In dieser Gegend tummeln sich auf engstem Raum die Staatsgrenzen. Aqaba ist Jordaniens einziger Meerzugang, der jordanische Küstenabschnitt ist mit rund 25 Kilometern etwas breiter als der nur 5 Kilometer lange Streifen Israels um Eilat, aber doch auch von recht begrenztem Ausmaß. Sitzt man am Strand von Aqaba, sieht man direkt hinüber ins nur 4 Kilometer entfernte Eilat, und ein Stück weiter liegt dann schon ebenfalls in naher Sichtweite das ägyptische Taba. Fährt man von Aqaba rund 20 Kilometer nach Süden, steht man auch schon an der Grenze zu Saudi Arabien. Seltsam irgendwie.
Aqaba ist eine ruhige und gemütliche Hafenstadt. Das Leben geht hier gemächlich seinen Gang, es gibt nette Cafés, einen kleinen unaufregenden Strand ebenso wie einen genauso unspektakulären Souk. Mir gefällt es hier, denn Aqaba strahlt Ruhe aus und so ziemlich das Gegenteil von Stress. Dazu war der Himmel heute strahlend blau, ich saß zum Mittagessen auf einer schönen Terrasse direkt am Roten Meer, immer mit direktem Blick hinüber nach Israel. Eilat soll wesentlich lebendiger sein, eher aus größeren Hotelklötzen bestehen, im Gegensatz zu Aqaba ein lautes Nachtleben haben und zirka doppelt so teuer sein. Alles Dinge, die ich nicht brauche, und so fühle ich mich auf der jordanischen Seite sehr gut aufgehoben. Leider ist es auch nicht möglich, mir mein eigenes Bild von der Schwesternstadt auf der anderen Seite zu machen, denn mit meinem Mietwagen darf ich nicht nach Israel fahren. Ich müsste ein Taxi zur Grenze nehmen, in Eilat ebenso. Zudem müsste ich zweimal die Grenzformalitäten durchlaufen, die im Falle Israels nicht wirklich ein Vergnügen sind, und mein Visum für meine einmalige Einreise nach Jordanien würde ebenfalls ungültig werden und ich müsste ein neues kaufen. Nun ja, muss auch nicht sein, sooo aufregend klingt Eilats Beschreibung jedenfalls sowieso nicht, ich denke nicht, dass es mit den Qualitäten Tel Avivs mithalten kann.
Das Mittagessen war auch heute wieder ein Gedicht. Fisch Sayadeh, ein Fisch auf mit Kurkuma und Zimt gewürztem Reis, bestreut mit Mandeln, Pinienkernen, karamelisierten Zwiebeln und Petersilie. Die Küche Jordaniens ist wirklich ein Traum, und als ich auf der herrlichen Terrasse unter einer schattigen Palme saß, mit Blick auf Israel, aufs Meer und den blauen Himmel, untermalt von den Klängen von Klezmer Musik oder italienischen Partisanenliedern, in dem Moment vermisste ich Wien und Glühwein sowas von gar nicht. Ich merke jedes Jahr mehr, wie sehr mich Winter, Kälte und Lichtmangel deprimieren und wie frei und lebendig ich mich fühle, wenn ich damit nichts zu tun haben muss.
Apropos Klezmer Musik – richtig gehört, hier wurde Musik aus aller Welt gespielt, auch jüdische Volksmusik! Na bitte, geht doch! Tut gar nicht weh….Jordanien ist ein muslimisches Land, das zu 98% von Arabern bevölkert wird. Und trotzdem ein Land, das tolerant ist, in dem Religionsfreiheit besteht, was sich auch darin äußert, dass der westliche Besucher hier keinen Einschränkungen unterworfen ist. Wie man als Besucher damit umgeht, sagt einem der Hausverstand, dass Miniröcke und kurze Hosen nicht angebracht sind, selbst wenn die Jordanier drüber hinwegsehen, sollte logisch sein. Ist es aber nicht. Also nicht für alle. Geht man in Aqaba auf den öffentlichen Stadtstrand, sind einheimische Frauen komplett verhüllt. Fast alle Jordanierinnen tragen Kopftuch (bis auf Ausnahmen ohne Gesichtsschleier) und weite, lange Gewänder, auch am Strand. Davon kann man halten was man will. Ich bin als freiheitsliebender Mensch ein unabdingbarer Verfechter davon, dass jeder Mensch, egal ob Mann oder Frau, ein hundertprozentiges Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper haben soll und muss. Inwieweit ein Kopftuch mit diesem vereinbar ist, wird sehr kontrovers diskutiert, es gibt auch mehrere Fürs und Widers, ich tendiere eher dazu, das Kopftuch abzulehnen, denn für mich signalisiert es weniger Schutz (wovor genau?) sondern mehr, dass der weibliche Körper etwas Unmoralisches ist, für das die Frau sich schämen und diesen daher verstecken muss. Wie auch immer man dazu steht, diese Diskussion wird bestimmt nicht vorangetrieben und es wird auch bestimmt keine Aufklärungsarbeit dadurch geleistet, indem man wie so manche Russinnen oder Britinnen die lokalen Gegebenheiten völlig ignoriert und sich am öffentlichen Stadtstrand im Bikini zwischen die verhüllten einheimischen Frauen platziert. Es steht in jedem Reiseführer, dass das absolut unangebracht ist, und auch wenn die Toleranzschwelle der Jordanier höher ist als die anderer Muslime, ist es eine grobe Verletzung des Gastrechts, diese Toleranzschwelle bis ins Letzte auszureizen. Es gibt rund um Aqaba mehrere Hotelstrände und Beach Clubs westlicher Prägung, wo Baden nach westlichen Gewohnheiten überhaupt kein Problem darstellt. Und wer es gar nicht aushält, ist wohl 4 Kilometer weiter westlich in Eilat besser aufgehoben….wie sang schon Rainhard Fendrich…..die Dummheit, die zum Himmel schreit…..einfach nur zum Kopfschütteln.
Nun, morgen ist nach der Ruhe jedenfalls dann wieder Action dran, denn eine Stunde von Aqaba entfernt liegt Jordaniens zweite große Attraktion neben Petra, das Wadi Rum. Dieses soll eine der schönsten Wüstenlandschaften der Welt sein, die schon mehreren Filmen als Kulisse gedient hat, und ich werde mich ganztags dorthin auf Jeepsafari begeben. Montag ist dann zum Abschluss noch einmal Erholung dran, da werde ich mich in einen der Beach Clubs südlich von Aqaba auf einen schattigen Liegestuhl legen und die Seele baumeln lassen. Ich freue mich also schon sehr auf die kommenden beiden Tage….seid dabei!