirklich kein Mensch drunter. Hmm, also mir wissenschaftlich denkendem Menschen geht da durch den Kopf, dass diese Strohhaufen durch irgendwelche Zaubertricks gesteuert werden oder überhaupt gleich wie selbstfahrende Autos mittels GPS, aber das ist wohl blasphemisch, das so zu hinterfragen. Im Glauben der Afrikaner jedenfalls steuert nur der Fetisch diese ihnen wohlgesonnenen Wächter, es ist Zauber, aber eben Voodoo Zauber. Man kann sagen was man will, irgendetwas Mysteriöses haben diese Zeremonien, was sich in dem Dorf dabei abspielte war sagenhaft. Diese bunt gekleideten Menschen, diese Frauen und Mädchen mit ihren unglaublichen Haaren, diese Klänge…..so etwas mitzuerleben ist jedenfalls einmalig, und dass es nicht wegen uns abgehalten wurde, war auch insofern klar, als die Guides zunächst nicht mal wussten, in welchem Dorf die Zeremonie an dem Tag stattfindet und sich erst durchfragen mussten, und zweitens, dass sie als wir eintrafen schon mitten im Gange war.
Was ich feststellte war auch, dass Benin im Vergleich zu Togo etwas besser entwickelt wirkt. Die Dörfer machen nicht ganz so einen armen Eindruck wie auf der anderen Seite, sind auch sauberer und aufgeräumter. Dazu unser nettes Hotel, wo wir jetzt noch gut Abend aßen – wir haben noch nicht viel gesehen von Benin und auch nur einen kleinen Teil Togos, wie repräsentativ dieser Eindruck ist, kann ich natürlich noch nicht sagen, Bill meinte aber auch dass ich mich dabei nicht täuschen würde.
Wow, Westafrika flasht. So intensive Impressionen wie hier habe ich selten erlebt, diese Welt ist in ihrer Andersartigkeit gleichermaßen faszinierend wie verstörend, wobei schon Ersteres klar überwiegt. Ich werde nun versuchen, ob ich wenigstens mal die Texte in die weite Welt hinaus zu euch bringe, denn euch gerade hier nicht dabei zu haben tut mir richtig leid. Wir sind jedenfalls jetzt einige Tage in Benin unterwegs und ich freue mich schon, euch mehr davon zu erzählen!