Lasso, Ecuador, 16.00 Uhr
Heiter, 18 Grad
Nach dem Surferhostel bin ich jetzt im zweiten Quartier meiner Reise angelangt, das mich nicht so ganz glücklich macht. Man ist hier ebenso isoliert wie in der Dschungellodge. Dort aber war das Klima angenehm, es gab nette Leute und eine betörende Umgebung, um sich zu erholen. Hier hingegen ist das Hauptproblem ganz klar das Zimmer. Es ist so eiskalt, dass man sich im Prinzip nur unter der Bettdecke aufhalten kann. Das größte Goodie ist definitiv die Heizunterlage auf der Matratze, sodass man sich schön verkriechen kann. Halbwegs warm ist es zwar im Aufenthaltsraum mit Kamin, da war aber gestern neben mir nur eine riesige polnische Bergsteigergruppe zu Gast, an die 20 Leute. Nicht, dass diese ungut waren, nein, ein paar versuchten sich auch an ein paar englischen Sätzen und einer Unterhaltung mit mir, und sie boten mir auch von ihren Früchten etwas an….aber im Endeffekt waren sie eben passionierte Bergsteiger und waren nur deshalb in Ecuador, um von einem Gipfel zum nächsten zu hirschen, also ähnlich freakig wie die Surfer. Und eh logisch – aber es war laut im Raum, und das ausschließlich auf Polnisch. Klar, dass ich mich entsprechend fadisierte, vor Allem, da auch das Internet nicht funktionierte. So schlief ich sehr sehr lange, auch mal nicht übel.
Heute beim Frühstück unterhielt ich mich dann länger mit dem Schweizer Besitzer der Hacienda. Er meinte, das Internet habe früher viel besser funktioniert, seit die neue Autobahn aber fertig ist, wurde der mobile Empfang an ebendiese verlegt. Ein eigener Glasfaseranschluss würde um die 150.000 Dollar kosten und ist einfach nicht drin. So plagt man sich damit herum, bekommt dies natürlich auch andauernd in den Gästebewertungen zu lesen. Und die Kälte in den Zimmern – die Spanier waren seinerzeit nicht besonders intelligent. Ihr Baustil in der Kolonialzeit war ja grundsätzlich schön, nur setzten sie ihn konsequent einfach überall um, ohne auf die Klimazone Rücksicht zu nehmen. So sind die Landhäuser mit den dicken Steinmauern ideal für das Klima Spaniens, dort ist es heiß und dort hält man die Räume damit schön kühl. Im Andenhochland ist das aber komplett kontraproduktiv, kaltes Klima mit Räumen, die nie warm werden, macht überhaupt keinen Sinn. Er meinte, um diese Bausubstanz ordentlich zu isolieren müsste man ein Vermögen in die Hand nehmen – das er nicht hat. Und so dümpelt die zwar schöne Anlage eben mit immer wieder den gleichen Kritikpunkten der Gäste dahin. Sonst war der Besitzer sehr nett, und als ich ihm die Geschichte von gestern erzählte, dass wir von 600 direkt auf 4700 Höhenmeter hinaufgefahren sind, meinte er, der auch geprüfter Bergführer ist, dass das für den Körper eigentlich höchst grenzwertig ist und ich gut daran getan habe, den Aufstieg zur Hütte nicht zu versuchen.
Sonst war der Tag heute super. Nach dem Frühstück sind wir los, rund 2 Stunden Fahrzeit sind es zum berühmten Kratersee, der Laguna de Quilotoa. Wir fuhren dabei durch sehr schöne Berglandschaften, wieder hinauf an die 4000 Höhenmeter. Passierten dabei ein kleines indigenes Dorf namens Zumbuhua, wo gerade der Samstagsmarkt stattfand, dessen Besuch ich mir natürlich nicht nehmen ließ. Alltagsmärkte sind für mich immer das Allerschönste, und auch diesmal fand ich die Stimmung sehr inspirierend, das Bunte der Früchte mischte sich mit dem ebenso Bunten der Trachten der Quitchua Indigenas, wie immer gab das ein paar schöne Fotomotive.
Von hier war es nicht mehr sehr weit bis zum See, der eine wirklich herrlich grün schimmernde Lagune ist. Endlich kam ich auch dahinter, wie man mit meiner Kamera ordentliche Panoramaaufnahmen macht, was ich gleich entsprechend ausnutzte. Nachdem ich schon etwas besser auf die Höhe eingestellt war, nahm ich zirka ein Drittel des Kraterrundweges in Angriff, eine Stunde hin, eine zurück, mit moderaten Steigungen zwischendurch. Das war genau richtig, ich schnaufte zwar etwas, aber es war genau das, was ich meinem Körper zumuten konnte und wollte. Und entsprechend genoss ich das traumhafte Panorama bei schönem Wetter und meinem Lunchpaket. Nett ist auch, dass beim Parkplatz zur Lagune die Quitchua gerade ein neues Dorf für sich selbst aufbauen. Sie ziehen in halbwegs hübsche, neue Häuser, verkaufen ihre Textilprodukte, eröffnen kleine Cafés und Lebensmittelgeschäfte, sodass sie selbst und nicht jemand anders vom Tourismus profitieren. Und ich fand die perfekte Lösung für mein Kälteproblem – eine wunderschöne Alpaka-Weste, mit der mir jetzt sogar im Zimmer kuschelig warm ist ;-)
Am Nachmittag sind wir also nochmal in die Unterkunft zurückgekehrt. Anyway, die eine Nacht überstehe ich auch noch, die Polen sind abgereist, heute sollen in Summe nur 8 Personen hier übernachten, vielleicht sind ja ein paar interessantere Menschen dabei ;-) Morgen ziehen wir weiter nach Süden, ich werde die Zugstrecke der Teufelsnase befahren und dann in Riobamba die Nacht verbringen. Ich hoffe, dort funktioniert wieder das Internet, damit ich euch mit meinen Texten und Fotos an meiner schönen Reise teilhaben lassen kann!